Freigelassener US-Journalist:Russland hat mich gezielt als "Köder benutzt"
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2023 wurde Evan Gershkovich in Russland festgenommen. Bei einem historischen Gefangenenaustausch kam er frei. Nun berichtet der Journalist über die mutmaßlichen Motive der Festnahme.
Gut vier Monate nach seiner Freilassung aus russischer Gefangenschaft hat der US-Journalist Evan Gershkovich im "Wall Street Journal" einen Artikel über die für seine Verhaftung zuständige Geheimdienstabteilung und die Beweggründe seiner Verhaftung veröffentlicht.
Bei der Geheimdienstabteilung handele es sich um die bisher weitgehend unbekannte Abteilung für Spionageabwehr DKRO des russischen Geheimdienstes FSB, schreibt Gershkovich in dem am Donnerstag veröffentlichten Bericht.
Gershkovich: "Köder" der russischen Spionageabwehr
Das DKRO habe den Auftrag erhalten, die Freilassung des in Berlin inhaftierten "Tiergarten-Mörders" Vadim Krasikow zu erreichen. Danach habe die Abteilung ihre "Kampagne zur Verhaftung amerikanischer Staatsbürger beschleunigt" und neben ihm auch Basketballstar Brittney Griner festgenommen, berichtete Gershkovich.
Ganz offensichtlich habe er als Tauschobjekt dienen sollen, um Krasikow freizubekommen, hieß es in dem Artikel, den der 33-Jährige gemeinsam mit drei Kollegen verfasste.
Die DKRO benutzte den ehemaligen US-Marine Paul Whelan und mich als Köder, um die Freilassung von Krasikow zu erreichen.
Evan Gershkovich, freigelassener US-Journalist
Er sei verhaftet "und als CIA-Agent angeklagt worden, weil das DKRO gesagt hatte, dass ich das sei". Der mit seinem Fall befasste Ermittler habe zu ihm gesagt, diese Information sei für ihn ausreichend.
Evan Gershkovich wurde in den USA von seiner Mutter Ella Milman - und Präsident Biden - empfangen.
Quelle: dpa
Gershkovich auf Recherchereise festgenommen
Das DKRO habe rund 2.000 Mitarbeiter und stehe unter dem Befehl eines Offiziers namens Dmitri Minajew, hieß es weiter in dem Bericht. Die Abteilung betreibe nicht nur die Verhaftung von US-Bürgern, sondern sei auch an der Repression in Russland beteiligt.
Die Abteilung habe auch die Verhaftung von hunderten Russen angeordnet, "die wegen Spionage, Kollaboration oder Verrat beschuldigt werden", schreiben die Autoren.
Gershkovich befand sich bei seiner Festnahme im März 2023 auf einer Recherchereise. Im Juli 2024 wurde er in Jekaterinburg wegen angeblicher Spionage zu 16 Jahren Haft verurteilt. Beweise wurden nie vorgelegt, Gershkovich und das "Wall Street Journal" hatten den Spionagevorwurf stets zurückgewiesen.
Austausch gegen Tiergarten-Mörder
Am 1. August hatten Russland und der Westen den größten Gefangenenaustausch seit dem Ende des Kalten Kriegs vollzogen. Dabei kehrten unter anderen Gershkovich und der ebenfalls in Russland inhaftierte frühere US-Soldat Whelan in ihre Heimat zurück.
Die Bundesregierung hatte darin eingewilligt, im Zuge des Austauschs den "Tiergartenmörder" Krasikow nach Russland ausreisen zu lassen. Dieser war zu lebenslanger Haft verurteilt worden, weil er im August 2019 einen tschetschenischstämmigen Georgier im Kleinen Tiergarten in der Hauptstadt erschossen hatte.
Die deutsche Justiz sah es als erwiesen an, dass Krasikow den Mord im Auftrag staatlicher russischer Stellen begangen hatte, während sich dieser als unbescholtener Ingenieur ausgab. Nach Krasikows Rückkehr gab der Kreml zu, dass er ein Agent des russischen Geheimdienstes ist.
Quelle: dpa
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Quelle: AFP
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