Pläne der Bundesregierung:Mit Fußfesseln gegen häusliche Gewalt
von Anna-Lena Frosch und Jan Henrich
Elektronische Fußfesseln für Täter schützen seit 2009 in Spanien Betroffene von häuslicher Gewalt. Die Bundesregierung plant nun ein ähnliches Modell für Deutschland.
Das Bundeskabinett hat beschlossen, Täter von häuslicher Gewalt künftig per Fußfessel zu überwachen. Das soll einem erhöhten Schutz für Frauen dienen.
19.11.2025 | 0:25 minZwei Kreise nähern sich einander, bis eine Zone rot aufblinkt. Alma Friedrichs, Leiterin der gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder, greift zum Telefon und gibt die Information weiter: "Der Täter ist gerade sehr nahe bei Ihnen. Begeben Sie sich in Ihre Wohnung zurück. Die Polizei ist informiert und sollte gleich bei Ihnen sein. Machen sie sich keine Sorgen."
Der Weg zur Arbeit, der Besuch einer guten Freundin oder auch das Nachhausekommen nach einem langen Tag. Es sind die alltäglichen Situationen, in denen sich Betroffene von häuslicher Gewalt davor fürchten, dem Aggressor wieder zu begegnen. Anders als bei anderen Tätern, sind es im Bereich der häuslichen Gewalt die (ehemaligen) Partner, die die täglichen Aufenthaltsorte sehr gut kennen. Fast jeden zweiten Tag tötet ein (Ex-)Partner seine (Ex-)Partnerin.
Die elektronische Fußfessel ist ein Gerät, das elektronisch den Aufenthaltsort einer Person überwacht. Sie wird zwischen Wade und Knöchel des Täters befestigt und 24 Stunden am Tag getragen. Selbst können die Täter diese nicht entfernen ohne sie zu zerstören. Passiert dies dennoch, so wird ein Alarm bei der zuständigen Überwachungsstelle ausgelöst.
Zudem werden Sperrzonen z.B.: der Weg zur Arbeit oder das Zuhause der von Gewalt betroffenen Person festgelegt, die der Täter nicht ohne Alarm bei der zuständigen Stelle betreten kann.
Sie soll Übergriffe und im schlimmsten Fall Tötungen verhindern: Die elektronische Fußfessel für Täter nach dem spanischen Modell. In Hessen wird sie seit 2024 getestet. Deutschlandweit könnte sie bald häufiger zum Einsatz kommen.
Fußfesseln seit 2011 in Deutschland erlaubt
Eine sogenannte elektronische Aufenthaltsüberwachung gibt es in Deutschland schon länger. 2011 hatte der Gesetzgeber sie ins Strafrecht aufgenommen. Seitdem können Gerichte Fußfesseln im Rahmen der Führungsaufsicht anordnen, um beispielsweise ehemalige Straftäter zu überwachen, bei denen nach einer längeren Haftstrafe weiterhin eine Wiederholungsgefahr besteht.
Die Voraussetzungen sind bislang aber eher streng. Zum Stichtag am 1. August 2025 waren in Deutschland nach Angaben des hessischen Justizministeriums 190 Fußfesseln aktiv. Die Zahl könnte bald deutlich höher liegen.
Derya war eine von 113 Frauen, die 2021 von ihren Partnern oder Ex-Partnern getötet wurden. Auch ihr Sohn musste sterben, weil der leibliche Vater die beiden als Störfaktoren sah. Ein Femizid.
05.11.2025 | 19:13 minBundesregierung plant Einsatz von Fußfesseln bei häuslicher Gewalt
Die Bundesregierung hat heute einen Gesetzesentwurf aus dem Bundesjustizministerium auf den Weg gebracht, der vorsieht, dass künftig auch Familiengerichte die Geräte bei Fällen häuslicher Gewalt anordnen können.
Außerdem soll es auch die Möglichkeit geben, dass Betroffene solcher Gewalttaten ein Zweitgerät erhalten, mit dem sie gewarnt werden, wenn der Täter näher kommt. Ähnlich dem spanischen Modell, wie es in Hessen bereits erprobt wird. Aus Sicht von Bundesjustizministerin Stefanie Hubig habe sich das Modell in anderen europäischen Ländern schon bewährt.
Beinahe jeden zweiten Tag tötet ein Mann seine Partnerin oder Ex-Partnerin. Unser Rechtsstaat muss mehr tun, um diese Gewalt zurückzudrängen.
Stefanie Hubig, Bundesjustizministerin
Teil des Gesetzespakets ist zudem, dass Gerichte künftig Täter auch verpflichten können, an sozialen Trainingskursen wie beispielsweise Anti-Gewalt-Trainings teilzunehmen.
Pressekonferenz mit Stefanie Hubig (SPD, Bundesministerin für Justiz und Verbraucherschutz) über den Gesetzentwurf zum Schutz vor häuslicher Gewalt
19.11.2025 | 8:23 minHäusliche Gewalt in Deutschland
Alle paar Minuten werde in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner angegriffen, so die Ministerin. Häusliche Gewalt in Deutschland betraf im Jahr 2023 mehr als 250.000 Menschen.
Häusliche Gewalt ist Gewalt, die von Angehörigen ausgeht. Besonders häufig sind Fälle der Partnerschaftsgewalt, bei der der Täter der (Ex-)Partner, der von der Gewalt betroffenen Person ist.
Femizide sind gezielte Tötungen von Frauen aufgrund ihrer Stellung als Frau in der Gesellschaft. Oft geht der Tötung Partnerschaftsgewalt voraus.
Im Vergleich zu 2022 stieg die Zahl nach Angaben des Ministeriums um 6,5 Prozent an und war auch die Jahre zuvor gestiegen. Die Dunkelziffer könnte höher liegen. Betroffene sehen sich Körperverletzungen, Bedrohungen, Nötigungen , Stalking oder Sexualstraftaten ausgesetzt und wagen oft nicht den Schritt zur Polizei. Zu sehr dominieren häufig Angst oder Scham.
Wie wird aus Streit in der Partnerschaft Gewalt, und was hat das mit Männlichkeitsidealen zu tun? Psychologe Leon Windscheid trifft gewalttätige Männer und sucht nach Ursachen.
05.08.2024 | 27:00 minErfahrungen in anderen Ländern und in Hessen
Seit 20 Jahren schützt Vorreiter Spanien von Gewalt betroffene Frauen mittels Gesetzen und Maßnahmen. So zum Beispiel mit der elektronischen Fußfessel. Die Maßnahmen zeigen Wirkung, so reduzierte sich laut Medienberichten die Zahl der Femizide durch (Ex-)Partner von 74 Fällen im Jahr 2010 auf 52 Fälle im Jahr 2024. Zudem wurde in 13.000 Hochrisikofällen, in denen Fußfesseln zum Einsatz kamen, keine Frau mehr getötet.
In Hessen ist seit Beginn der Testphase mit dem spanischen Modell kein Übergriff bekannt geworden.
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