Neues Rheinmetall-Werk: Hilft der Rüstungsboom der Wirtschaft?

Rheinmetall eröffnet neue Fabrik:Hilft der Rüstungsboom der Wirtschaft?

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von Svenja Bergerhoff
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Nachrichten von Stellenabbau häufen sich in der Industrie. Die Signale aus der Rüstungsbranche aber sind positiv. Kann das unserer gesamten Wirtschaft helfen?

24.07.2025, Niedersachsen, Unterlüß: Der Schriftzug vom Rüstungsunternehmen Rheinmetall steht an einem Gebäude im Rheinmetall-Werk in Unterlüß.

Der Rüstungskonzern Rheinmetall weiht sein neues Munitionswerk ein. Dafür werden Vizekanzler Klingbeil, Verteidigungsminister Pistorius und Nato-Generalsekretär Rutte erwartet.

27.08.2025 | 1:34 min

Am größten Standort des Unternehmens Rheinmetall, im niedersächsischen Unterlüß, wird heute ein neues Munitionswerk eröffnet - in Rekordzeit von 18 Monaten gebaut, mit neuen Jobs für etwa 500 Menschen.

Wie groß die Bedeutung der Rüstungsindustrie in Deutschland und in Europa inzwischen ist, zeigt ein Blick auf die Gästeliste: Neben Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) und Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) kommt auch Nato-Generalsekretär Mark Rutte.

Noch in diesem Jahr sollen rund 25.000 Stück Artilleriemunition in Unterlüß gefertigt werden. 2027 plant der Rüstungskonzern Rheinmetall mit 350.000 Stück "made in Unterlüß". Auch eine weitere Ausweitung des Standortes soll schon in Planung sein.

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Niedersachsen attraktiv für Rüstungsfirmen

Unterlüß liegt in der Lüneburger Heide. Ein Landstrich, der nicht unbedingt für seine wirtschaftliche Stärke bekannt ist. Vom neuen Werk wird aber wohl zumindest die lokale Wirtschaft profitieren. Die Gemeinde will mit den Mehreinnahmen durch die Gewerbesteuer unter anderem das örtliche Schwimmbad sanieren. Das alles hält jedoch nur, solange der Rüstungsboom besteht.

Niedersachsens Wirtschaftsminister Grant Hendrik Tonne sieht in der zunehmenden Ansiedlung von Rüstungsunternehmen eine Chance für das Bundesland, denn:

Niedersachsen ist ein bedeutender Bundeswehrstandort, und zwar durch alle Bereiche, durch Heer, Luftwaffe, Marine.

Grant Hendrik Tonne, Wirtschaftsminister von Niedersachsen

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Osnabrück ein weiterer Standort für Rüstungsindustrie?

Immer wieder gibt es zudem Gerüchte über einen neuen Rheinmetall-Standort - in Osnabrück. Das dortige VW-Werk soll perspektivisch verkauft werden, der Konzern Volkswagen fertigt dort nur noch bis Mitte 2027 Autos. Schon jetzt sind ehemalige Arbeiter aus der Automobilbranche in der Rüstungsindustrie untergekommen.

Eine Übernahme des Osnabrücker VW-Werkes scheint zumindest eine realistische Option für Rheinmetall zu sein. Konzern-Chef Armin Papperger sprach zuletzt davon, Osnabrück sei "im Spiel", sollte der Rüstungskonzern zusätzliche Kapazitäten benötigen.

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Positive Effekte nur gering

In diesem Punkt, also der Sicherung von Arbeitsplätzen, könnte die Wirtschaft von dem Boom in der Rüstungsindustrie profitieren, analysiert auch Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Er fügt allerdings hinzu:

Die Rüstungsindustrie ist hierzulande ein vergleichsweise kleiner Wirtschaftsbereich, etwa zur Automobilindustrie haben wir ein Verhältnis von 1 zu 10.

Stefan Kooths, IfW Kiel

"Ja, es ist derzeit ein stark wachsender Bereich, aber auch hier werden die Kapazitäten begrenzt, insbesondere dadurch, dass das Fachkräftereservoir beschränkt ist", so Kooths.

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Der Fachkräftemangel schlägt also auch hier zu Buche. Mittel- und langfristig könne die Gesamtwirtschaft in Deutschland von einer erhöhten Forschungsaktivität der Rüstungsindustrie durch sogenannte "Innovation spillover"-Effekte profitieren. Das heißt, wenn Entwicklungen aus dem militärischen auf den zivilen Bereich übertragen werden können.

Solche Effekte aber sind laut Kooths "hochgradig unsicher". Und im Falle von Stätten wie der neuen Munitionsfabrik von Rheinmetall nicht zu erwarten.

Von daher sollten wir uns nicht der Hoffnung hingeben, dass die erhöhten Rüstungsausgaben jetzt noch mit einer doppelten Dividende im Sinne eines höheren gesamtwirtschaftlichen Wachstums einhergehen können.

Stefan Kooths, IfW Kiel

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Experte: "Es wird uns alle Wohlstand kosten"

Am Ende werde die Aufrüstung der Wirtschaft insgesamt nicht zu einem Aufschwung verhelfen können, auch wenn sie aus sicherheitspolitischen Zwecken als nötig erachtet werde. "Es mag dafür gute Gründe geben, aber man sollte sich dann nicht die Illusion machen, dass das Ganze dann praktisch unter dem Strich auch noch ein Plus bedeuten würde. Es wird uns alle Wohlstand kosten."

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