Angaben der WHO:Einsamkeit macht viele Menschen krank
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Soziale Isolation ist kein Randproblem. Ein neuer WHO-Bericht zeigt: Jeder sechste Mensch weltweit ist betroffen. Ein Vorbild im Kampf gegen Einsamkeit könnte Schweden sein.
Einsamkeit trägt laut WHO jährlich zu 871.000 Todesfällen bei. (Symbolfoto)
Quelle: dpa
Jeder sechste Mensch weltweit ist nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von Einsamkeit betroffen. Das berichtet eine WHO-Kommission, die sich mit sozialen Beziehungen befasst hat.
Einsamkeit und soziale Isolation machen demnach körperlich krank, was jedes Jahr zu 871.000 Todesfällen weltweit beitrage. Einsamkeit erhöhe das Risiko unter anderem von Hirnschlägen und Herzinfarkten, Diabetes, Depressionen, Angstzuständen und Suizid.
Einsame Teenager hätten eine 22 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, schlechtere Noten als Mitschüler zu bekommen, und einsame Erwachsene hätten es schwerer, einen Arbeitsplatz zu finden oder zu behalten. Menschen und Familien seien nicht nur individuell betroffen. In der Gesellschaft entstünden Milliardenkosten im Gesundheitswesen und durch Ausfälle etwa bei der Beschäftigung.
Immer mehr Menschen leiden unter Einsamkeit. Das Familienministerium hatte deswegen im Mai eine Aktionswoche unter dem Motto "Gemeinsam aus der Einsamkeit" gestartet.26.05.2025 | 1:37 min
Problem Handy und Alleinleben
Der Co-Vorsitzende der Kommission, Vivek Murthy, definiert Einsamkeit so: "Einsamkeit ist ein schmerzhaftes, subjektives Gefühl, das viele von uns empfinden, wenn wir nicht die Beziehungen haben, die wir brauchen. Im Gegensatz dazu ist soziale Isolation ein objektiver Zustand, in dem es nur wenige Beziehungen oder Interaktionen gibt."
Einer von drei älteren Menschen und einer von vier Heranwachsenden seien nach Schätzungen sozial isoliert, heißt es in dem Bericht. Zu den Ursachen gehörten Krankheiten, schlechte Bildung und niedrige Einkommen, mangelnde Angebote für soziale Kontakte und das Alleinleben sowie digitale Technologien.
Nach Angaben von Murthy kommunizieren die Menschen seit Jahrtausenden nicht nur über Worte, sondern auch Gesichtsausdrücke, Körpersprache, Stimme und Schweigen. Dies gehe verloren, wenn sie ständig über Handys und soziale Medien kommunizieren.
Gegen die Einsamkeit: In Hamburg bietet "The Voice Collective" alle zwei Wochen einen offenen Chor an. Anmelden kann sich jeder, doch wer dabei sein will, muss schnell sein.07.04.2025 | 1:45 min
Gratis-Aktivitätskarten für junge Leute in Schweden
Die WHO führt Schweden als gutes Beispiel an: Das Land hat eine nationale Strategie gegen Einsamkeit, wie der schwedische Sozialminister Jakob Forssmed berichtet. Man habe erkannt, dass nicht nur die Einsamen ein Problem hätten, sondern die ganze Gesellschaft.
In Schweden werde nun an vielen Orten bewusst versucht, soziale Kontakte zu ermöglichen, etwa in Geschäften oder Restaurants, in Nachbarschaften oder Vereinen. Alle Kinder und Jugendlichen bekämen bald Geldkarten geschenkt, mit denen sie aber nur Gruppenaktivitäten für die Freizeit buchen könnten.
Schweden werde Handys an öffentlichen Schulen verbieten, sagte der Minister. Studien hätten gezeigt, dass die sozialen Kontakte dadurch wachsen und Cybermobbing reduziert werde. Kinder und Jugendliche schliefen besser und fänden es leichter, das Handy auch in der Freizeit beiseitezulegen. Kinder seien auch oft frustriert, wenn ihre Eltern ständig mit Handys beschäftigt seien, sagte Forssmed.
"Einsamkeit betrifft Millionen von Menschen, es geht auf die Gesundheit und es hat auch etwas mit Demokratie zu tun", so die Bundesfamilienministerin Karin Prien (CDU).26.05.2025 | 5:54 min
Handyfreie Zeiten finden
Digitale Technologien hätten ihr Gutes, betont die Kommission. Sie erlaubten Kontakte, etwa per Video, die früher unmöglich waren. Dennoch:
Es ist sehr wichtig, Orte und Räume in unserem Leben zu haben, wo wir von Angesicht zu Angesicht mit anderen Menschen interagieren können, ohne von der Technologie abgelenkt zu werden.
Einsamkeit kann jeden treffen, unabhängig von Alter und Geschlecht. Ein Problem für die Gesellschaft. Doch es gibt Lösungen gegen soziale Isolation. Auch Dänemark macht es vor.