Hausdurchsuchung wegen X-Post:Fall Bolz: Meinungsfreiheit oder Straftat?
Auf X postete Norbert Bolz eine NS-Parole. Danach wurde eine Hausdurchsuchung bei ihm angeordnet. ZDFheute live analysiert, wo die rechtlichen Grenzen der Meinungsfreiheit liegen.
Auf X postete Norbert Bolz eine NS-Parole. Danach wurde eine Hausdurchsuchung bei ihm angeordnet. ZDFheute live analysiert, wo die rechtlichen Grenzen der Meinungsfreiheit liegen.
25.10.2025 | 22:05 minWeil er in einem X-Post eine Parole aus der NS-Zeit genutzt haben soll, laufen Ermittlungen gegen den Autor Norbert Bolz. Zuletzt wurde auch eine Hausdurchsuchung bei ihm angeordnet. Ob das verhältnismäßig war, ist umstritten.
Im Januar 2024 teilte er einen Beitrag der "taz" und schrieb dazu "Deutschland, erwache!". Eine Parole der NSDAP. Die Verwendung von solchen Parolen aus der NS-Zeit steht in Deutschland unter Strafe. Es gibt jedoch Ausnahmen. Bolz erklärte in einem Interview bei der "Welt", der Satz sei in einem "ironisch-kritischen Kontext" verwendet worden.
Reicht das als Begründung aus? Wo liegen die Grenzen der Meinungsfreiheit? ZDFheute live analysiert den Fall mit Leon Fried von der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.
Sehen Sie oben das ganze Interview im Video und lesen Sie es hier in Auszügen. Der Jurist Leon Fried erklärt…
... dass die Politik erkannt habe, dass es im Internet ein Problem mit Hass und Hetze gibt.
Täglich würden Hunderttausende Beiträge online veröffentlicht. Die meisten seien zwar unproblematisch. Doch immer wieder überschritten einige Inhalte strafrechtliche Grenzen, so Leon Fried. Beleidigungen, die Verbreitung verfassungsfeindlicher Inhalte oder gezielte Hetze gegen Einzelpersonen und Gruppen seien nur einige Beispiele für strafbare Handlungen, die online stattfinden.
Um dagegen vorzugehen, habe der Staat behördliche Meldestellen geschaffen, die auf strafrechtlich relevante Inhalte aufmerksam werden.
Sie schreiten durchaus ein und leiten das an Strafverfolgungsbehörden weiter, wenn sie Kenntnis erlangen von Dingen, die möglicherweise strafrechtliche Grenzen überschritten haben.
Leon Fried, ZDF-Redaktion Recht und Justiz
Für die Strafverfolgung seien diese Meldestellen aber nicht zuständig. Sie leiten die strafrechtlichen Inhalte lediglich an die Justizbehörden weiter, erklärt der ZDF-Redakteur.
Aber: Viele Staatsanwaltschaften und Gerichte seien stark ausgelastet und zudem fehle die Ausstattung, um alle illegalen Inhalte im Internet wirksam zu bekämpfen. Dadurch komme es häufig zu Verzögerungen in der Bearbeitung. Das führe dazu, dass strafbare Inhalte im Netz über längere Zeiträume unbeachtet blieben oder Verfahren eingestellt würden.
Ältere Menschen fühlen sich weniger frei in ihrer Meinung als junge. Welche Konflikte gibt es bei der Meinungsfreiheit zwischen den Generationen?
04.10.2025 | 2:05 min... dass rechtliche Regelungen als Schutz dienen, dass sich NS-Gedankengut nicht weiterverbreitet.
Das Grundgesetz schütze die Meinungsfreiheit weitreichend - doch es kenne auch Grenzen, sagt Leon Fried. Diese seien nach der Zeit des Nationalsozialismus bewusst gezogen worden. Auch das Verbot, NS-Symbole und Parolen öffentlich zu verbreiten, gehöre dazu.
Also es geht auch darum zu verhindern, dass Nationalsozialismus wieder normal wird.
Leon Fried, ZDF-Redaktion Recht und Justiz
Paragraf 86 und 86a des Strafgesetzbuchs verbieten demnach die Weiterverbreitung von Symbolen nationalsozialistischer Organisationen.
Verfassungsrechtler Prof. Volker Boehme-Neßler betont bei ZDFheute live aber, dass es eine Ausnahme gebe: Menschen würden sich nach Paragraf 86 nicht strafbar machen, wenn sie verbotene Symbole oder Parolen in klar erkennbarer satirischer Absicht zeigen würden und wenn offensichtlich sei, dass die Person inhaltlich nicht dahinterstehe.
Das Recht auf Meinungsfreiheit beinhaltet auch die Akzeptanz anderer Meinungen - und es schützt nicht vor Kritik. Doch diese wird in der Gesellschaft zunehmend als Canceln empfunden.
28.09.2025 | 4:30 min...dass eine Hausdurchsuchung bei einem Anfangsverdacht eine Routine-Maßnahme ist.
In den Tagen nach der Hausdurchsuchung wurde öffentlich viel darüber debattiert, ob die Maßnahme zulässig war. ZDF-Redakteur Leon Fried räumt ein, dass eine Hausdurchsuchung zwar ein gravierender Eingriff sei, aber in einem solchen Fall durchaus verhältnismäßig. Bei einem Anfangsverdacht könnte die Staatsanwaltschaft daher immer eine Hausdurchsuchung anordnen.
Umstritten sei aber, ob der Anfangsverdacht im Fall Norbert Bolz gegeben sei, sagt Fried. Professor Volker Boehme-Neßler macht deutlich, dass Hausdurchsuchungen das Ziel hätten, neue Beweismittel zu finden. Bei Bolz habe die Staatsanwaltschaft aber bereits vorher gewusst, dass er den Post geschrieben habe, er hatte das demnach nie geleugnet.
Zu einer Hausdurchsuchung wie angeordnet kam es im Fall Norbert Bolz aber ohnehin nicht, ergänzt Fried. Die Polizei stand zwar vor der Tür, Bolz habe aber kooperiert und den Beamten freiwillig den Zugang zu seinem X-Account gewährt.
Das Gespräch führte ZDFheute live-Moderator Christian Hoch. Zusammengefasst hat es Chiara Raber.
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