Abgeschottet von der Außenwelt bestimmen die Kardinäle unter größter Geheimhaltung in der Sixtinischen Kapelle den neuen Papst. Das Konklave beginnt, wir stellen die Papabili vor.07.05.2025 | 45:54 min
Wer wird der nächste Papst? Die Spekulationen sind nicht erst seit dem Tod von
Papst Franziskus in vollem Gang. Seit langer Zeit überlegen die Kritiker des Verstorbenen, wie sie nach seinem Pontifikat das Ruder herumreißen können; die Unterstützer hingegen suchen schon lange nach Kandidaten, die für eine Fortsetzung des neuen Kurses stehen.
Ein Mann der Mitte wäre der langjährige Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin. Der Italiener gehörte zu den engsten Vertrauten des verstorbenen Pontifex, hat sich aber auch immer wieder von ihm abgesetzt. Der erfahrene Diplomat verteidigte bei der Kurienreform den großen Einfluss des Staatssekretariats auf den vatikanischen Apparat. So gilt der 70-jährige Italiener als ruhig, aber durchsetzungsstark.
Pietro Parolin, loyaler Kardinalstaatssekretär und enger Vertrauter von Papst Franziskus, gilt seit über einem Jahrzehnt als die mächtige Nummer Zwei im Vatikan.
Quelle: Action Press
Die Chancen von Pietro Parolin
Aufgrund seines bisherigen Amts kennen ihn viele Kardinäle. Charismatisch ist er nicht.
Da würden die Kardinäle eher bei Luis Antonio Tagle fündig. Der 67-Jährige war Erzbischof von Manila, arbeitete zuletzt in der einflussreichen Vatikanbehörde, die für die meisten Länder des Globalen Südens zuständig ist. Die Kardinäle aus diesen Regionen machen immerhin fast die Hälfte der Wählerstimmen im Konklave aus. Tagle hat chinesische Wurzeln und steht wie Franziskus für eine Kirche an der Seite der Armen.
Luis Antonio Tagle, philippinischer Kurienkardinal mit chinesischen Wurzeln, gilt als charismatischer Anwärter auf das Papstamt und teilt Franziskus’ Vision einer armen- und volksnahen Kirche.
Quelle: Action Press
Die Chancen von Luis Antonio Tagle
Manchen Kardinälen könnte er allerdings als zu farblos erscheinen. Als Shootingstar kam er vor sechs Jahren von den Philippinen in den Vatikan. Doch dann wurde es sehr still um ihn.
Ein Mann der leisen Töne ist auch Péter Erdö, der Erzbischof von Budapest. Im Pontifikat von Benedikt XVI. war er auf dem internationalen Kirchenparkett sehr aktiv. Unter Franziskus zog er sich zurück, da er dessen Kurs nicht teilte. Der 72-Jährige ist der Kandidat der Konservativen.
Péter Erdö, konservativer Primas von Ungarn und langjähriger Vertrauter Benedikts XVI., gilt als Hoffnungsträger der Konservativen im Kardinalskollegium.
Quelle: epa
Die Chancen von Péter Erdö
Er könnte eher mehrheitsfähig sein als der US-Amerikaner Raymond Leo Burke.
Der 76-jährige Burke war lange Jahre Chef des obersten Gerichtshofs der
katholischen Kirche und ist der prominenteste Gegner von Papst Franziskus. Mehrfach forderte er das verstorbene Kirchenoberhaupt offen zur Kurskorrektur auf.
Raymond Burke, erzkonservativer US-Kardinal und lautstarker Kritiker von Papst Franziskus, ist zwar ein Favorit unter Traditionalisten - seine Chancen gelten jedoch als gering. (Archivbild)
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Die Chancen von Raymond Leo Burke
Würde er gewählt, wäre das eine deutliche Kurskorrektur, beinahe ein Bruch mit Franziskus. Dafür wird es sicher schwer, eine Zweidrittelmehrheit zu finden.
Eher konservativ sind auch die beiden Kandidaten aus Afrika, die aktuell immer wieder zu den Papabile gezählt werden. Der langjährige Kurienkardinal Peter Turkson war zunächst Erzbischof in seiner Heimat Ghana, bevor er 2009 im Vatikan Chef der Behörde für Gerechtigkeit und Frieden wurde.
Kardinal Peter Turkson ist seit 2009 im Vatikan Chef der Behörde für Gerechtigkeit und Frieden.
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Die Chancen von Peter Turkson
Wenn beim anstehenden Konklave sozialethische Fragen eine wichtige Rolle spielen, könnte der 76-Jährige eine Chance haben. Theologisch ist er eher konservativ.
