Bericht: Millionen weltweit vor Naturkatastrophen auf der Flucht

NGO-Bericht für 2024:Höchststand an Binnenvertriebenen weltweit

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Fast 66 Millionen Menschen wurden 2024 in ihren eigenen Ländern vertrieben - neuer Rekord. Zwei Drittel flohen vor Naturkatastrophen, die meisten davon in den USA durch Hurrikane.

Rekordzahl von Binnenvertriebenen
Viele Menschen mussten im vergangenen Jahr mehrfach fliehen.
Quelle: dpa

Neue bewaffnete Konflikte und Naturkatastrophen haben 2024 für einen Rekord bei den Binnenvertriebenen geführt - also Menschen, die im eigenen Land anderswo Zuflucht suchen mussten.
Weltweit lag die Zahl der Binnenvertriebenen Ende des Jahres bei 83,4 Millionen, wie die Beobachtungsstelle für Binnenvertriebene (IDMC) in Genf berichtet. Das ist mehr als doppelt so viel wie sechs Jahre zuvor und fast zehn Prozent mehr als 2023. Fast 90 Prozent der Menschen flohen vor Gewalt und Kämpfen.
Insgesamt zählte die Beobachtungsstelle für das vergangene Jahr 65,8 Millionen neue Vertreibungen. Gut zwei Drittel davon waren auf Naturkatastrophen zurückzuführen - auch eine Rekordzahl.
Der Palästinenser Tamim Marouf, 6, sitzt zusammen mit seiner Schwester Hala, 10, und seinem Bruder Malek, 4, im Zelt seiner Familie im zentralen Gazastreifen.
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USA: So viele wie nie fliehen vor Naturkatastrophen

Die Zahl der Vertreibungen durch Naturkatastrophen war nirgends so hoch wie in den USA, berichtet die Beobachtungsstelle. Auslöser waren unter anderem die Hurrikane "Helene" und "Milton".
In den USA gab es im Jahr 2024 elf Millionen Vertreibungen. Das waren innerhalb eines Jahres so viele wie in keinem Land seit Beginn der Aufzeichnungen 2008. Hintergrund: Unter "Vertreibungen" werden auch Evakuierungen vor Unwettern gezählt.
Die Beobachtungsstelle nennt als Hotspots etwa die Demokratische Republik Kongo, die besetzten palästinensischen Gebiete und den Sudan. Die Zahl der Vertreibungen umfasst auch Menschen, die mehrmals ihren Wohnort verlassen mussten und liegt daher höher als die Zahl der Vertriebenen.
Abdallh Karem
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Viele Menschen fliehen mehrfach

Viele Menschen müssen mehrfach fliehen, weil sie an ihrem ersten Zufluchtsort nicht sicher sind oder weil sie durch eine weitere Katastrophe erneut vertrieben werden. Deshalb werden sowohl Vertreibungen innerhalb eines Jahres als auch die Zahl der Vertriebenen zum Ende des Jahres gezählt. Manche Vertriebene konnten seit Jahren nicht in die Heimat zurück.
Als Beispiel: 2024 zählte die Beobachtungsstelle 3,2 Millionen Vertreibungen in den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten. Am Stichtag Ende 2024 waren es aber 2,03 Millionen Vertriebene, darunter praktisch die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens. Für die USA waren es elf Millionen Vertreibungen, aber Ende des Jahres gab es nur noch 22.000 Vertriebene.
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Gesamtzahl der Vertriebenen noch höher

Die Beobachtungsstelle konzentriert sich auf Menschen, die im eigenen Land geblieben sind, also Binnenvertriebene. Insgesamt müssen durch Kriege, Konflikte oder Katastrophen deutlich mehr Menschen ihre Heimat verlassen.
Viele fliehen über die Grenzen in andere Länder und werden für diese Statistik nicht gezählt. Mitte 2024 sprach das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) bereits von 122,6 Millionen Vertriebenen weltweit - in ihren Heimat- und anderen Ländern.

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