Prozessbeginn in Mannheim: Angeklagter erklärt sich vor Gericht

Prozess um Amokfahrt in Mannheim :"Innere Wut": Todesfahrt-Angeklagter erklärt sich vor Gericht

von Laura Ozdoba und Jasmin Astaki-Bardeh

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Heute hat der Prozess zur Amokfahrt vom Rosenmontag begonnen. Der Verteidiger spricht von psychischen Problemen seines Mandanten. In Mannheim sitzt der Schock noch immer tief.

Der Angeklagte in einem Mordprozess nach einer Todesfahrt von Mannheim sitzt mit einem Aktendeckel vor seinem Gesicht im Gerichtssaal, rechts neben ihm steht sein Verteidiger Uwe Kosmala.

In Mannheim hat der Prozess gegen den Tatverdächtigen der Amokfahrt an Rosenmontag begonnen. Ein psychologisches Gutachten soll mehr Informationen über den Angeklagten liefern.

31.10.2025 | 1:34 min

Mannheim am Rosenmontag 2025: Ein Auto rast durch die Innenstadt, erfasst dabei mehrere Menschen. Eine 83-Jährige und ein 54-Jähriger werden getötet, 14 weitere Personen verletzt. An diesem Freitag hat vor dem Landgericht Mannheim der Prozess gegen den Tatverdächtigen begonnen. Angeklagt ist der 40-jährige Alexander S. wegen zweifachen Mordes und mehrfachen versuchten Mordes.

Dezernent: "Amokfahrt hat Mannheim ins Herz getroffen"

"Es war sehr beängstigend", erinnert sich Augenzeugin Mandy vor Prozessbeginn. Die 24-Jährige ist Verkäuferin an einem Brezelstand an der Ecke des Paradeplatzes. Sie stand hinter der Theke, als sie das Auto auf sich zurasen sah. Ein "Schockmoment" für die junge Frau. Sie habe Menschen schreien gehört, es sei sehr laut und chaotisch gewesen. Sie selbst habe Glück gehabt: "Gott sei Dank kam die Straßenbahn angefahren", sagt sie. Dadurch habe der Fahrer ausweichen müssen.

Infografik: Todesfahrt Mannheim

Die Strecke der Amokfahrt: Zwischen Wasserturm und Paradeplatz entlang der "Planken", der Haupteinkaufsstraße Mannheims

Quelle: ZDF

Nach der Todesfahrt stand die Stadt unter Schock. Die Stimmung sei erdrückend und traurig gewesen, erzählt die Schülerin einer nahegelegenen Berufsschule. "Die Amokfahrt hat Mannheim ins Herz getroffen", sagt Volker Proffen, Sicherheitsdezernent der Stadt.

Mittlerweile scheint rund um den Paradeplatz der ganz normale Alltag eingekehrt zu sein. Doch auf die Tat im März angesprochen, berichten manche von anhaltender Verunsicherung. "Sicher ist man nirgendwo", sagt Emine Gündogu. Sie versuche, Menschenmassen zu meiden, darüber habe sie vorher niemals nachgedacht.

Am Paradeplatz in Mannheim erinnert eine Gedenktafel an den Anschlag am Rosenmontag 2025.

Auf einer Bank am Paradeplatz erinnert eine Gedenktafel an die Todesfahrt am Rosenmontag 2025.

Quelle: ZDF

Verkäuferin Mandy erzählt, dass sie seit dem Vorfall eine höhere Polizeipräsenz wahrnimmt. "Wir wollen natürlich mögliche ähnliche Straftaten verhindern", sagt Renato Gigliotti, Vizepolizeipräsident von Mannheim. Man tue alles, um Zufahrtswege zu analysieren und Veranstaltungen besser zu schützen. Bereits seit zwei Jahren gibt es Waffenverbotszonen in der Stadt. Streifenbeamte schauen regelmäßig "nach dem Rechten". Und doch räumt Gigliotti ein: "Eine hundertprozentige Sicherheit wird es nicht geben."

Anklage wegen Mordes

Der 40-jährige Tatverdächtige Alexander S. muss sich nun vor dem Landgericht Mannheim verantworten - wegen zweifachen Mordes, versuchten Mordes sowie Körperverletzung.

Nach Verlesung der Anklage äußert sich der Angeklagte über seinen Anwalt Uwe Kosmala, streitet den "objektiven Tatverlauf" nicht ab. Der erste Gedanke an eine Amokfahrt sei seinem Mandanten am Samstag vor der Tat gekommen, er habe starke Wut und Selbstzweifel verspürt. Zunächst wollte er die Tat am Wohnort seines Vaters in Offenbach durchführen, mit dem er, so Kosmala, wohl ein schlechtes Verhältnis hatte.

Mannheim: Einsatzkräfte der Polizei sichern bei einem Großeinsatz eine Straße in der Innenstadt.

Aus dem Archiv: In Mannheim rast am Rosenmontag ein Mann in eine Menschenmenge.

03.03.2025 | 12:22 min

Am Tattag sei Alexander S. blitzartig die Idee gekommen, die Tat stattdessen in Mannheim zu verüben. Zu dieser Zeit habe er sich in einem "suizidalen und selbstdestruktiven Ausnahmezustand" befunden, habe bei der Fahrt selbst zu Tode kommen wollen.

Er hat immer geäußert, dass er innerlich eine Wut habe und von gewissen Zwängen gesprochen, die er nicht steuern konnte.

Uwe Kosmala, Verteidiger

Psychologisches Gutachten soll mehr Klarheit bringen

Gegenüber ZDFheute erklärt der Verteidiger, er gehe davon aus, dass psychische Probleme Hauptursache für die Tat waren. Ein psychologisches Gutachten soll im Verlauf des Verfahrens ausführliche Informationen zu einer möglichen psychischen Erkrankung von Alexander S. liefern, durch die er möglichweise nur vermindert schuldfähig ist.

Anhaltspunkte für ein politisches Motiv sieht die Staatsanwaltschaft Mannheim nicht. Dabei gibt es Hinweise auf mögliche Kontakte des mutmaßlichen Täters ins rechtsextreme Milieu.

Amokfahrt von Mannheim
:Täter hat wohl rechtsextreme Vergangenheit

Nach der Todesfahrt von Mannheim gehen die Ermittler von einer psychischen Erkrankung des mutmaßlichen Täters aus. Es gibt aber auch Hinweise auf eine extrem rechte Vergangenheit.
von Oliver Klein
Ein beschädigtes Fahrzeug steht an einer Zufahrt zur Rheinbrücke.
mit Video

Der Frankfurter Staatsrechtsprofessor Matthias Jahn erhofft sich von dem Verfahren "Aufklärung darüber, ob es doch ein Motiv gibt, das in der politischen Gesinnung des Beschuldigten wurzelt, die jedenfalls in der Vergangenheit sehr weit rechts angesiedelt war".

Urteil für Mitte Dezember erwartet

Für die Geschädigten ist das Verfahren wichtig, um das Geschehen zu verarbeiten, sagt Thomas Franz, Anwalt einer Nebenklägerin. Seine Mandantin, die bei der Amokfahrt zu Schaden gekommen ist, wollte den Auftakttermin eigentlich besuchen:

Aber sie hat dann leider kurzfristig abgesagt, weil sie gesagt hat: "Ich habe die Kraft nicht und ich kann diesen Menschen nicht sehen".

Thomas Franz, Rechtsanwalt

In dem Verfahren sind 13 Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil wird für den 19. Dezember erwartet.

Laura Ozdoba und Jasmin Astaki-Bardeh berichten aus dem ZDF-Landesstudio in Baden-Württemberg.

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