Schutz der Tiefsee: Tiefseebergbau und Klimawandel als Gefahr

Schutz der Ozeane im Fokus:Die Tiefsee: Unerforscht und in Gefahr

von Lilly Kock
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Die Tiefsee: Noch ist sie kaum erforscht, aber längst bedroht von Klimawandel und Bergbauplänen. Ihr Schutz sei gerade deshalb wichtig, mahnen Forschende.

Dumbo-Oktopus in der Tiefsee
Ein Dumbo-Oktopus in der Tiefsee. Diese ist bis heute kaum erforscht. Bisher wurden nur etwa 230.000 Arten beschrieben.
Quelle: mauritius images

Der Dumbo-Oktopus ist ein seltsames Geschöpf: Er hat bleiche Haut, riesige Ohren und lebt kilometertief unter der Meeresoberfläche. Kein Wunder, dass es kaum Bilder von ihm gibt. Wie er ist vieles in der Tiefsee noch rätselhaft. Nicht einmal ein Prozent des Meeresbodens sind laut Alfred-Wegener-Institut (AWI) wissenschaftlich dokumentiert.
Auch die Artenvielfalt der Tiefsee bleibt größtenteils in der Dunkelheit verborgen. Bisher wurden nur etwa 230.000 Arten beschrieben. Unter ihnen vor allem Würmer, Kraken, Seegurken und Einzeller. Sie haben es geschafft, sich dieser harten Umgebung anzupassen. Manche, indem sie sich selbst zum Leuchten bringen.
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Nur ein Bruchteil der Lebewesen der Tiefsee bekannt

Forschende des AWI gehen davon aus, dass bislang nur ein Bruchteil der in der Tiefsee lebenden Arten bekannt sind. So gilt die Tiefsee als einer der letzten großen Wildräume der Erde, der noch auf seine Erkundung wartet.
Die Grafik zeigt das Leben in der Tiefsee: Ab 1.000 Metern ist es stockdunkel, in 8.000 Metern lebt der Scheibenbauch, der am tiefsten lebende Fisch, der bisher bekannt ist. Der Marianengraben gilt mit fast 11.000 Metern als tiefster Punkt der Erde.
Allein in der Clarion-Clipperton-Zone im Pazifik wurden in den letzten Jahren Tausende zuvor unbekannte Spezies beschrieben, sagt Julika Tribukait, Expertin für Klima- und Meerespolitik beim WWF Deutschland. Eine Region, die besonders im Fokus für Tiefseebergbauvorhaben steht.

Der Welttag der Ozeane wurde 2009 von den Vereinten Nationen (UN) eingeführt. Jährlich am 8. Juni wird dabei der Blick auf das größte Ökosystem unseres Planeten gelenkt. Weltweit machen Aktionen auf den Schutz der Ozeane aufmerksam.

Tiefseebergbau - eine "vermeidbare Katastrophe"

Vielleicht müssen sich die Forschenden deshalb beeilen. In der Tiefsee lagern nämlich Rohstoffe, die für moderne Technik gefragt sind: Manganknollen und andere Bodenschätze in mehreren Tausend Metern Tiefe. Der WWF warnt vor dem Abbau in der Tiefe. Das sei eine vermeidbare Umweltkatastrophe.
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Matthias Haeckel, Meereswissenschaftler am GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel, erklärt: Der Tiefseebergbau entferne nicht nur die Manganknollen, sondern auch die gesamte bioaktive Schicht des Meeresbodens. Das habe langfristige Auswirkungen.
Ein von US-Präsident Donald Trump unterzeichnetes Dekret zur beschleunigten Genehmigung solcher Tiefseebergbau-Projekte löst Besorgnis aus. Der politische Druck auf internationale Verhandlungen wächst.
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Risiken des Rohstoffabbaus kaum abschätzbar

Welche Risiken und Auswirkungen durch den Rohstoffabbau ausgelöst werden, sei in vielen Punkten kaum abschätzbar, sagt Julia Tribukait. Manganknollen, die auf dem Meeresboden in 4.000 bis 6.000 Metern Tiefe liegen, enthalten Metalle, die unter anderem für Batterien gebraucht werden. Noch ist der kommerzielle Abbau in der Tiefe nicht angelaufen, aber:

Es dauert viele tausend Jahre, bis sich die Prozesse erholen. Das einzigartige Manganknollenhabitat ist für immer zerstört in den Abbaugebieten.

Dr. Matthias Haeckel, mariner Biogeochemiker am GEOMAR

26.01.2011: Eine in Peru gefundene Mangan-Knolle.
In der Tiefsee liegen sogenannte Manganknollen. Sie enthalten begehrte Metalle. Die Industrie will sie für die Energiewende nutzen. Einige Staaten fordern den Stopp der Abbaupläne.19.03.2023

Tiefseebergbau: Kaum völkerrechtliche Regelungen

Der Tiefseebergbau ist derzeit völkerrechtlich noch kaum geregelt. Die Generalsekretärin der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) sieht den Vorstoß der US-Regierung mit "tiefer Besorgnis".
Einige Mitgliedstaaten der ISA-Generalversammlung fordern ein Moratorium oder zumindest eine Pause bei der Vergabe von Tiefseebergbau-Lizenzen. Ziel ist es, belastbare wissenschaftliche Studien und Forschungsergebnisse abzuwarten, um auf deren Grundlage zukunftsweisende Entscheidungen treffen zu können.

Die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA) ist eine seit 1994 von den Vereinten Nationen (UN) beauftragte Behörde mit Sitz in Jamaika. Sie soll den Internationalen Meeresboden und die Tiefsee beaufsichtigen und das "gemeinsame Erbe der Menschheit" gerecht verwalten.

Sie ist unter anderem für die Nutzung aller Ressourcen am Meeresboden und für die Genehmigung von Tiefseebergbauvorhaben zuständig. Das oberste Gremium der ISA ist die Generalversammlung mit 169 Mitgliedsstaaten (plus Europäischer Union).

Hochsee-Abkommen noch nicht ratifiziert

Auch beim Schutz der Artenvielfalt in internationalen Gewässern herrscht Stillstand: Das UN-Abkommen zum Schutz und zur nachhaltigen Nutzung der Meeresbiodiversität (BBNJ) ist von 116 Staaten zwar unterzeichnet worden. Es tritt aber erst in Kraft, wenn es von mindestens 60 Staaten ratifiziert wurde, bisher sind es 32 Staaten.
Deutschland gehört noch nicht dazu. Eine erste Vertragsstaatenkonferenz könnte im kommenden Jahr stattfinden.

Das BBNJ-Abkommen könnte den geeigneten Rahmen zum Artenschutz schaffen, wenn es von ausreichend vielen Staaten ratifiziert wird.

Dr. Matthias Haeckel, mariner Biogeochemiker am GEOMAR

Vielleicht bringt ja auch die UN-Ozeankonferenz in Nizza den nötigen Schwung. Ab Montag verhandeln dort Entscheidungsträger über globale Schutzmaßnahmen. Auch die drohende Zerstörung der Tiefsee steht dabei auf der Tagesordnung.
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