Berlin: Probleme durch Touristifizierung mit Ferienwohnungen
Ferienwohnungen in Berlin:Wo Mieter gegen "Touristifizierung" kämpfen
von Sylvia Bleßmann
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Städte wie Berlin oder München stehen vor einem zunehmend drängenden Problem: Ferienwohnungen. Einst als Möglichkeit zur Belebung gefeiert, sind sie oft Quelle von Konflikten.
In Berlin wurden Tausende Verfahren wegen nicht genehmigter Ferienwohnungsnutzung eingeleitet. (Symbolbild)
Quelle: dpa
Es ist fast schon ein verzweifelter Kampf, den Hannah Rose und ihre Mitstreiter von "Pankow gegen Verdrängung" führen. Sie leben in Häusern, in denen kaum noch gewohnt wird, aber Menschen aus aller Welt Urlaub machen oder sich kurze Zeit einmieten.
In unseren Häusern findet Touristifizierung statt. Es entstehen Ferienwohnungen, möblierte Wohnungen, die für uns keinen Wohnraum darstellen.
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Hannah Rose
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In ihrem Berliner Haus in der Buchholzer Straße gibt es von 36 Wohneinheiten noch sechs normale Bestandsmieten. Sie sehen die Putztrupps alle paar Tage durch die Wohnungen ziehen. Wäschesäcke lagern im Keller.
Das Gefühl von Nachbarschaft geht verloren. Es wird anonymer. Überall sind Kameras angebracht und neben den Briefkästen ohne Namen finden sich diverse kleine Tresore für Schlüssel. "Wohnraum ist keine Daseinsfürsorge mehr - Wohnraum dient hier dem Geld machen, dem reicher werden wollen", meint Hannah Rose.
Touristifizierung trotz Zweckentfremdungsgesetz
Ihre Beobachtungen haben die Mieterinnen und Mieter auch dem zuständigen Stadtbezirksamt mitgeteilt. Denn eigentlich hat Berlin mit dem Zweckentfremdungsgesetz seit 2014 scharfe gesetzliche Regelungen. Wer eine Wohnung an Touristen vermietet, muss dies beantragen und erhält eine Registrierungsnummer, die bei Anzeigen zwingend anzugeben ist.
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Vermietet werden darf für 90 Tage. 5.300 registrierte Ferienwohnungen gibt es in Berlin. Verstöße zu ahnden obliegt den Bezirken. Doch deren Ressourcen sind begrenzt. Seit 2016 wurden rund 13.500 Verfahren wegen nicht genehmigter Ferienwohnungsnutzung eingeleitet und 8.100 Ferienwohnungen dem Mietmarkt wieder zurückgegeben. Das Gesetz greift nicht optimal.
Stadtrat: "Tappen im Dunkeln"
"Was Ferienwohnungen betrifft, da ist das Gesetz ein zahnloser Tiger. Das liegt daran, dass Plattformen wie Airbnb sehr schnell ihre Daten verstecken", erklärt Cornelius Bechtler. Der zuständige Stadtrat in Pankow kann gar nicht sagen wie viele Ferienwohnungen es in seinem Bezirk gibt. "Da tappen wir im Dunkeln", meint er resigniert.
Ein Mietenkataster, das genau darlegt, ob und an wen eine Wohnung vermietet ist, gibt es in Berlin nicht. So könne man nur mühsam die Melderegister abgleichen. Bußgelder in Höhe von elf Millionen Euro wurden wegen Zweckentfremdung erhoben, auch für Leerstand. Eingetrieben nur 4,2 Millionen Euro.
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Strikte Regelungen mit klaren Grenzen
Die Zahl der Ferienbetten hat sich in Berlin von 2018 mit geschätzten 20.000 heute fast verdoppelt. Helfen würden mehr Transparenz und eine strikte Registrierungspflicht als Voraussetzung für effektive Kontrollen, zum Beispiel eine Kooperationsbereitschaft von Plattformbetreibern wie Airbnb. Eine Lösung wäre auch eine Software für eine automatisierte Auswertung öffentlich zugänglicher Daten.
Wir sind dabei, digitale Plattformen zu entwickeln und die EU-Regeln an nationales Recht anzupassen.
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Christian Gaebler, Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen
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Senator Gaebler verweist auf den Deutschen Ferienhausverband. Der gibt ca. 7.000 Ferienwohnungen für Berlin an, bei zwei Millionen Wohnungen in Berlin für ihn nicht das größte Problem. Er hofft auf die zügige Umsetzung einer EU-Regelung ab 2026. Durch sie sollen Plattformbetreiber gezwungen werden, Daten herauszugeben und sich an einem Verfahren zur Kontrolle zu beteiligen. Ob dann mehr Transparenz den Missbrauch von Wohnraum stoppt, muss sich zeigen.
Derweil gehe den betroffenen Bürgern der Glaube an den Staat, der das schon richten werde, verloren, meint Stadtrat Cornelius Bechtler. Mieter sollen Missbrauch von Wohnraum auf einer Online-Plattform anzeigen. Dabei erwarteten sie, "dass wir Politiker diesen schweren Missstand angehen und Lösungen herbeiführen", sagt Bechtler.
Sylvia Bleßmann berichtet aus dem ZDF-Landesstudio in Berlin.