Lieferdienste: Wie "Ghost Kitchens" Verbraucher täuschen

Virtuelle Restaurantküchen:Wie "Ghost Kitchens" Verbraucher täuschen

von Bettina Blaß

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Lieferapps versprechen kulinarische Vielfalt - doch einige Anbieter existieren nur virtuell. Das "Ghost Kitchen"-Konzept birgt Risiken wie Intransparenz und fehlende Kontrollen.

Pia Osterhaus steht in einer Großküche und hält eine fertige Pizza im Karton in der Hand. Sie schaut lächelnd in die Kamera. Im Hintergrund Im Hintergrund fährt ein Mopedfahrer mit Lieferung.

Lieferapps sind heutzutage wie eine Fernbedienung für Essen – schnell, bequem und einfach. Pia Osterhaus will herausfinden, wie die Plattformen an unserer Bequemlichkeit Geld verdienen.

27.10.2025 | 45:03 min

Lieferdienste wie Lieferando, Wolt und Uber Eats locken mit einer schier endlosen Auswahl an kulinarischen Angeboten. Doch hinter der Vielfalt verbergen sich immer wieder sogenannte "Ghost Kitchens" oder Geisterküchen. Dabei handelt es sich um virtuelle Restaurants, die ausschließlich in den Apps existieren.

Das Geschäftsmodell dahinter ist ebenso einfach wie genial. Als "Ghost Kitchens" werden Gastronomiebetriebe bezeichnet, die Essen nur für Lieferapps zubereiten - ohne eigenes Restaurant, separate Küche oder direkten Kundenkontakt.

Influencer setzen auf "Ghost Kitchen"-Prinzip

Ein Beispiel ist die Marke "Happy Slice" der Influencer Knossi und Trymacs. Laut Gastroexperte Hüseyin Schuler ist das Geschäft für Restaurants und "Ghost Kitchen"-Marken eine Win-win-Situation. Die Restaurants führten weiterhin ihr eigenes Geschäft und kochten nebenbei für Marken wie Happy Slice, so Schuler.

Für die Restaurants ist das ein smarter Weg, ins Liefergeschäft einzusteigen und wirklich mehr Umsatz zu machen. Für Marken wie Happy Slice bedeutet das maximale Reichweite von Tag eins über ein vorhandenes Netzwerk.

Hüseyin Schuler; Gastrocoach und Unternehmensberater

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Intransparenz und Risiken für Verbraucher

Für Kunden führt dieses Modell jedoch zu einer Intransparenz. Ein Beispiel aus der ZDFinfo-Dokumentation zeigt: Hinter vermeintlich vier verschiedenen Burger-Restaurants in einer Lieferapp steckt in Wahrheit nur ein physischer Laden mit einer Küche. Die anderen drei Marken existieren nur online.

Pia Osterhaus steht in einer Großküche und hält eine fertige Pizza im Karton in der Hand. Sie schaut lächelnd in die Kamera. Im Hintergrund Im Hintergrund fährt ein Mopedfahrer mit Lieferung.
Quelle: Tobias Lenz/Autorenkombinat

Sehen Sie die Doku "Nice Price - Die Tricks der Lieferdienste" am 8. November um 20:15 Uhr bei ZDFinfo oder streamen Sie sie jederzeit bei Web und App.


Zudem wurde in einem reinen Wohnhaus ein italienisches Restaurant gelistet, das bestellte Essen kam jedoch von einem Fahrer von einer völlig anderen Adresse.

Die Verbraucherzentrale Berlin kritisiert, dass falsche Adressangaben eine rechtliche Irreführung darstellen können. Noch besorgniserregender sei der Aspekt der Lebensmittelkontrolle:

Wenn der Lebensmittelunternehmer eine falsche Adresse auch bei der Lebensmittelüberwachung meldet, dann kann dort gar nicht kontrolliert werden, also nicht sichergestellt werden, dass die Lebensmittel auch in Ordnung sind. Und das könnte Verbraucherinnen und Verbraucher gefährden.

Verbraucherzentrale Berlin

Flo und der Insider von Lieferando

Überwachung, Trinkgeld, nackte Kunden - Eure 10 Fragen

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Das neue Geschäftsmodell nutzt die Schlupflöcher und beschränkt sich dabei nicht nur auf falsche Standorte. So gibt es auch scheinbar unterschiedliche Restaurants auf manchen Plattformen, die aber auf den Bildern identische Nudelgerichte anbieten - dafür jedoch nicht denselben Preis verlangen.

So liegt der Preisunterschied in einem Fall bei fast sechs Euro. Plattformen reagierten zwar in einigen Fällen auf Beschwerden und entfernten die beanstandeten "Ghost Kitchens". Doch Geisterküchen bleiben ein cleveres Geschäftsmodell, das oft unerkannt bleibt.

Gastronomie durch Plattformen unter Druck

Diese Intransparenz ist nur ein Teil eines größeren Systems, das von den Lieferplattformen geschaffen wird. Gastronomie-Betriebe müssen sich dem finanziellen Druck der Plattformen beugen. Wer seine Gerichte über die Apps anbietet und auch auf die Fahrer der Plattform zugreift, muss hohe Provisionen von bis zu 30 Prozent pro Bestellung abtreten.

Um in der Masse an Angeboten überhaupt sichtbar zu werden, müssen Restaurants zusätzlich für bessere Platzierungen in den Suchergebnissen bezahlen.

Diese Mehrkosten müssen Restaurantbetreiber irgendwie ausgleichen - und geben sie deshalb oft an die Kundinnen und Kunden weiter. Stichproben der ZDFinfo-Doku zeigen: Geliefertes Essen kostet oft mehr als im Restaurant - und die Portionen sind kleiner.

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