20-Jähriger soll Kind im Internet in den Suizid getrieben haben
Sexueller Missbrauch im Internet:Mann soll Kind in den Suizid getrieben haben
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Er soll der Kopf einer Gruppe gewesen sein, deren Mitglieder Kinder im Internet sexuell missbraucht haben: Die Polizei nahm in Hamburg einen 20-Jährigen wegen Mordverdachts fest.
Ein 20-Jähriger in Hamburg soll als Kopf einer Onlinegruppe psychisch kranke Kinder missbraucht und in einem Fall möglicherweise auch zum Suizid gezwungen haben. 18.06.2025 | 1:33 min
Nach monatelangen Ermittlungen hat die Polizei Hamburg einen 20-jährigen mutmaßlichen Pädokriminellen wegen Mordverdachts an einem Kind festgenommen. Er soll Kopf einer Gruppe sein, die zahlreiche Kinder im Internet sexuell missbraucht haben soll, wie die Polizei mitteilte. Unter anderem soll der 20-Jährige über das Internet einen 13-jährigen US-Amerikaner in den Suizid getrieben haben. Die Taten wurden demnach in Zusammenarbeit mit dem FBI aufgedeckt.
"Unvorstellbares Ausmaß an Verrohung"
Der Beschuldigte ist laut Staatsanwaltschaft dringend verdächtig, im Alter von 16 bis 19 Jahren mehr als 120 Straftaten begangen zu haben. Darunter seien insbesondere Straftaten, die sich gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit und die sexuelle Selbstbestimmung von insgesamt acht kindlichen und jugendlichen Geschädigten gerichtet hätten.
"Das sind Abgründe, die nur schwer auszuhalten sind", sagte Hamburgs Polizeipräsident Falk Schnabel. Die Taten zeigten ein unvorstellbares Maß an Verrohung und Unmenschlichkeit.
In Hamburg hat die Polizei einen mutmaßlichen Pädophilen festgenommen – er soll unter anderem über das Internet ein Kind in den Suizid getrieben haben. Steffen Wachs berichtet.18.06.2025 | 1:47 min
Kinder auch in Suizidforen ausgesucht
Der Beschuldigte wurde den Angaben nach am Dienstag in der Wohnung seiner Eltern in Hamburg festgenommen. Er habe die Vorwürfe vor dem Haftrichter pauschal bestritten. Er soll im Internet unter dem Namen "White Tiger" bekannt sein und zu der berüchtigten internationalen Pädokriminellen-Gruppe "764" im Internet gehören.
Der Täter habe sich gezielt verzweifelte Kinder ausgesucht, unter anderem in Suizidforen. Er habe sich ihnen langsam angenähert und sie emotional abhängig gemacht und sie dann dazu gebracht, sich selbst zu verletzen - bis hin zum Suizid. Die Dateien wurden als Trophäen gespeichert und als Druckmittel gegen die Kinder eingesetzt, wie Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich sagte.
Noah Dejanović hat in seiner Kindheit sexuelle Gewalt erfahren. Als Lehramtsstudent sensibilisiert er jetzt Mitstudierende – und ist deshalb Deutschlands "Student des Jahres".16.06.2025 | 1:26 min
Geschädigte Kinder in vielen Ländern
Das Besondere an dem Fall sei, dass sich alle Taten im virtuellen Raum abgespielt hätten. Insgesamt haben Polizei und Staatsanwaltschaft acht geschädigte Kinder im Alter von 11 bis 15 Jahren ermittelt. Sie stammen aus Deutschland, England, Kanada, USA, zwei aus Hamburg und eines aus Niedersachsen. Ein 13-jähriger US-Amerikaner wurde demnach in den Suizid getrieben, eine 14-jährige Kanadierin habe versucht, sich umzubringen.
Schnell Hilfe finden
Es gibt Hilfe, auch in scheinbar ausweglosen Situationen. "Ich weiß nicht mehr weiter", "Ich kann nicht mehr": Wenn Ihre Gedanken darum kreisen, sich das Leben zu nehmen, versuchen Sie unbedingt, mit jemandem darüber zu sprechen - egal, ob Familie, Freunde oder Menschen, die sich auf diese Themen spezialisiert haben.
Der 15 Jahre alte Gründer der Internetcommunity "764" wurde laut Staatsanwaltschaft in den USA zu 80 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Auf den Hamburger Serientäter im Internet waren die Beamten erstmals im September 2023 aufmerksam geworden. Damals stellten Beamte Material sicher, das jedoch erst ausgewertet werden musste.
Nach weltweiten Ermittlungen hat die Polizei eine Plattform für Missbrauchs-Videos abgeschaltet. In 31 Ländern gab es Durchsuchungen, rund 1400 Verdächtige wurden identifiziert.02.04.2025 | 1:34 min
Appell an Eltern
Laut Staatsanwalt Nicolas Benz kreieren die Täter im Internet ein "Netzwerk der Angst", aus dem die jugendlichen Opfer nur schwer wieder herausfinden. Die Kinder und Jugendlichen werden über Social Media und Gaming-Plattformen angesprochen.
Durch so genanntes Cyber-Grooming gewinnen sie das Vertrauen der Jugendlichen und setzen sie dann mit kompromittierendem Material unter Druck, sollten sie nicht weiteren Aufforderungen zu selbst verletzenden Taten Folge leisten. Björn Gebauer vom Landeskriminalamt appellierte an alle Eltern, aufmerksam zu sein und darauf zu achten, was ihre Kinder im Internet tun.
Cyber-Grooming beschreibt die Anbahnung sexueller Kontakte mit Minderjährigen über das Internet, die zu sexuellem Missbrauch führen kann. Bei Cyber-Grooming bauen Täter Kontakte zu Kindern und Jugendlichen auf und verwickeln sie in sexuelle Gespräche. Oft senden Täter ungefragt intime oder pornografische Aufnahmen und fordern solche auch von den Betroffenen. Es kann außerdem dazu kommen, dass die Minderjährigen zu sexuellen Handlungen vor der Kamera gedrängt werden.
Cybergrooming ist eine Form der sexuellen Gewalt im Internet. Wie Kinder sich schützen können und was Eltern tun können, um ihre Kinder über die Risiken im Netz aufzuklären.