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Innenministerin zu Abschiebungen:Faeser: "Handgeld" ist übliches Verfahren
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Warum haben die nach Afghanistan abgeschobenen Männer jeweils 1.000 Euro "Handgeld" erhalten? Innenministerin Faeser begründet die Praxis im ZDF heute journal.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat die Zahlung von jeweils 1.000 Euro "Handgeld" an die nach Afghanistan abgeschobenen Straftäter verteidigt. Es handele sich um ein "übliches Verfahren", um nicht zu riskieren, dass Gerichte die Entscheidung aufhöben, weil eine Verelendung der Abgeschobenen drohe, sagte Faeser am Freitagabend im heute journal.
Es ist ein ganz übliches Verfahren. Das soll quasi die Sicherheit der Maßnahme sozusagen absichern.
Nancy Faeser, Bundesinnenministerin
Faeser verwies darauf, dass das Thema "Handgeld" Sache der Bundesländer sei.
"Handgeld" gegen Verelendung
Erstmals seit der Machtübernahme der Taliban vor drei Jahren hatte Deutschland wieder Afghanen in ihr Herkunftsland abgeschoben. Nach Angaben von Faeser handelte es sich um 28 Straftäter. Unter den Abgeschobenen sind nach Angaben der beteiligten Länder Sexualstraftäter und gewaltbereite Kriminelle. Im Netz hatte sich eine Debatte darüber entzündet, dass den Abgeschobenen jeweils 1.000 Euro mitgegeben wurde.
Eine Sprecherin des niedersächsischen Innenministeriums hatte ebenfalls bestätigt, dass fünf Männer, die aus Niedersachsen abgeschoben wurden, jeweils 1.000 Euro bekamen. Ihren Informationen zufolge hatten sich alle beteiligten Bundesländer auf diesen Betrag geeinigt. Das Geld solle reichen, um sechs bis neun Monate den Lebensunterhalt in Afghanistan bestreiten zu können, erklärte sie.
Faeser: Haben nicht mit Taliban verhandelt
Faeser versicherte im ZDF, dass Deutschland für die Abschiebungen nach Afghanistan nicht mit den radikal-islamischen Taliban verhandelt habe. Dafür seien Partner gebraucht worden, betonte sie im heute journal.
Wir haben mit den Taliban nicht verhandelt.
Nancy Faeser, Bundesinnenministerin
Sie wertete die Abschiebungen als "starkes Signal". Die jetzt erfolgten Abschiebungen seien lange vorbereitet worden. Faeser wollte sich nicht konkret dazu äußern, wann es zu weiteren Abschiebeflügen kommen könnte. Die Ministerin betonte aber, wenn dieser Weg weiter offen sei, "werden wir weitermachen - ganz konsequent."
Faeser: "Wir setzen den Rechtsstaat durch"
Die Innenministerin betonte, dass alles rechtsstaatlich abgelaufen sei. "Wir schieben natürlich nur dann ab, wenn wir wissen, dass dort dann nicht der Tod droht." Das sei mit den beteiligten Partnern verhandelt worden. "Wir setzen den Rechtsstaat durch", begründete die Ministerin die Abschiebungen.
Diese Menschen haben ihr Recht verwirkt, hier Asyl zu bekommen, indem sie schwerste Straftaten begehen oder islamistische Gefährder sind.
Nancy Faeser, Bundesinnenministerin
Der Abschiebeflug war vor allem wegen der Taliban-Herrschaft in Afghanistan auf Kritik gestoßen. Der Wiesbadener Rechtswissenschaftler Maximilian Pichl sagte ZDFheute, es sei nicht vorstellbar, dass dieser Flug völlig ohne Verhandlungen mit Kabul erfolgt sei. "Das ist die mittelbare Akzeptierung des Taliban-Regimes." Deutschland unterhält zu den Machthabern in Kabul keine diplomatischen Beziehungen.
Anschlag von Solingen löste Debatte über Asylpolitik aus
Faeser hatte schon am Donnerstag angekündigt, dass Deutschland "sehr bald" Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan umsetzen werde. Schnellere Abschiebungen sind Teil des Pakets, auf das sich die Ampel am Donnerstag als Reaktion auf den tödlichen Anschlag von Solingen geeinigt hatte.
Bei einem Messerangriff auf einem Stadtfest in Solingen waren vor einer Woche drei Menschen getötet und acht weitere teils schwer verletzt worden. Der mutmaßliche Täter, ein 26-jähriger Syrer, wurde am Samstag festgenommen. Die Bundesanwaltschaft geht von einer Tat mit islamistischem Hintergrund aus. Der Fall löste unter anderem eine Debatte über Abschiebungen und mögliche Versäumnisse der Behörden aus.
Quelle: dpa
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Quelle: ZDF, dpa
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