Smartphone-Verbot für Kinder und Jugendliche: Experten dagegen
"Fachfremder Populismus":Experten gegen Smartphone-Verbot an Schulen
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Die Debatte über Smartphone-Verbote an Schulen sei populistisch, sagen Medienpädagogen und Kinderschützer. Sie fordern Investitionen in Medienbildung für Kinder und Jugendliche.
Schülern pauschal die Handynutzung zu verbieten, sei zu kurz gegriffen, sagen Experten.
Quelle: dpa
Die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur und das Deutsche Kinderhilfswerk fordern mehr Investitionen in Medienbildung anstelle von Debatten über Smartphone-Verbote für Kinder.
Es brauche einen "Paradigmenwechsel", schreiben die Experten in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme: "Die Verbotsdebatten greifen nach Ansicht beider Verbände deutlich zu kurz, verschärfen soziale Ungleichheit und berücksichtigen weder die aktuellen technischen Rahmenbedingungen noch die Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen."
In den vergangenen Monaten hatten immer wieder Politiker verschiedener Parteien ein Verbot von Smartphones an Schulen oder generell ein Verbot digitaler Anwendungen für junge Menschen gefordert. Zuletzt sprach sich in dieser Woche der Grünen-Politiker Cem Özdemir für ein Social-Media-Verbot für Jugendliche unter 16 Jahren aus.
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Experten: "Fachfremder Populismus" prägt Debatten
Die Medienpädagogen und Kinderschützer sehen die aktuellen Verbotsdebatten "zunehmend von fachfremdem Populismus geprägt".
Verbote würden als vermeintlich einfache Lösungen für komplexe technische und soziale Herausforderungen gesehen und die Verantwortung auf die ohnehin schon mit der Medienerziehung überforderten Eltern verlagert - "auf Kosten von Teilhabe und weiteren Kinderrechten", so die Experten:
Pauschale Einschränkungen entmündigen Kinder und Jugendliche und verhindern letztlich digitale Teilhabe sowie den Aufbau von Medienkompetenz.
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Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur, Deutsches Kinderhilfswerk
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Stattdessen müssten regulatorische Ansätze der Medienpolitik einhergehen mit "befähigender, lebensweltbezogener Medienbildung entlang der gesamten Bildungskette", so die Stellungnahme.
Diese solle strukturell und finanziell verbindlich abgesichert und schon in die frühkindliche Bildung eingebaut werden. Dazu solle Medienpädagogik in Lehrpläne aufgenommen werden. Pädagogische Fachkräfte in Schulen wie in Kitas sollen qualifiziert und medienpädagogisches Fachpersonal eingestellt werden.
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Digitalpakt 2.0 soll auch für digitale Bildung eingesetzt werden
Politisch einbetten wollen die Verbände ihre Forderungen in eine Ausweitung des Digitalpakts 2.0, in einen "Digitalpakt Medienbildung von Anfang an". Der Digitalpakt 2.0 stellte Schulen und anderen Bildungseinrichtungen finanzielle Mittel bereit, um etwa Geräte anzuschaffen und die IT-Infrastruktur zu verbessern.
Anstatt sich nur auf die Verlegung von Kabeln und den Kauf von Tablets zu beschränken, solle ein neuer Digitalpakt die Pädagogik mitdenken und "digitale Teilhabe von Anfang an" sichern, fordert Friederike von Gross, Co-Geschäftsführerin der GMK.
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Viele Eltern sehen das Thema laut einer aktuellen Umfrage aber anders. In der diesjährigen Postbank-Digitalstudie, die ebenfalls am Dienstag erschienen ist, befürworteten 81 Prozent der befragten Eltern ein Handyverbot an Schulen. 60 Prozent der Eltern waren für eine Altersbeschränkung für Soziale Medien.