Israel: Netanjahu sagt im Korruptionsprozess aus

Regierungschef vor Gericht:Netanjahu sagt im Korruptionsprozess aus

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Israels Ministerpräsident Netanjahu stellt sich erstmals den Vorwürfen im Korruptionsprozess gegen ihn. Ihm werden Betrug, Untreue und Bestechlichkeit vorgeworfen.

ZDF-Korrespondent Thomas Reichert

In Israel muss Premier Netanjahu erstmals in dem Prozess gegen ihn wegen Korruption vor Gericht aussagen. ZDF-Korrespondent Thomas Reichert berichtet aus Tel Aviv.

10.12.2024 | 2:53 min

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat sich erstmals seit Beginn seines Korruptionsprozesses vor mehr als vier Jahren vor Gericht den Vorwürfen gestellt. Vor dem Tel Aviver Bezirksgericht begann am Vormittag eine mit Spannung erwartete Sitzung, bei der Netanjahu erstmals ausgesagt hat.

Proteste: "Gegen Korruption gibt es keine Immunität"

Vor dem Gericht versammelten sich viele Demonstranten, die gegen Netanjahu und dessen Politik in Israel protestierten. "Gegen Korruption gibt es keine Immunität", stand auf einem der Schilder, die sie in die Höhe hielten.

Am Montagabend hatte Netanjahu den Prozess gegen ihn bei einer Pressekonferenz als systematische Verfolgung seiner Person kritisiert. Den Medien warf er vor, Lügen zu verbreiten. Zugleich kündigte der 75-Jährige an, er werde sich gegen die Vorwürfe zur Wehr setzen.

Ich werde reden. Ich habe acht Jahre auf den Tag gewartet, die Wahrheit präsentieren zu können.

Benjamin Netanjahu

Solidarität von Ministerinnen und Ministern

Die Sitzung mit drei Richtern findet in einem unterirdischen Saal des Tel Aviver Bezirksgerichts statt, unter Leitung der Vorsitzenden Richterin Rivka Friedman-Feldman. Die Sitzung war aus Sicherheitsgründen aus Jerusalem dorthin verlegt worden.

Insgesamt zwölf Minister seines Kabinetts hatten wegen der israelischen Militäreinsätze in Gaza und der Region eine Verschiebung der Befragung gefordert. Die Justiz lehnte das ab. Mehrere Minister und Ministerinnen saßen mit im Gerichtssaal, um ihre Solidarität mit dem angeklagten Regierungschef zu demonstrieren. Netanjahu begrüßte sie bei seiner Ankunft lächelnd.

Vorwurf: Betrug, Untreue, Bestechlichkeit

Es ist das erste Mal, dass ein amtierender Ministerpräsident in Israel vor Gericht steht. Der Prozess könnte noch Jahre dauern. Netanjahu soll rund zwei Monate lang dreimal in der Woche aussagen. Kritiker bezweifeln, dass Netanjahu dazu in der Lage sein wird, neben dem Prozess den Regierungsgeschäften eines Landes nachzugehen, das in einem Krieg steckt.

Netanjahu ist wegen Betrugs, Untreue und Bestechlichkeit angeklagt. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, als Kommunikationsminister dem Telekom-Riesen Bezeq Vergünstigungen gewährt zu haben. Außerdem soll er von befreundeten Milliardären Luxusgeschenke angenommen haben.

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Gaza-Krieg drängte Prozess in Hintergrund

Nach israelischem Recht ist Netanjahu nicht verpflichtet zurückzutreten, solange es noch kein Urteil gibt. Bei Bestechung drohen bis zu zehn Jahre Haft, bei Betrug und Untreue bis zu drei Jahre.

Netanjahus juristische Verfahren hatten Israel vor dem Krieg tief gespalten. Der Versuch der Regierung im vergangenen Jahr, die Justiz einzuschränken, sorgte für tiefere Gräben. Der Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 und der darauffolgende Krieg drängten Netanjahus Prozess jedoch in den Hintergrund.

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