Ein vergleichbares Profil hat der Erzbischof von Kinshasa, Fridolin Ambongo Besungu. Er bemüht sich um Dialog und Versöhnung in den Konflikten in der demokratischen Republik Kongo. Als Franziskus im Dezember 2023 Segnungen für Homosexuelle ermöglichte, war er einer der Wortführer der Gegner dieser Reform.
Fridolin Ambongo Besungu ist erklärter Gegner von Segnungen für Homosexuelle.
Quelle: imago
Die Chancen von Fridolin Ambongo Besungu
Mit seinen 65 Jahren könnte er zu jung sein für das Papstamt.
Um Papst Franziskus noch einmal zu sehen, strömen in Rom Zehntausende Gläubige zum Petersdom. Sie wollen dem verstorbenen Kirchenoberhaupt die letzte Ehre erweisen.24.04.2025 | 1:26 min
Bei den letzten beiden Konklaven wählten die Kardinäle bewusst ältere Kandidaten. Sie wollten allzu lange Pontifikate vermeiden. Sie waren überzeugt, dass nach zehn oder 15 Jahren ein neuer Papst gesucht werden sollte.
Ein Pontifex mit einer Perspektive von 20 oder mehr Jahren könnte irgendwann aus der Zeit gefallen wirken. Solange es keine Begrenzung der Amtszeit gibt, bleibt das Dilemma.
Entsprechend dürfte der oft zu den Papabile gezählte Patriarch von Jerusalem, Kardinal Pierbattista Pizzaballa, eher Außenseiterchancen haben. Der konservative Franziskaner ist erst 60 Jahre alt. Aber er hat Krisenerfahrung als Oberhirte der Katholiken im Heiligen Land. Zugleich ist er Italiener.
Pierbattista Pizzaballa, Patriarch von Jerusalem, gilt als Brückenbauer im Nahost-Konflikt und zählt mit 60 Jahren zu den jüngsten Kandidaten im Rennen um das Papstamt.
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Die Chancen von Pierbattista Pizzaballa
Das könnte für die Kardinäle passen, die überzeugt sind, dass nur ein Italiener die Römische Kurie in den Griff bekommen und wirklich reformieren könne. Am Ende des Pontifikats von Franziskus sind noch immer viele Bischöfe mit der römischen Zentrale unzufrieden etwa wegen intransparenter Entscheidungen.
Auch zu jung könnte der Erzbischof von Marseille, Jean-Marc Avelline, sein. Der 66-Jährige gilt als volksnah und war ein enger Vertrauter des verstorbenen Papstes.
Jean-Marc Aveline, Erzbischof von Marseille gilt als Vertrauter von Papst Franziskus, der sich besonders für Migration und interreligiösen Dialog einsetzt.
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Die Chancen von Jean-Marc Avelline
Seine Wahl würde eine Fortsetzung des Kurses von Franziskus bedeuten.
Das gilt auch für Mario Grech. Er steht für das wichtigste Projekt von Papst Franziskus in den letzten Jahren: den weltweiten Synodalen Prozess zur Suche einer zeitgemäßen Struktur der katholischen Kirche.
Ihn kennen viele der Kardinäle: Kardinal Mario Grech.
Quelle: AP
Die Chancen von Mario Grech
Der 68-Jährige Malteser ist als Chef der Bischofssynode vielen Kardinälen bekannt.
Wie auch sein Counterpart bei dem Prozess, der Luxemburger Erzbischof Jean-Claude Hollerich. Der 66-Jährige ist Jesuit.
Jean-Claude Hollerich, Erzbischof von Luxemburg ist ein einflussreicher Brückenbauer im Vatikan mit starkem europäischem und synodalem Profil.
Quelle: dpa
Die Chancen von Jean-Claude Hollerich
Dass die Kardinäle nach Franziskus wieder einen Jesuiten wählen, ist eher unwahrscheinlich. Zudem dürfte sein Alter gegen ihn sprechen.
Wer als Papst ins
Konklave einzieht, kommt meist als einfacher Kardinal wieder heraus. Entsprechend dieses alten Sprichwortes ist es am Ende offen, wer das nächste katholische Kirchenoberhaupt wird. Franziskus war 2013 eine Überraschung. Das könnte auch 2025 wieder passieren.
Jürgen Erbacher ist Leiter der ZDF-Redaktion Religion und Leben.
Papst Franziskus ist in der Santa Maria Maggiore beigesetzt worden. Zuvor haben Tausende Abschied genommen. News aus dem Vatikan und aller Welt zum Tod des Kirchenoberhaupts.