Sicherheit von CSDs: ""Wir haben Angst um Leib und Leben"

Sicherheit von CSDs:"Wir haben Angst um Leib und Leben"

Dominik Rzepka
von Dominik Rzepka
|

Gegen die Christopher Street Days in Deutschland gibt es teils massive Drohungen, vor allem von Rechts. Veranstalter haben Angst. Die Queerbeauftragte der Regierung ist alarmiert.

Polizisten stehen vor einer Regenbogenflagge.
CSD-Veranstalter berichten von massiven Bedrohungen, vor allem von Rechtsextremisten.
Quelle: picture alliance/dpa

Es ist nicht ganz klar, wie ernst es der 20-Jährige gemeint hat. Ob er betrunken war, ob er nur prahlen wollte. Aber fest steht: Der junge Mann hat damit gedroht, auf dem Christopher Street Day in Wernigerode am vergangenen Wochenende um sich zu schießen.
"70 Schuss habe ich noch übrig", soll der Mann gesagt haben. Die Staatsanwaltschaft Magdeburg kann nicht bestätigen, dass dieser Satz so gefallen ist. Wohl aber bestätigt sie ZDFheute, bei einer Hausdurchsuchung Munition und einen Tresor mit zwei Schreckschusswaffen bei dem 20-Jährigen gefunden zu haben. Sie ermittelt unter anderem wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz.
Proteste beim Christopher Street Day in Zwickau
In Deutschland haben politisch motivierte Straftaten im vergangenen Jahr zugenommen. Rechtsextreme bedrohen zunehmend Schwule und Lesben.10.06.2025 | 1:45 min

CSD-Veranstalter: "Wir haben Angst"

Bedrohungen wie diese sind die Veranstalter bereits gewohnt. Auch in diesem Jahr habe es Anfeindungen gegeben, sagt Falko Jentsch vom CSD Sachsen-Anhalt ZDFheute.

Eine Moderatorin hatte wirklich Angst, auf die Bühne zu gehen. Und die Menschen in unserem Team, wir haben Angst um Leib und Leben.

Falko Jentsch, CSD Sachsen-Anhalt

Vorbereitungstreffen würden inzwischen unter Polizeischutz stattfinden. An Türen der Organisatoren würden oft Aufkleber aus der rechtsextremen Szene kleben. Rechtsextreme Gruppen würden sich dabei sogar filmen und Videos ganz offen bei Instagram hochladen.

Das soll einschüchtern, es soll eine Symbolwirkung haben: Wir wissen, wo ihr seid.

Falko Jentsch, CSD Sachsen-Anhalt

10.08.2024, Sachsen, Bautzen: Teilnehmer einer Demonstration zum Christopher-Street-Day (CSD) werden von Polizisten durch die Stadt begleitet. In Bautzen findet ein Umzug zum Christopher-Street-Day (CSD) statt, die Abschlussparty nach dem Umzug wurde von den Organisatoren wegen möglicher Bedrohung durch Rechtsextreme abgesagt.
Aus dem Archiv: Der CSD im sächsischen Bautzen fand 2024 unter Polizeischutz statt. Rechtsextreme Gruppen demonstrierten gegen die Veranstaltung.12.08.2024 | 2:25 min

Queerbeauftragte ist alarmiert

Der CSD in Wernigerode ist zwar weitestgehend ruhig geblieben. 400 Menschen haben laut Polizei an dem Umzug in der Stadt in Sachsen-Anhalt teilgenommen. Dennoch beobachtet die neue Queerbeauftragte der Bundesregierung, Sophie Koch (SPD), die Entwicklung mit Sorge. Sie sagt ZDFheute:

Die Mobilisierung gegen CSD-Demonstrationen aus dem rechten Spektrum nimmt seit einigen Jahren stark zu. Ich rechne mit verstärkter Mobilisierung auch in diesem Jahr.

Sophie Koch, Queerbeauftragte der Bundesregierung

Koch begrüßt, dass die Polizei auf die neue Lage reagiert. In Dresden habe sie dieses Jahr beispielsweise bereits einen reibungslosen CSD ermöglicht. Sie fordert außerdem Geld für Präventionsprojekte und Jugendarbeit. Mit solchen langfristig wirkenden Maßnahmen könne Radikalisierung vorgebeugt werden, so Koch.
CSD in Leipzig, Parade, Polizisten
Tausende Menschen feiern in Leipzig den Christopher Street Day. Allerdings waren auch rechte Gegenproteste angekündigt. Die Polizei hat sich mit einem Großaufgebot gewappnet.17.08.2024 | 1:26 min

Bautzen sieht Polizei in der Pflicht

Angriffe seitens der rechtsextremistischen Szene gegen die queere Community haben laut Verfassungsschutzbericht zugenommen. Der Bericht erwähnt unter anderem Angriffe auf die CSDs in Bautzen, Leipzig und Zwickau. Experte Michael Nattke sagt:

Queerfeindlichkeit ist spätestens seit dem vergangenen Jahr für die extreme Rechte zu einem der wichtigsten Themen geworden.

Michael Nattke

In Bautzen findet der CSD dieses Jahr am 10. August statt. Mitveranstalterin Lea Krause sagt, die Aufrufe zu Gegenprotesten hätten bereits jetzt eine "Größenordnung, die wir bei anderen CSDs in Sachsen bisher so nicht wahrnehmen." Es gebe auch persönliche Drohungen gegen Organisator*innen.
Der CSD Bautzen erarbeite derzeit ein "möglichst gutes Schutzkonzept", wolle sich aber auch nicht einschränken lassen. Krause sagt:

Wir sehen hier die Polizei Sachsen in der Verantwortung, den CSD in Bautzen möglich zu machen und einen sicheren Ablauf für alle Teilnehmenden zu gewährleisten.

Lea Krause, CSD Bautzen

Jan Böhmermann sitzt am Schreibtisch. Rechts neben ihm ist eine Pride-Flagge abgebildet, die verschiedene queere Symbole vereint. Die Ränder der Flagge wirken beschädigt oder verbrannt.
Wie gut, dass wir 2025 endlich die Diskriminierung von queeren Menschen hinter uns gelassen haben! Oder? Warum steigt dann die Zahl der Straftaten gegen sie in Deutschland jährlich an?30.05.2025 | 32:03 min

Berlin und Leipzig: Bisher keine Bedrohung

Keine Bedrohung liegt laut Veranstaltern derzeit gegen den CSD in Berlin am 26. Juli vor. Die Veranstalter fordern aber, dass die Polizei die Veranstaltungen mit ausreichend Beamten schützt - auch und gerade in kleineren Städten.
Auch Leipzig meldet derzeit keine Bedrohungen. Allerdings arbeite man auch hier mit der Polizei an einem Sicherheitskonzept. Die Bilder von Störungen aus dem rechtsradikalen Umfeld von 2024 dürften sich nicht wiederholen, sagt eine Sprecherin des CSD Leipzig.

Wir wollen für unsere Rechte auf die Straße gehen und hoffen auch, dass wir dies zum CSD Leipzig am 28. Juni uneingeschränkt tun können.

Jasmin Gräwel, CSD Leipzig

Mitarbeit: Moritz Kessler

Mehr zum Thema