Welttag der Menschen mit Behinderungen:Gehörloser Cafébesitzer: "Jeder kann von jedem etwas lernen"
von Michaela Schmehl
Menschen mit Behinderungen finden auf dem ersten Arbeitsmarkt selten eine Stelle. Damit es klappt, ist oft viel Eigeninitiative nötig - wie ein Cafébesitzer aus Frankfurt zeigt.
Sascha Nuhn verbindet hörende und nicht hörende Welten – mit Herz, Händen und Vision. Ein Cafébesitzer, der Brücken baut und Inklusion lebendig macht.
29.11.2025 | 15:00 minSascha Nuhn ist Cafébesitzer im Frankfurter Nordend. Und er ist gehörlos. Er verständigt sich vor allem mit Gebärden und Zeichen. Bei Bedarf kann auch ein Dolmetscher seine Gebärden in Sprache übersetzen.
In seinem inklusiven Café "Sinn und Wandel" setzt der Gastronom auf Vielfalt. Der 47-Jährige will auch anderen Menschen mit Einschränkungen eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt geben. So arbeiten in seinem Café etwa Menschen mit Sprach- oder Hörstörung, kognitiver oder auch psychischer Einschränkung.
Nuhn weiß, wie schwer es ist, einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt zu bekommen. Er kennt Diskriminierung im Beruf aus eigener Erfahrung.
Praktikum in Betrieb: "Das funktioniert nicht"
Eigentlich hatte der sportliche Mann Automechaniker werden wollen. Doch nach dem ersten Praktikum sagte ihm der Meister: "Das funktioniert nicht. Du hörst doch gar nicht die Geräusche vom Motor. Wie willst Du denn wissen, was da los ist?"
Also suchte Nuhn sich neue Wege - und machte eine Ausbildung zum Industrie-Elektroniker. Aber auch das war nicht die Endstation. Richtig angekommen fühlte er sich erst in der Selbständigkeit.
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25.11.2025 | 15:00 minMenschen mit unterschiedlichen Einschränkungen zusammen
Nuhn will sein Café für alle Menschen öffnen. Daher fördert er auch Vielfalt bei den Mitarbeitenden. In seinem Café arbeiten taube und hörende Menschen gemeinsam und auf Augenhöhe.
"Für mich ist es superwichtig, auch wirklich Menschen mit unterschiedlichen Einschränkungen und auch Menschen mit Hör-Einschränkungen hier zusammenzubringen", erläutert Nuhn in Gebärdensprache.
Man kann immer voneinander lernen. Und auch nicht-behinderte Menschen können von behinderten Menschen lernen.
Sascha Nuhn, Cafébesitzer
Das könne ein kultureller Aspekt sein oder etwas anderes, ergänzt er. "Jeder kann von jedem irgendwie in irgendwelcher Form profitieren", ist der Caféchef überzeugt. Und auch die Gäste sind sehr zufrieden mit dem Konzept.
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25.11.2025 | 15:03 minWeniger Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt
Wie schwer sich die Gesellschaft tut, Inklusion auf dem Arbeitsmarkt umzusetzen, zeigen die Zahlen des jüngsten Inklusionsbarometers von "Aktion Mensch". Demnach ist die Zahl der Arbeitslosen mit Behinderung 2024 um fast sechs Prozent auf mehr als 175.000 gestiegen.
Die Arbeitslosenquote liegt nunmehr bei fast zwölf Prozent. Die Beschäftigungsquote in Betrieben ist im vergangenen Jahr auf 4,4 Prozent gesunken (minus 0,04 Prozentpunkte im Vergleich zu 2023). Gesetzlich vorgeschrieben sind fünf Prozent.
Bei Gastronom Nuhn liegt diese Quote weit drüber - zu großer Zufriedenheit für alle Beteiligten.
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