Gefangenenaustausch mit Russland: Soldaten schwer gezeichnet
Nach russischer Gefangenschaft :Zurück in Ukraine: Soldaten schwer gezeichnet
von Katrin Eigendorf und Aleksandra Indyukhova
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Ukrainische Soldaten, die im Rahmen des Gefangenenaustauschs zurückkehren, berichten von Misshandlungen, keiner medizinischen Versorgung. Einige müssen direkt ins Krankenhaus.
Amputationen, Sehstörungen und chronische Krankheiten: Die Ukraine holt schwerverletzte Kriegsgefangene zurück.
Quelle: ZDF
Es ist ein schockierender Anblick, als am Mittag mehrere Busse und Krankenwagen am Krankenhaus von Tschernigiw ankommen. Die Männer, die im Rahmen des mit Russland vereinbarten Gefangenenaustauschs freikommen, sind alle schwer gezeichnet. Narben durchziehen viele Gesichter, einige haben bandagierte Augen, die Körper der Männer sind ausgemergelt.
In Kiew hat Verteidigungsminister Pistorius der Ukraine weitere Unterstützung zugesichert. Konkret geht es um ein Milliardenpaket für weitreichende Waffen. 12.06.2025 | 1:35 min
Aus der Gefangenschaft in den Operationssaal
Die Ärzte sind diesmal angewiesen, keine Informationen über den Gesundheitszustand der einzelnen Soldaten zu geben. Doch das Hauptquartier für die Koordinierung des Gefangenenaustauschs erklärt, dass alle Kriegsgefangenen schwere Verletzungen aufweisen: Amputationen, Sehstörungen, chronische Krankheiten, Tuberkulose und Hepatitis.
"Schwer gezeichnet": Ein Soldat kommt in einem Krankenwagen nach dem Gefangenenaustausch an.
Quelle: ZDF
Es ist das erste Mal, dass die Ukraine vor allem schwerverletzte Kriegsgefangene zurückholt. Manche von ihnen müssen sofort in den Operationssaal gebracht werden, es bleibt nicht einmal Zeit, Angehörige zu sprechen. Viele der Soldaten kommen aus Mariupol und haben fast drei Jahre russische Kriegsgefangenschaft hinter sich.
Auch Ende Mai tauschten die Ukraine und Russland Gefangene aus. Ein möglicher Waffenstillstand bleibt allerdings unrealistisch. 24.05.2025 | 1:35 min
Familien hoffen auf Wiedersehen
Mehr als 100 Frauen, manche mit ihren Kindern, haben stundenlang in der Hitze vor dem Krankenhaus gewartet, in der Hoffnung, dass ihre Angehörigen diesmal dabei sind.
Alina ist aus Kiew angereist, bereits mehrere Male war sie bei einem Gefangenenaustausch vor Ort - stets in der Hoffnung, ihren Mann zurückzubekommen. Diesmal ist er dabei, aber auch er wird sofort ins Krankenhaus verlegt.
Viele Rückkehrer tragen Masken, um die Gefahr von Übertragungen gefährlicher Infektionen zu verhindern.
Quelle: ZDF
Ich habe ihn noch nicht gesehen. Ich warte hier im Hof auf ihn - um ihm zu sagen, wie sehr ich ihn liebe.
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Alina
Nach mehr als zwei Jahren wurde Mihailo Kruzhkov durch einen Gefangenenaustausch freigelassen. Er erzählt von seiner Leidenszeit und von seinem großen Wunsch nach Frieden.08.08.2024 | 2:33 min
"Keinerlei medizinische Versorgung"
Die Menge empfängt die Soldaten mit Dankesrufen, doch aller Jubel kann nicht darüber hinwegtäuschen, wie schwer geschädigt die Männer gesundheitlich sind.
Journalisten und Wartende werden von den Ärzten darauf hingewiesen, Abstand zu halten, die Gefahr der Übertragung von gefährlichen Infektionen, die die Männer aus russischer Haft mitbringen, ist akut.
"Aus der Gefangenschaft in den Operationssaal": Ukraine holt schwerverletzte Kriegsgefangene zurück.
Quelle: ZDF
Serhij Doroschenko, Arzt aus Mariupol, war fast drei Jahre in russischer Gefangenschaft und kam im Januar bereits frei.
Es gab keinerlei medizinische Versorgung für uns in diesen Jahren. Die russischen Wärter sagten, ich solle meine Mithäftlinge versorgen, aber ich hatte nur Wasser.
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Serhij Doroschenko, Arzt aus Mariupol
Er habe in seiner Zelle einen jungen Mann gehabt, der unter Epilepsie litt, dessen Bein gebrochen und Knie ausgekugelt waren. Drei Jahre lange erlitt er mehrfach pro Woche Anfälle. Um weitere Verletzungen zu verhindern, habe der Arzt ihn ständig beobachtet, oft auch nachts.
In der russischen Region Kursk unterstützen Tausende nordkoreanische Soldaten die russische Armee. Viele sind bereits gefallen, zwei sind nun in ukrainische Gefangenschaft geraten.13.01.2025 | 1:27 min
Rückkehr für Familien nicht einfach
Wie schwierig die Rückkehr in die Familie ist, erlebt Serheij selbst. Für seine Kinder ist er ein Fremder geworden, nur langsam kann er sich wieder annähern. Momentan sieht er seine Angehörigen nur am Wochenende, die übrige Zeit verbringt er in einem Rehabilitationszentrum.
Die ukrainische Regierung hat bislang keine offizielle Liste der freigelassenen Gefangenen veröffentlicht und auch keine genaue Zahl genannt. Nach Informationen einer dem ZDF nahestehenden Quelle, im Umfeld des Militärgeheimdienstes GUR, könnte dies erst nach Abschluss des gesamten Austauschs geschehen.
Unter den Rückkehrern sind viele Kriegsverletzte mit Amputationen.
Quelle: ZDF
Auch Alina kann an diesem Tag ihren Mann nicht mit nach Hause nehmen. Für die schwer verletzten und traumatisierten Männer, das zeigt sich bei diesem Gefangenaustausch erneut, steht ein langer und schwerer Weg bevor. Sie alle zu versorgen und zu integrieren wird eine Mammutaufgabe für die Ukraine.
In Istanbul hatten sich Moskau und Kiew auf einen weiteren Austausch von Kriegsgefangenen geeinigt. Nach Verzögerungen entließen beide Seiten nun vor allem jüngere Soldaten.