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Konzernspitze verteidigt Pläne:Lautstarker Protest gegen VW-Sparkurs
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Wut und Unverständnis sind groß bei der VW-Belegschaft. Die Konzernspitze verteidigt den Sparkurs bei einer Betriebsversammlung als notwendig, um in neue Produkte zu investieren.
Der VW-Spitze schlägt bei einer Betriebsversammlung in Wolfsburg lautstarker Protest gegen die Sparpläne bei Europas größtem Autobauer entgegen. Während Vorstandsmitglieder des Konzerns vor 25.000 Beschäftigten ihren Kurs verteidigen, kündigt Betriebsratschefin Daniela Cavallo harten Widerstand gegen Werkschließungen, Entlassungen und Lohnkürzungen an: "Mit uns ist das nicht zu machen."
Schuld an der Krise bei Volkswagen seien nicht die Mitarbeiter, sondern die Konzernführung, sagte die Betriebsratschefin Cavallo laut Redemanuskript.
Volkswagen krankt daran, dass der Vorstand seinen Job nicht macht.
Daniela Cavallo, VW-Betriebsratschefin
Dafür dürfe man nun nicht die Belegschaft zur Verantwortung ziehen, kritisierte Cavallo. Stattdessen appellierte sie an den Vorstand, seiner Verantwortung für die VW-Standorte gerecht zu werden. Die Sparpläne des Vorstands bezeichnet sie als "Armutszeugnis" und "Bankrotterklärung".
Konzernspitze: Wir müssen das Ruder herumreißen
Die VW-Spitze verteidigte dagegen auf der Betriebsversammlung ihren verschärften Sparkurs. "Wir haben noch ein Jahr, vielleicht zwei Jahre Zeit, das Ruder herumzureißen. Aber diese Zeit müssen wir nutzen", sagte Konzern-Finanzchef Arno Antlitz. "Wir geben in der Marke seit geraumer Zeit schon mehr Geld aus, als wir einnehmen. Das geht nicht gut auf Dauer."
Der Konzern begründete die geplanten Maßnahmen mit dem schwachen Autoabsatz. "Es fehlen uns die Verkäufe von rund 500.000 Autos, die Verkäufe für rund zwei Werke", sagte Finanzchef Antlitz. Das habe nichts mit den Produkten des Konzerns zu tun oder mit schlechter Leistung des Vertriebs.
Der Markt ist schlicht nicht mehr da.
Arno Antlitz, VW-Finanzchef
Markenchef Thomas Schäfer sagte, das Unternehmen habe gute Produkte in der Pipeline und wolle sie erfolgreich auf den Markt bringen. "Dafür brauchen wir jetzt Geld, um kräftig zu investieren."
Werksschließungen in Deutschland kein Tabu mehr
VW hatte am Montag angekündigt, die seit drei Jahrzehnten geltende Beschäftigungssicherung aufzukündigen. Zudem drohte das Unternehmen damit, erstmals in seiner Geschichte Werke in Deutschland zu schließen.
Kanzler Scholz schaltet sich in VW-Krise ein
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach nach Angaben eines Regierungssprechers sowohl mit dem Management als auch mit der Konzernbetriebsratsvorsitzenden sowie Aufsichtsrats-Mitgliedern. Dem Kanzler sei die Bedeutung von VW als eines der größten Unternehmen der Autoindustrie klar.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte, es müsse gelingen, mit allen Beteiligten dafür zu sorgen, dass alle Standorte gesichert und betriebsbedingte Kündigungen bei VW vermieden werden. Deshalb sei jetzt die Stunde der Betriebs- und Sozialpartnerschaft.
Spekulationen um gefährdete Standorte
VW macht bisher keine Angaben, ob tatsächlich ganze Werke geschlossen werden sollen und welche Standorte konkret es treffen könnte. Sorgen machen sich vor allem die Standorte außerhalb Wolfsburgs.
Übersicht über die Standorte von VW in Deutschland
Der Konzern hatte zuvor erklärt, Werkschließungen wären nur die letzte Maßnahme, wenn es nicht gelinge, mit schnellen Maßnahmen gegenzusteuern. Bei VW wäre es das erste Mal seit 1998, dass ein Werk komplett verschwindet. Damals hatte VW die Fabrik in Westmoreland in den USA dicht gemacht. In Deutschland wurde noch nie ein VW-Werk geschlossen.
Umfang des Stellenabbaus unklar
Bisher lässt VW auch offen, wie viele Stellen wegfallen könnten. Der Konzern hatte nur erklärt, dass der bisher mit dem Betriebsrat vereinbarte Stellenabbau über Altersteilzeit, Abfindungen und das Nichtbesetzen frei werdender Stellen nicht mehr ausreiche. Bis 2026 sollen die Personalkosten in der Verwaltung um 20 Prozent sinken. Wie viele Stellen dafür wegfallen müssen, ließ VW bisher stets offen. Es gehe um die Summe, nicht um Köpfe.
Quelle: dpa
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Quelle: dpa, Reuters
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