Urnen zu Hause, Asche im Rhein:Bestattung: Was Rheinland-Pfalz künftig erlaubt
Die Asche von Toten zu einem Diamanten pressen oder im Fluss verstreuen: Dies und mehr erlaubt das neue Bestattungsrecht in Rheinland-Pfalz ab Oktober. Die Kirchen sind skeptisch.
Rheinland-Pfalz verabschiedet ein neues Bestattungsgesetz: Urnen dürfen zu Hause bleiben, Asche im Rhein verstreut werden. Kirchen und Kommunen warnen vor Folgen für Würde und Friedhofskultur.
Quelle: dpaDen Abschied persönlich gestalten: Das möchte Bestatterin Sina Müller-Cunradi ihren Kunden ermöglichen. Seit Jahren begleitet die Bestatterin aus Mainz trauernde Menschen und beobachtet, dass sich die Bestattungskultur gewandelt hat. "Wir sehen, dass da ein großer Wunsch der Menschen da ist, sich außerhalb der Normen bestatten zu lassen, eigene Wege zu gehen", sagt Müller-Cunradi.
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02.12.2023 | 1:29 minDazu gehöre in erster Linie, die Urne mit der Asche nicht auf dem Friedhof lassen zu müssen. "Es ist oft der Wunsch da, den Verstorbenen mit nach Hause, mit an den Lieblingsort zu nehmen, vielleicht dort die Asche hinzubringen, wo man gerne gemeinsam zusammen war."
Die Urne mit nach Hause nehmen
Es gebe aber auch eine Nachfrage nach Erinnerungsschmuck aus Teilen der Asche und nach einer Bestattung im Fluss, so Müller-Cunradi weiter. "Wir nehmen wahr, dass Menschen, die sowieso mit dem Rhein verbunden sind, die vielleicht ein eigenes Boot haben, die am Rhein wohnen, gerne auch in den Fluss möchten."
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01.11.2024 | 1:28 minHeute wurde im Mainzer Landtag ein Gesetz verabschiedet, dass den Rheinland-Pfälzern und Rheinland-Pfälzerinnen so eine Flussbestattung erlaubt - und nicht nur das. Das Bestattungsrecht wurde nach mehr als 40 Jahren neu gefasst. Die neuen Regelungen gehen so weit wie bisher in keinem anderen Bundesland.
Sargpflicht entfällt
Die Sargpflicht fällt weg. Das macht etwa Tuchbestattungen für alle Menschen - unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit - und Bestattungen in größeren Flüssen, wie dem Rhein, der Mosel und der Saar möglich. Auch der Friedhofszwang wurde abgeschafft.
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02.01.2025 | 2:01 minDas heißt: Die Urne mit der Asche des Verstorbenen darf mit nach Hause genommen werden. Rheinland-Pfalz erlaubt auch, dass aus der Asche von Toten Schmuckstücke, wie beispielsweise synthetische Diamanten, gefertigt werden.
Rheinland-Pfalz will Bestattungstourismus verhindern
Das Gesetz gelte nur für Menschen, die ihren letzten Hauptwohnsitz in Rheinland-Pfalz hatten, denn "Bestattungstourismus" wolle man nicht, heißt es aus dem rheinland-pfälzischen Gesundheitsministerium, das für das Gesetz zuständig ist. Zudem muss die verstorbene Person noch zu Lebzeiten die Art der Bestattung schriftlich festgelegt haben.
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01.10.2023 | 27:08 minKritik an dem Gesetz kommt von den christlichen Kirchen. "Es hat etwas mit Menschenwürde zu tun. Auch der tote Leib hat seine Würde. Und das war bisher auf den Friedhöfen gut gewährleistet. Da setze ich jetzt ein Fragezeichen, ob das alles gut durchdacht ist", sagt der Bischof des katholischen Bistums Mainz Peter Kohlgraf. Er ist gegen Urnen im Wohnzimmer:
Wenn es keine öffentliche Kontrolle mehr gibt, keine Friedhofspflicht, dann weiß eigentlich niemand, was mit der Urne, die zu Hause ist, passiert.
Peter Kohlgraf
Wird der Friedhof zum Auslaufmodell?
Bestattungskultur verändere sich mit der Zeit - das neue Gesetz trage dem Rechnung, sagt Dorothee Wüst, Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche der Pfalz. "Gleichzeitig sehe ich kritisch, wenn Bestattungen zur reinen Privatsache werden und der Tod aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwindet. Abschiede gehören in die Gemeinschaft - sie sind Orte von Würde, Anteilnahme und Halt", sagt Wüst:
Ich möchte mir auch nicht vorstellen, dass Urnen beim Umzug vergessen oder Schmuckstücke aus Asche verloren gehen - das widerspricht jeder Vorstellung von Würde.
Dorothee Wüst
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19.12.2023Friedhöfe: Städtebund befürchtet Erhöhung der Gebühren
Auch der Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz äußert Bedenken und hat dabei die steigenden Kosten im Blick. Denn: Ein Friedhof wird aus den Gebühren derer finanziert, die dort ein Grab haben. Wenn immer weniger Menschen sich auf dem Friedhof bestatten lassen wollen, so müsse man die Gebühren erhöhen, heißt es vom rheinland-pfälzischen Gemeinde- und Städtebund.
"Wir haben den Eindruck, dass individuelle Wünsche von Bürgern die Solidargemeinschaft auf dem Dorf, in den Gemeinden, im ländlichen Raum aufbrechen. Das ist eine Entwicklung, die wir sehr negativ sehen", sagt Moritz Petry, Geschäftsführer des Gemeinde- und Städtebundes Rheinland-Pfalz.
Anna Duda berichtet aus dem ZDF-Studio in Rheinland-Pfalz.
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