Slowakei: So will die Regierung das Bärenproblem angehen

Bärenproblem in der Slowakei:350 Braunbären zum Abschuss frei

von Ansgar Wendt
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In der Slowakei spitzt sich die Debatte über den Umgang mit den bis zu 2.500 Braunbären zu. Nach mehreren Zwischenfällen reagiert die Regierung mit einem umstrittenen Plan.

Ein Braunbär in der Slowakei.
Weil ein Bär einen 59-Jährigen in der Slowakei tödlich verletzt hat, beschloss die Regierung die Tötung von 350 geschützten Tieren. Manchen nimmt dies Angst, andere empören sich.13.05.2025 | 2:23 min
Idyllisch und ruhig ist es in der Poľana Region im Süden der Mittelslowakei. Doch der Eindruck täuscht: Immer häufiger kommen Braunbären bis in die Dörfer und geraten dort mit den Menschen in Konflikt.
Richard ist Pferdezüchter, lebt seit zwölf Jahren auf einem abgeschiedenen Hof in der Region. Mittlerweile regelmäßig muss er Bären von seinem Grundstück vertreiben. Beim letzten Vorfall, nachts vor seinem Hof, packte ihn zum ersten Mal die Angst:

Ich habe ihn mit einer Taschenlampe angeleuchtet, ich habe Böller geworfen und er saß einfach da und hat mich angeschaut.

Richard, Pferdezüchter

Zwei Bären vor schneebedeckten Bergen beim Fressen, von einander abgewandt, Muscheln aus dem Watt.
Tierfilmer Andreas Kieling berichtet von seinen eindrücklichsten Erlebnissen mit Küstenbraunbären, Grizzlys, Eisbären, Großen Pandas und Braunbären.07.04.2023 | 58:30 min

Einsatzteam hilft bei Vertreibung von Bären

Richard rief ein Einsatzteam der staatlichen Naturschutzbehörde, als ein zweiter Bär hinzukam. Das konnte die Bären schließlich vertreiben. Das Gefühl der Unsicherheit bleibt. Abends muss man besonders aufpassen, sagt er: Die Bären könnten überall sein. Richard sorgt sich um seine Pferde - doch seine Sorge gilt nicht nur ihnen:

Natürlich habe ich Angst um meine Tiere, aber seit ich einen Sohn habe, habe ich Angst um ihn und meine Frau.

Richard, Pferdezüchter

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Kultusministerin Šimkovičová wird als rechtsextrem eingestuft. Die einst bunte Kulturlandschaft der Slowakei erlebt unter ihr eine Zäsur. Was nicht konservativ genug ist, muss weg.30.01.2025 | 2:05 min

Abschuss per Genehmigung

Nicht grundlos: Ende März kam ein Mann in der Poľana bei einer Bärenattacke ums Leben. Die Bären wurden zum Politikum:

Wir können nicht in einem Land leben, in dem die Menschen Angst haben, in den Wald zu gehen.

Robert Fico, Ministerpräsident Slowakei

Die Regierung von Ministerpräsident Robert Fico beschloss Anfang April, 350 Braunbären zum Abschuss freizugeben - ein Siebtel der geschätzten Gesamtpopulation des Landes.
Robert Fico, Ministerpräsidnet der Slowkei während einer Rede auf der Conservative Political Action Conference in Maryland.
In der Slowakei haben Tausende gegen den Kurs von Premier Fico und für Unterstützung der Ukraine demonstriert. Fico hatte kürzlich über einen Austritt aus EU und Nato spekuliert.08.03.2025 | 0:18 min
Der Abschuss sei notwendig, sagt Roman Fajth, Generaldirektor der staatlichen Naturschutzbehörde ŠOPSR. Die Zahl der Bären sei in den letzten Jahren deutlich angestiegen, viele der Tiere würden auf Abschreckungsmaßnahmen nicht mehr reagieren. Der Abschuss, so Fajth, "gehört auch zum Naturschutz dazu".

Bär und Mensch kommen sich näher

Der Abschuss von 350 Bären als Naturschutz? Das sieht Miroslava Ábelová, Sprecherin von Greenpeace Slowakei anders. Sie kritisiert die geplante Maßnahme als undurchdacht:

So einer massiven - ich erlaube mir zu sagen - Ermordung der Bären sollte eine Analyse der Auswirkungen vorausgehen.

Miroslava Ábelová, Sprecherin von Greenpeace Slowakei

Ficos Regierung breche mit dem Abschuss europäisches Naturschutzrecht, so Ábelová. Braunbären stehen seit 1992 unter strengem Schutz. Nur eine Ausnahmeregelung ermöglicht eine begrenzte Dezimierung, solange alle Präventivmaßnahmen ausgeschöpft sind.
Schülerin mit Falke
Kümmern und Lernen mit Greifvögeln: Im mittelslowakischen Štiavnické Bane gibt es weltweit die einzige Grundschule, in der Falknerei als Schulfach unterrichtet wird. 20.11.2024 | 2:18 min

Bären gewöhnen sich an die Menschen

Das Problem sind laut Ábelová nicht die Bären selbst, sondern dass sie sich an den Menschen gewöhnen. Braunbären gehen Menschen normalerweise aus dem Weg, werden durch Nahrung auf Feldern, in Futterstellen und in Mülltonnen jedoch angezogen. Gleichzeitig wird ihr Lebensraum durch den Menschen immer stärker verkleinert.
Im Nachbarland Rumänien zeigt sich dies besonders drastisch: Dort boomt der Bärentourismus, die Tiere werden gezielt angelockt - die Attacken häufen sich.
Ein Bär der vor einem Auto steht.
In Rumänien greifen Bären immer öfter Siedlungen und Menschen an. Nun überlegt die rumänische Regierung, was sie gegen die Bärenplage machen kann.27.09.2023 | 2:22 min

Wir müssen langfristig aus dem Kopf des Bären löschen, dass er bei uns eine Quelle für Nahrung findet.

Jerguš Tesák, Zoologe

Der Zoologe Jerguš Tesák fordert einen selektiven Abschuss, aber auch mehr präventive Maßnahmen.
Für Pferdezüchter Richard steht fest: Nur wenn Mensch und Bär wieder mit mehr Distanz und Respekt für den gegenseitigen Lebensraum leben, kann es Sicherheit für beide Seiten geben.

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