Gefräßige Wollhandkrabbe: Bremen testet Fallen gegen invasive Art

Invasive Art aus Asien:Mit Fallen gegen gefräßige Wollhandkrabben

von Katharina Weisgerber, Bremen
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In Deutschland breitet sich die Chinesische Wollhandkrabbe aus. Mit gravierenden Folgen für Tiere und Ufer. Doch ein erfolgreicher Test in der Weser macht Hoffnung gegen die Plage.

15.05.2025, Schleswig-Holstein, Lauenburg: Elbfischer Eckhard Panz zeigt eine frisch gefangene Wollhandkrabbe an Bord seines Boots auf der Elbe vor Lauenburg.
Die chinesische Wollhandkrabbe bedroht im Nordseeraum heimische Tiere und Pflanzen. In Bremen will ein Forscherteam den Krabben mit Fallen den Weg ins Landesinnere abschneiden. 07.07.2025
Es ist ein europäisches Forschungsprojekt, in dem Björn Suckow und Oliver Hauck auf Krabbenjagd gehen, genauer gesagt: auf Wollhandkrabbenjagd. Die Umweltwissenschaftler vom Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven wollen die Weser in Bremen mit Fallen absperren. So ein Vorhaben ist bislang einmalig in Deutschland.

Wollhandkrabbe für Tiere und Ufer gefährlich

"Die fressen alles, was sie fressen können. Und genau da liegt das Problem: Der unglaubliche Druck auf andere Tiere, die sonst heimisch sind. Denen wird entweder der Laich weggefressen oder die Nahrung", beschreibt Suckow die Situation. Dazu kommt, dass die Krabben auf ihrer Wanderung auch Pflanzen und Ufer gefährden:

Sie buddeln Löcher und destabilisieren so die Uferböschungen.

Björn Suckow, Umweltwissenschaftler

"Eine Krabbe auf zehn Quadratmetern wäre ok, aber sobald es mehr werden, hat das Ufer ein Problem", so der AWI-Forscher.
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Vor rund 100 Jahren kam die Wollhandkrabbe aus Asien nach Deutschland, eingeschleppt durch Frachtschiffe. Heutzutage ist sie in jedem Fluss oder Graben entlang der Nordseeküste zu finden. Immer hungrig, kaum natürliche Feinde und jede Menge Nachwuchs: bis zu eine Million Eier kann ein Weibchen legen.

Weser wird mit Fallen abgesperrt

Im April beginnt der Einbau der Fallen in die Weser. Die AWI-Forscher nutzen die Fischtreppen, eine Art Umgehungsstraße um das große Weser-Sperrwerk in Bremen. Bei ihrer Wanderung landeinwärts nehmen auch die jungen Wollhandkrabben diesen Weg. Bei Niedrigwasser lässt sich das Wasser in der Fischtreppe ablassen. Dann haben Suckow und Hauck gut eine Stunde Zeit, um die Falle zu installieren.
Sie sieht aus wie eine lange Regenrinne, aus der die Krabben nicht mehr herausklettern können. Der einzige Weg ist durch ein Rohr, das steil nach oben zu den Fangkörben führt. "Wir wissen nicht, ob sie die Rohre bis nach oben wandern. Das ist die Frage, ob sie das tun", so AWI-Forscher Hauck.
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80 bis 90 Prozent der Krabben gehen in die Falle

Ende Juni geht die Falle im Bremer Sperrwerk in Betrieb. Neun Meter müssten die Tiere vom Grund der Weser hoch zum Fangkorb auf einer Plattform wandern. Angespannt öffnen die AWI-Forscher den Deckel - und sehen das große Krabbeln. "Wir sind superglücklich, die Krabben schaffen es", freut sich Suckow, "das System funktioniert."

Wenn man die Fischtreppen großer Flüsse mit diesen Fallen ausstattet, könnte man 80 bis 90 Prozent der Tiere, die hoch wandern, abfangen.

Oliver Hauck, Umweltwissenschaftler vom AWI Bremerhaven

Die Forscher hoffen, dass ihnen im Herbst auch die erwachsenen Krabben auf ihrer Rückwanderung zur Nordsee in die Falle gehen.
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AWI: Lässt sich die Krabbe nutzen?

Da die Wollhandkrabben in großem Stil gefangen werden sollen, ist es Aufgabe des AWI-Teams Nutzungskonzepte zu entwickeln. "In unserem Projekt 'Clancy' gucken wir gemeinsam mit unseren Partnern in Frankreich, Belgien und Schweden, ob dieses Fallenkonzept in unterschiedlichen Flusssystemen funktioniert", erklärt Suckow.
Die besondere Aufgabe am Alfred-Wegener-Institiut sei zusätzlich, dass die Biomasse verwertet werden soll. Die Forscher gucken also für alle gemeinsam: Was kann man aus den Krabben Gewinnbringendes machen, was nicht nur dem Verbrennen in Biogasanlagen entspricht.
Eine chinesische Wollhandkrabbe an einem Strand.
Entscheidende Frage der Forscher: Wie kann man gefangene Wollhandkrabben weiter verwerten?
Quelle: Imago

Beim AWI wird aus den gefriergetrockneten Krabben Mehl hergestellt. Das ersetzt in Versuchen gebräuchliches Fischmehl zur Fütterung von Garnelen oder Speisefischen. Auch der Zoo in Bremerhaven nimmt gerne gefrorene Wollhandkrabben zur Fütterung von Waschbären, Rochen und Oktopus.
Katharina Weisgerber ist Reporterin im ZDF-Landesstudio Bremen.
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