Ungesund, klimaschädlich: Schlechte Noten für Krankenhausessen
Ungesund und klimaschädlich:Studie: Schlechte Noten für Krankenhausessen
von Mark Hugo
|
Zu wenig Gemüse, zu viel Zucker und Fett: Das Essen in vielen Krankenhäusern und Pflegeheimen ist ungesund und nebenbei klimaschädlich. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie.
Zu wenig Vollkornprodukte, zu viel Fett: Auf den Speiseplänen von Kliniken und Heimen stehen laut einer Studie zu wenig gesunde Lebensmittel. (Symbolbild)
Quelle: imago images
So mancher Patient und Heimbewohner ahnt es vielleicht schon: So richtig gesund ist das Essen in Krankenhäusern und Pflegeheimen oft nicht. Den Beleg dafür liefert jetzt eine Studie, an der neben der Berliner Charité die Stanford Universität und das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) beteiligt waren.
Unter die Lupe genommen wurden die Speisepläne von zwei Krankenhäusern und drei Pflegeheimen durchschnittlicher Größe in Deutschland. Das ernüchternde Ergebnis:
Wir haben festgestellt, dass die Mahlzeiten zu wenig gesunde pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse, Obst, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte enthalten - und gleichzeitig zu viele Weißmehlprodukte, zugesetzten Zucker, Salz und gesättigte Fette.
„
Lisa Pörtner, Hauptautorin der Studie
Zu wenig pflanzliche Lebensmittel
Ernährungsqualität und Nährstoffangebot würden dabei zu gering ausfallen, sagt Lisa Pörtner, Medizinerin und Hauptautorin der Studie. In allen untersuchten Einrichtungen enthielten die Mahlzeiten deutlich weniger als die empfohlene Tagesmenge essentieller Nährstoffe wie Folsäure, Kalium und Vitamin B6.
In Pflegeheimen kam noch eine unzureichende Eiweißversorgung hinzu. Kalorien aus vollwertigen, pflanzlichen Lebensmitteln machten in allen Einrichtungen weniger als ein Fünftel der Energiezufuhr aus.
Darüber hinaus trägt die Verpflegung in ihrer jetzigen Form zur Umweltzerstörung und zum Klimawandel bei – was wiederum die Gesundheit bedroht.
„
Lisa Pörtner, PIK und Charité
Fleisch und Milchprodukte schaden Klima
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler machen das vor allem am hohen Anteil tierischer Produkte fest. Fleisch hatte an den Kalorien einen Anteil zwischen zehn und 17 Prozent. Das und Milchprodukte würden maßgeblich etwa zum Treibhausgasausstoß, zu Flächenverbrauch und Wasserverschmutzung beitragen.
Untersucht wurden in der Studie zwar nur fünf Einrichtungen, die Autorinnen und Autoren gehen aber davon aus, dass die Speisepläne dort denen in vielen Kliniken und Heimen in den westlichen Ländern sehr ähneln.
Fleisch ist für viele ein Grundnahrungsmittel. Doch die Viehzucht schadet Umwelt und Klima. Die Wissenschaft sucht deshalb nach umweltschonenden Alternativen zu Steak und Schnitzel.21.11.2023 | 42:22 min
Ungesundes Essen schuld an chronischen Krankheiten
Sie fordern deshalb eine grundlegende Veränderung der Ernährung in Kliniken und Heimen hin zu mehr pflanzlichen Lebensmitteln. "Denn ungesunde Ernährung ist eine Hauptursache chronischer Erkrankungen", so Nathalie Lambrecht von der Stanford University.
Dabei sollten gerade Gesundheitseinrichtungen ein Vorbild für gesunde Ernährung sein.
„
Nathalie Lambrecht, Stanford University
"Liebe geht durch den Magen" – aber leider ist nur ein Teil von dem, was wir tagtäglich zu uns nehmen, zum Wohl von Mensch, Tier und Umwelt. 26.07.2025 | 27:08 min
Küchen müssen hart kalkulieren
Dass es auch anders geht, will schon seit acht Jahren die Berliner Havelhöhe-Klinik beweisen. Bei allen Gerichten gilt dort: regional, saisonal, möglichst Bio und damit gesund und nachhaltig. Fleisch oder Wurst kommen höchstens einmal täglich auf den Teller.
Nur bis zu sechs Euro am Tag stehen den deutschen Kliniken pro Patient für das Essen zur Verfügung. Bedeutet: Die Küchen dort müssen hart kalkulieren, was oft auf Kosten der Qualität geht.
Jeder Fünfte isst mittags in einer Kantine. Wenn es gelingt, dort nachhaltig erzeugte Lebensmittel auf den Tisch zu bringen, ist das ein wertvoller Erfolg im Kampf gegen die Klimakrise.26.07.2024 | 29:44 min
Auch für die Havelhöhe ist das eine Herausforderung. Dort wird deshalb viel improvisiert und variiert, etwa, wenn statt Kohlrabi an einem Tag nur Karotten geliefert werden können. "Ich muss bereit sein, andere Dinge zu probieren und andere Geschmacksrichtungen und Versuche zuzulassen", sagte Markus Wispler, Ernährungsmediziner an der Klinik, einmal im Gespräch mit dem ZDF.
Um etwas zu ändern, sei aber auch die Politik gefragt, sagt Lisa Pörtner. Zwar gebe es eine Ernährungsstrategie, die auch die Verbesserung der Verpflegung im Gesundheitsbereich umfasst, aber noch keine konkreten Maßnahmen dazu.
Politik und Gesundheitsversorger müssen die Qualität der Verpflegung dringend priorisieren.
„
Lisa Pörtner, PIK und Charité
Mark Hugo ist Redakteur in der ZDF-Umweltredaktion.