Altkleiderbranche in der Krise:Warum sich die Container nicht mehr lohnen
Minderwertige Ware, wegbrechende Märkte für die Weiterverwertung und eine generelle Vermüllung von Containern und Plätzen: Das Geschäft mit Altkleidern steckt schwer in der Krise.
Viele Kleidungsstücke landen in Altkleidercontainern. Diese werden dann schnell zur Mülldeponie.
Quelle: dpaIm Frühjahr und Herbst wird regelmäßig der Kleiderschrank ausgemistet - nur, wohin damit? Selbst verkaufen? Zu anstrengend. Wegwerfen? Zu schade. Altkleidercontainer - genau!
Bisher landete das meiste an alter Kleidung im Müll. Aufgrund einer neuen EU-Richtlinie ist das seit Januar verboten. Jetzt landet alles in Containern und das führt zu Problemen.
28.08.2025 | 1:27 minMan tut was für die Umwelt, und Sammler können sich mit den Alttextilien noch etwas dazu verdienen. Doch dann geht man zu den Containern und erschrickt: Es sind mittlerweile häufig überquellende Müllkippen.
Zu hoher Konsum
Eine Million Tonnen pro Jahr landet in Deutschland in Altkleidercontainern. Das wäre eine Schlange voller voll bepackter Lkw, die von Flensburg bis an die Alpen reichen würde. Tendenz: steigend. Schuld daran haben auch wir Konsumenten, sagt Thomas Ahlmann, Geschäftsführer des Dachverband FairWertung e.V.:
Unser Bekleidungskonsum hat sich mittlerweile völlig vom Bedarf entkoppelt. Wir (…) müssen immer mehr aussortieren, weil unsere Schränke schlicht voll sind und wir am Ende der Kette, unsere Sammler, bekommen dann sozusagen die Quittung des Konsums.
Thomas Ahlmann, Dachverband FairWertung e.V
Gleichzeitig ist die Qualität der Textilien so schlecht geworden, dass sie kaum noch für eine Zweitverwertung in Frage kommen. Eine neue Richtlinie der EU, die untersagt, Textilien im Hausmüll zu entsorgen, verschärft die Situation.
Nun werden viele Textilien, die nicht mehr brauchbar sind, ebenfalls in den Altkleidercontainer geworfen. Dabei sollte untragbare Kleidung unbedingt weiterhin entweder auf einer Mülldeponie oder im Restmüll entsorgt werden, Bußgelder drohen dafür nicht.
Was bedeutet die neue EU-Richtlinie für Kommunen und Verbraucher in Deutschland?
29.01.2025 | 1:44 minKommerzielle Anbieter zahlen drauf
Die schlechte Qualität der Alttextilien ist ein großes Problem für kommerzielle Sammler wie TEXAID. Das Unternehmen meldete im Sommer Insolvenz an, weil sich die Verwertung als Second-Hand-Mode in Drittländern - ein wichtiges Standbein - nicht mehr rechnet.
Wenn man an Ultra-Fast-Fashion-Marken denkt, dann kann man die als Second-Hand-Textilien eigentlich fast gar nicht mehr vermarkten, weil die auch in den Ländern, wo wir hin vermarkten, angeboten werden.
Martin Böschen, Geschäftsführer TEXAID
Von Ländern wie China zum Beispiel, die mit ihrer superbilligen Ultra-Fast-Fashion in diese Märkte drängen. Ein neues Kleidungsstück ist dann womöglich nur einen Euro teurer als ein Second-Hand-Kleidungsstück vom Altkleiderverwerter.
Doch es hat noch einen anderen Grund, dass der Markt eingebrochen ist: Kriege wie der in der Ukraine haben dazu geführt, dass Absatzmärkte weggefallen sind.
Karitative Vereine sind auf Altkleidersammlungen angewiesen
Karitative Vereine verkaufen die Kleidungsstücke aus den Containern meist in der vereinseigenen Kleiderkammer. Vom Erlös werden neue karitative Projekte unterstützt.
So würden dem Deutschen Roten Kreuz Wiesbaden ohne ihre Altkleidercontainer jährlich etwa 80.000 Euro fehlen. Diese Erlöse sind allerdings auch nur möglich, weil viele Ehrenamtliche in der Altkleidersammlung, -sortierung und -aufbereitung mithelfen.
Das Problem mit den Altkleidercontainern
Vermüllte Containerplätze sind vor allem Anwohnern ein Dorn im Auge. Zuständig für die Ordnung in den Containern und drumherum sind die Sammler selbst. Allerdings kommen sie meist nicht mehr nach: Wenn Sie am Tag zum Beispiel zehn Plätze anfahren müssen, auf dem ersten aber bereits eine halbe Stunde damit zubringen müssen, Müll zu entsorgen, kommen sie mit ihrer Route in Verzug.
Die letzten Container können dann manchmal gar nicht mehr geleert werden. Auf vielen Plätzen sieht es außerdem bereits ein paar Stunden nach Leerung wieder aus wie vorher. Die Leerung selbst ist auch aufwändiger, die Sammler müssen vorsichtig sein, denn in den Containern finden sich nicht nur Kleidungsstücke, sondern auch Kosmetika, Geschirr, Schlachtabfälle und - in einigen besonders heftigen Fällen - sogar tote Haustiere.
Dachverband fordert Gesetzesänderung
In zwei Jahren wird die EU das Thema "Altkleider" wieder auf der Agenda haben. In Planung ist, dass die Hersteller an den Entsorgungskosten beteiligt werden, ähnlich wie beim Grünen Punkt. Bis dahin sieht Thomas Ahlmann vom Dachverband FairWertung e.V. aber nur eine Möglichkeit, aus Müllkippen wieder nachhaltige Containerinseln zu machen:
Wir sind an einem Punkt, wo wir sagen müssen als Gesellschaft, die Stadtsauberkeit obliegt den Abfallwirtschaftsbetrieben vor Ort, das sollte die Aufgabe der Abfallwirtschaftsbetriebe sein. Die Kosten dafür müssen dann umgelegt werden über die Abfallgebühren.
Thomas Ahlmann, Dachverband FairWertung
Das würde natürlich für alle Bürgerinnen und Bürger Mehrkosten bedeuten - aber Thomas Altmann sieht das auch als einen guten Impuls, um den eigenen Konsum zu überdenken.
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