Autohersteller unter Druck: Mercedes für alle statt Luxus?

Autohersteller unter Druck:Strategie-Update: Mercedes für alle statt Luxus?

von Lisa Brockschmidt

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Konzernchef Ola Källenius wollte Mercedes noch stärker zur Luxusmarke ausbauen. Doch das geht im aktuellen Marktgeschehen nicht mehr auf.

Der Mercedes-Stern dreht sich auf einem Gebäude eines Mercedes-Benz-Autohauses.

Mercedes-Benz nimmt eine strategische Neuausrichtung vor.

Quelle: dpa

Luxuriöse Autos und Maybach-Kollektionen finden sich nach wie vor bei Mercedes-Benz. Doch das Wort Luxus ist aktuell intern etwas verpönt, wird von manchen zum bösen L-Wort zensiert, geben "Handelsblatt"-Quellen preis.

Ohne große Ankündigung scheint der Autobauer seine Modellstrategie also anzupassen. Weg vom L-Wort, hin zum erschwinglicheren Premium-Produkt.

Bratzel: Strategiewechsel bei Mercedes-Benz sinnvoll

Das sei sinnvoll, sagt Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach. Luxus könne eben auf mehrere Arten interpretiert werden - auch negativ im Sinne von Protz oder als nicht erreichbar.

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Man wolle die "begehrenswertesten Autos der Welt" bauen und eine der sechs Strategiesäulen bleibe es, Luxusautomarke zu sein, schreibt eine Sprecherin des Konzerns auf Anfrage. Der Anteil von S- und G-Klasse, AMG und Co. sei mit aktuell 15 Prozent des Gesamtabsatzes ein wesentlicher Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg, heißt es von Mercedes-Benz.

Der Markenkern sollte auch bleiben, um sich von den Wettbewerbern Audi und BMW abzuheben, sagt Helena Wisbert, Professorin für Automotive Economics an der Ostfalia-Universität.

Marktgeschehen erschwert Preisrabatte

Die geplante Absatzsteigerung bei den teuren Modellen um rund 60 Prozent ist dennoch nicht geglückt, es wurden etwa 35 Prozent. Laut Wisbert fehlte die letzten Jahre während der konsequenten Luxusstrategie schlicht die Flexibilität für Rabatte. Bei den Konkurrenten Audi und BMW habe es für Kunden mehr Preisnachlässe gegeben.

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Um das Verkaufsvolumen wieder zu steigern, ergebe eine Strategieabweichung Sinn, sagt Wisbert. Der Anspruch des begehrenswertesten Angebots gilt aber laut Mercedes segmentübergreifend. Ein neues Einstiegsmodell werde sich noch stärker an jüngere Zielgruppen in Europa wenden.

Standortverlagerungen für günstigere Autopreise?

Das "Handelsblatt" berichtet aus Konzernkreisen, es solle sich optisch und preislich an der A-Klasse orientieren. Es koste als Basismodell rund 34.000 Euro. "Immer noch ein happiger Einstiegspreis" findet Wisbert.

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Die Markt- und Konkurrenzsituation habe sich seit der Pandemie stark verändert, sagt Autoexperte Bratzel. Außerdem hätten viele Menschen durch die Wirtschaftslage weniger Geld. Man dürfe keine Zielgruppe kategorisch ausschließen.

Es ist schon richtig, dass man Wege sucht, wie man Mercedes auch mit kleinerem Geldbeutel fahren kann.

Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM)

Die niedrigeren Preisanforderungen bei gleichbleibendem Qualitätsanspruch könnten dann aber dazu führen, dass Produktionen wie die der Einstiegsklasse an günstigere Standorte verlagert werden, etwa nach Ungarn, so Bratzel.

Mercedes-Chef will Absatz wieder steigern

Die deutsche Automobilindustrie hat schon länger mit erschwerten Produktionsbedingungen zu kämpfen: Zollstreit, Chip-Engpässe oder günstige Elektro-Importe. Das hat Mercedes auch bei den Verkaufszahlen gemerkt.

Vergangenes Jahr war die Zahl der verkauften Pkw unter die Marke von zwei Millionen gefallen. Das will Mercedes-Chef Källenius wieder ändern und den Absatz auf bis zu 2,2 Millionen Fahrzeuge steigern. Zu diesem Plan könnten auch die Gespräche mit der Autovermietung Sixt gehören, an die wohl mehr Modelle verkauft werden sollen.

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Vermietungsfirmen seien ein typischer Weg, um Absatzzahlen zu steigern, "allerdings auch der unlukrativste", sagt Expertin Wisbert. Sich dabei an Sixt, einen der teuren Anbieter, zu wenden, passe wiederum zur Marke. Da Mietwagen immer eine erweiterte Probefahrt seien, könne man so auch potenzielle Neukundschaft an die Marke heranführen.

Experte: Neue Rahmenbedingungen erfordern Anpassung

Für Källenius ist es die zweite Strategie, von der er sich wieder verabschieden muss. Denn auch der Plan, bis Ende 2030 nur noch vollelektrische Neuwagen anzubieten, scheitert.

Zu sehen sind die Logos der deutschen Autohersteller Audi (l.), Volkswagen (Mitte) und Mercedes (r.).

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Der Konzern korrigierte die Pläne nach unten, auf mindestens 30 Prozent E-Autos und Hybride bis 2027. Beides sei laut Bratzel aber nicht nur auf Fehleinschätzungen von Källenius zurückzuführen.

Die Rahmenbedingungen haben sich geändert, und da muss man sich jetzt schnell anpassen.

Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management (CAM)

Lisa Brockschmidt ist Redakteurin im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.

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