Leipzig: Einheitsdenkmal soll an Friedliche Revolution erinnern

Interview

Grundsteinlegung für Einheitsdenkmal:Oltmanns: Ein Denkmal für die Zukunft, die junge Generation

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Leipzig bekommt ein Freiheits- und Einheitsdenkmal. Gerade heute müssten die Errungenschaften der friedlichen Revolution verteidigt werden, sagt Projektleiterin Gesine Oltmanns.

Der mit grünen Planen verhüllte Grundstein für das Freiheits- und Einheitsdenkmal steht auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz. Zum 36. Jahrestag der friedlichen Revolution soll am 9. Oktober auf diesem Platz der Grundstein für das lange geplante Freiheits- und Einheitsdenkmal gelegt werden. Für rund fünf Millionen Euro soll ein dezentrales Denkmal aus 50 weißen Skulpturen entstehen.

Nach jahrelanger Planung beginnt in Leipzig der Bau eines Denkmals. Es soll an die Proteste von 1989 und die Deutsche Einheit erinnern.

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Im Jahr 2029, zum 40. Jahrestag der friedlichen Revolution, soll es in Leipzig stehen - das Freiheits- und Einheitsdenkmal. Heute wird dafür der Grundstein gelegt. Das Denkmal stehe für Erinnerung und Auftrag, meint Gesine Oltmanns von der Stiftung Friedliche Revolution. Ein Interview mit der Projektleiterin.

ZDFheute: Mehr als ein Jahrzehnt wurde um das Denkmal für die Stadt der Friedlichen Revolution gerungen. 36 Jahre nach dem historischen Herbst '89 wird nun der Grundstein gelegt. 2029 soll es fertiggestellt sein. Ist das nicht ein wenig spät?

Gesine Oltmanns: Wir stehen jetzt an einem Punkt, wo wir sagen können, dieses Denkmal entsteht für die Zukunft, die junge Generation. Und das ist auch der Auftrag, den wir aus '89 immer mitnehmen. Das, was wir dort erkämpft und erstritten haben, weiterzutragen.

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ZDFheute: Was könnten denn junge Menschen, die lange nach dem Ende der DDR geboren wurden, daraus lernen?

Oltmanns: Ich denke, dass es darum geht, die Hoffnung nicht aufzugeben. Dass man Großes verändern kann. Das ist '89 wirklich gelungen. Mit Kerzen in der Hand. Auf der Straße. Ohne nach der Meinung des Anderen zu fragen. Sondern, man hat gemeinsam dafür eingestanden. Es ging um Forderungen nach Demokratie im Osten. Wir stehen immer vor großen Herausforderungen.

Ich denke, es ist der Demokratie gegeben, dass man sich immer gesellschaftlich auseinandersetzen muss. Und das macht es ja auch zu einer sehr lebenswerten Gesellschaftsform. Ich meine, das ist wirklich die tägliche Herausforderung, sich dessen, was wir '89 erkämpft haben, immer wieder zu besinnen und zu stellen.

Gesine Oltmanns
Quelle: ZDF

... war Bürgerrechtlerin in der DDR, Aktivistin der Leipziger Montagsdemos im Herbst 1989. Sie brachte die Friedliche Revolution in der DDR mit auf den Weg. Nach dem Mauerfall arbeitete Oltmanns im Leipziger Bürgerkomitee für die Auflösung der DDR-Staatssicherheit. Seit Gründung der Stiftung Friedliche Revolution 2009 arbeitet Oltmanns im Vorstand mit. Im Januar 2025 wurde sie Ehrenbürgerin der Stadt Leipzig.


Wir müssen uns mit Meinungsfreiheit immer auseinandersetzen. Wir müssen die Meinungsvielfalt aushalten. Wir müssen aber genauso Haltung zeigen. Gerade gegenüber rechtsextremen oder rechtsorientierten Meinungen. Wenn wir dem gegenüberstehen, dann müssen wir auch unsere Werte vertreten. Ich glaube, dass '89 nicht zu Ende ist, sondern, dass wir daraus einen Auftrag entwickeln, uns wirklich mit dem Heute und Morgen auseinanderzusetzen.

Demonstranten tragen Kerzen und symbolisieren so die friedliche Demonstration bei einer sogenannten Montagsdemo in Leipzig, aufgenommen am 23.10.1989.

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ZDFheute: Was denken Sie, ist die große Herausforderung heute?

Oltmanns: Eine Diktatur zu überwinden und eine Demokratie aufzubauen, das ist das große Erlebnis des Herbstes '89. Und ich meine, gerade in diesen Zeiten, wo Demokratien immer weniger werden, ist es halt wirklich ein Auftrag, sich dem stärker zu widmen. Die wichtigen demokratischen Grundrechte zu bewahren, zu erhalten und zu stabilisieren.

Rechtsstaatlichkeit ist ja die große Forderung des Herbstes '89 gewesen. Und das ist etwas, dass wir wertschätzen müssen. Das heißt ja auch viel Sicherheit und Stabilität für unser Land.

Dennis, ein junger Mann mit dunklem Teint, steht am Ufer eines ruhigen Sees, der Himmel ist größtenteils bewölkt. Er steht auf einer kleinen Grasfläche, die Hände sind locker in die Hosentaschen gesteckt, die Körperhaltung wirkt entspannt und freundlich.

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ZDFheute: In der DDR wurden Ihnen aufgrund Ihrer politischen Haltung ein Studium oder eine Berufsausbildung verwehrt. Das war festgelegt. Wenn Sie heute auf die vergangenen 36 Jahre zurückschauen, was war die wichtigste Errungenschaft für Sie?

Oltmanns: Für mich gab es in der DDR keine Perspektive. Für mich gab es keine Entfaltungsmöglichkeiten. Es ist ein so großes Glück, selbst zu entscheiden: Wie möchte ich leben. Wie möchte ich mich entfalten. Ich wäre gern Öko-Aktivistin geworden, hätte gern Biologie studiert … das war nicht möglich. Ein selbstbestimmtes Leben zu führen, das ist ein Glück.

Das Interview führte Anja Charlet, Reporterin im ZDF-Landesstudio Sachsen.

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