Wehrbeauftragte warnt:Högl: Bundeswehr fehlen Tausende Soldaten
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Um die Truppe steht es nicht gut: Die Wehrbeauftragte Eva Högl beklagt einen eklatanten Personalmangel in der Bundeswehr und fordert daher ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr.
Die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl, fordert mehr Anstrengungen, um Personal für die Bundeswehr zu gewinnen. Bis zur Zielgröße von 203.000 Soldaten fehlten weiter rund 20.000 Männer und Frauen, sagte die SPD-Politikerin der dpa. "Außerdem sind viele Dienstposten nicht besetzt".
Die tatsächliche Einsatzbereitschaft liege in vielen Verbänden nur um die 50 Prozent. "Das ist deutlich zu wenig", warnte Högl angesichts der angespannten Sicherheitslage nach der Invasion Russlands in der Ukraine. Schon im Frühjahr hatte die Wehrbeauftragte in ihrem Jahresbericht beklagt, dass die Truppe immer weiter altere und schrumpfe.
Personal halte ich für das wichtige Thema für das Jahr 2025.
Eva Högl, Wehrbeauftragte des Bundestags
Högl fordert verpflichtendes Gesellschaftsjahr
Högl plädierte auch dafür, einen neuen Anlauf zu nehmen für eine breiter angelegte Dienstpflicht für junge Männer und auch Frauen.
Ich favorisiere ein Jahr für die Gesellschaft und fände es gut, wenn es verpflichtend wäre.
Eva Högl, Wehrbeauftragte des Bundestags
Da gebe es eine Bandbreite von Möglichkeiten: Kultur, Umwelt, sozialer Bereich, Blaulichtorganisationen und Bundeswehr - und das für alle Geschlechter, erklärte Högl. Das würde auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken.
Pistorius will Wehrdiensterfassung
Ein solcher Plan würde über das Wehrdienstmodell von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hinausgehen. Er beabsichtigt, wieder eine Wehrerfassung zu installieren und für junge Männer eine Auskunftspflicht über ihre Bereitschaft zum Wehrdienst einzuführen.
"Boris Pistorius wollte mehr, doch mit der bisherigen Regierungskoalition war nicht mehr möglich", so Högl mit Blick auf die Ampel-Koalition. "Sein Vorschlag wäre ein guter Start und erster Schritt gewesen. Es wäre gut, wenn der nächste Bundestag das Thema zügig diskutiert und entscheidet."
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"Die Personallage muss höchste Aufmerksamkeit bei allen politisch Verantwortlichen haben", forderte Högl. Die bisherigen Maßnahmen könnten hoffentlich helfen, das Niveau zu halten. Ausreichend sei das aber nicht.
Der Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 habe die Bundeswehr verändert. "Diese Zeitenwende ist auch ein Auftrag für weitere Reformen und mehr Tempo. Das betrifft Material, Personal und Infrastruktur. Und da sind wir noch nicht am Ziel", sagte Högl.
Mit Blick auf die am 23. Februar geplante Neuwahl des Bundestages forderte sie, die Angelegenheiten der Bundeswehr und der Verteidigungspolitik nicht in einer Logik von Opposition und Regierung zu diskutieren. Nötig seien große Einigkeit und breite Mehrheiten im Bundestag. Der Verteidigungsetat müsse auch wachsen, um gutes Personal in der Bundeswehr zu halten.
Bürokratie in der Truppe "wird immer schlimmer"
Als ungelöstes Problem beschrieb Högl auch den lähmenden Verwaltungsaufwand in den Streitkräften. "Die ganze Truppe klagt über Bürokratie, und es wird immer schlimmer. Dazu kommt die fehlende Digitalisierung." Es gibt immer noch keine elektronische Gesundheitsakte für unsere Soldatinnen und Soldaten und keine digitale Zeiterfassung.
Dafür laufen viele Prozesse immer noch auf der Basis von Exceltabellen, die von A nach B gefaxt werden.
Eva Högl, Wehrbeauftragte des Bundestags
Das sei nicht zeitgemäß und behindere die Einsatzbereitschaft, mahnte Högl.
Die Wehrbeauftragte hilft nach Artikel 45b des Grundgesetzes dem Bundestag bei der Kontrolle der Streitkräfte. Sie gilt aber auch als Anwältin der Soldaten, die sich jederzeit an sie wenden können. Högls fünfjährige Amtszeit endet im kommenden Mai.
Quelle: dpa
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