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Trotz zahlreicher Proteste:Tiergarten Nürnberg tötet mehrere Paviane
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Der Nürnberger Tiergarten hat mehrere Paviane getötet. Zuvor hatte es Proteste gegen die bereits angekündigte Tötung der Tiere gegeben. Verbände wollen nun Strafanzeige stellen.
Aus Platzmangel hat der Nürnberger Tiergarten zwölf Paviane getötet. Das teilte der Zoo am Dienstagnachmittag mit. Aus Sicht von Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen verstößt die Tötung der Affen gegen das Tierschutzgesetz. Pro Wildlife, der Deutsche Tierschutzbund und die Deutsche Juristische Gesellschaft für Tierschutzrecht kündigten an, dass sie nun Strafanzeige stellen werden.
Nürnberger Tiergarten
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Aktivisten und Aktivistinnen waren am Dienstag nach Angaben der Polizei über ein Tor in den Tiergarten eingedrungen. Einige klebten sich dort am Boden fest. Die Polizei nahm sie vorläufig fest.
Was hinter der Debatte steckt:
Warum wurden gesunde Paviane getötet?
Die Gruppe der Guinea-Paviane zählte zuletzt 43 Tiere und war damit zu groß für das Gehege. Im Februar 2024 hatte der Tiergarten bereits bekanntgegeben, einige Tiere töten zu wollen.
Wegen des Platzmangels im Gehege komme es verstärkt zu Konflikten, bei denen sich die Tiere verletzten, begründete er die Entscheidung damals. Außerdem sei die soziale Struktur innerhalb der Gruppe ungünstig.
Wieso erweitert der Tiergarten nicht einfach die Pavian-Anlage?
"Das wäre grundsätzlich natürlich möglich, aber das müssten wir alle paar Jahre wiederholen und dann hätten wir irgendwann nur noch Paviane im Zoo", sagt Direktor Dag Encke. In den Jahren 2007 bis 2008 sei bereits ein neues Pavianhaus gebaut worden, fünfmal größer als das alte.
Weshalb hat der Tiergarten die Zahl der Tiere nicht schon früher begrenzt?
Das hat der Tiergarten laut Encke getan: Seit 2011 seien insgesamt 16 Tiere in den Pariser Zoo und einen Zoo in China umgezogen. Diese Optionen bestehen nun nicht mehr. "Jeder einzelne Zoo hat seine Kapazitäten zurzeit erreicht", sagt Encke.
Außerdem habe der Tiergarten versucht, die Geburtenrate zu senken, indem er Weibchen ein Verhütungsmittel implantiert habe, dass diese vorübergehend unfruchtbar machen sollte. "Dieses Verhütungsmittel hat aber zur dauerhaften Unfruchtbarkeit bei den Weibchen geführt, so dass wir nur noch drei Weibchen hatten, die überhaupt noch Junge bekommen konnten", sagt Encke. Nach 2018 wurden deshalb keine Verhütungsmittel mehr eingesetzt.
Drei fruchtbare Weibchen hätten zwar für die Zucht gereicht, es sei aber zu Unruhe in der Gruppe gekommen, erläutert Encke. Bei den Pavianen besäßen die Weibchen mit Jungtieren eine Schlüsselfunktion im Sozialgefüge.
Warum können überzählige Tiere nicht ausgewildert werden?
Guinea-Paviane leben nach Angaben des Tiergartens in Afrika in einem Gebiet, das sich über den Senegal, Guinea-Bissau, Guinea, Sierra Leone und Mali erstreckt. Dort gibt es demzufolge kaum noch geeignete Gebiete, wo sie sicher leben könnten.
Eine Auswilderung kommt laut Encke aus einem weiteren Grund nicht infrage: "Wir bringen mit den Affen Keime in die Umgebung, die für die wilden Guinea-Paviane tödlich sein können."
Wieso werden Guinea-Paviane in Zoos gezüchtet?
Insgesamt leben gut 280 Guinea-Paviane in zehn europäischen Zoos, im Nürnberger Tiergarten seit 1942. Die Gruppe ist Teil des europäischen Erhaltungszuchtprogramms. Deren Ziel ist es, Reservepopulationen von gefährdeten Arten in Zoos zu züchten, um diese in Zukunft in geschützte Gebiete auswildern zu können.
"Das Argument des Artenschutzes ist vorgeschoben", sagt dagegen Laura Zodrow von Pro Wildlife. "Reservepopulationen machen nur dann Sinn, wenn Wiederauswilderungs-Programme existieren - davon ist bei den Guinea-Pavianen jedoch nicht die Rede."
Was sagt das Tierschutzgesetz zu einer Tötung von Zootieren?
Das deutsche Tierschutzgesetz besagt, dass kein Tier ohne vernünftigen Grund getötet werden darf, ohne diesen genauer zu definieren. Als vernünftige Gründe gelten etwa das Schlachten von Nutztieren, Jagd, Fischerei, die Tierseuchenbekämpfung und das Erlösen eines leidenden Tiers. Zur Tötung von Zootieren sagt das Tierschutzgesetz nichts.
Tiermediziner Prof. Dr. Michael Lierz von der Universität Gießen stellt die Frage: "Was ist ein vernünftiger Grund?" In einer Zoopopulation müsse man die Genetik kontrollieren. Dafür müssten sich die Tiere vermehren, sonst müsste man neue Tiere aus der Natur nehmen. "Zoos lehnen Naturentnahmen ab, wenn sie nicht nötig sind", sagt Lierz.
Töten auch andere Zoos gesunde Tiere?
Ja, in vielen Zoos werden extra Futtertiere gezüchtet, die als Mahlzeit für Löwen, Tiger und andere Fleischfresser vorgesehen sind. Aber auch überzählige Zootiere werden getötet und verfüttert. Der Deutsche Tierschutzbund spricht von einer "gängigen Praxis".
Wird es eine juristische Auseinandersetzung geben?
Tierrechts- und Tierschutzorganisationen haben angekündigt, dass sie Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz stellen werden. Der Tiergarten bereitet sich deshalb darauf vor, dass es zum Prozess kommen könnte. "Wir hoffen, dass es zu einer grundsätzlichen Klärung kommt", sagt Encke. Genau darum geht es in dem Fall nach Ansicht von Pro Wildlife.
Quelle: dpa
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