Vor Trump-Putin-Gipfel: Kann Europa Trump überzeugen?

Vor dem Trump-Putin-Treffen:Kann Europa Trump überzeugen?

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 Wolodymyr Selenskyj, Friedirch Merz und Donald Trump.

Vor dem Gipfel in Alaska will Europa mit der Ukraine Einfluss auf Donald Trump nehmen. Was kann die Videokonferenz mit dem US-Präsidenten bewirken? ZDFheute live analysiert.

Kurz vor dem Treffen zwischen US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin in Alaska versuchen die europäischen Partner die Ukraine zu stärken.
Europa, die USA und die Ukraine müssten Russland zu einem Frieden zwingen, fordert der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. "Es muss Druck auf Russland ausgeübt werden für einen fairen Frieden", sagte er. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) empfing Selenskyj am Mittag im Kanzleramt in Berlin.

Deal ohne Beteiligung der Ukraine befürchtet

Die Europäer und Selenskyj befürchten, dass sich Trump und Putin in Alaska auf Gebietsabtretungen beziehungsweise einen "Gebietstausch" der Ukraine mit Russland verständigen könnten, was Kiew strikt ablehnt. Sie dürften von Trump eine Zusage erreichen wollen, dass er mit Putin keinen Deal über die Köpfe der Ukrainer und der Europäer hinweg macht.

US-Hilfe für Ukraine kaum ersetzbar

Tatsächlich kann Trump Putin ohne Zustimmung der Ukraine keinerlei verbindliche Zusagen machen. Die USA können der ukrainischen Armee weder eine Feuerpause noch einen Rückzug aus eigenen Gebieten diktieren, zumal ein Territorialverzicht eine Änderung der ukrainischen Verfassung voraussetzen würde.
Trump verfügt allerdings über erhebliche Druckmittel: Neben Waffenlieferungen könnte er auch die Bereitstellung von Satellitendaten oder Geheimdienstinformationen aus den USA stoppen, die für die Ukraine im Krieg kaum zu ersetzen sind.

Russland verzeichnet massive Geländegewinne

Die russischen Streitkräfte haben derweil in der Ukraine den größten Geländegewinn binnen 24 Stunden seit mehr als einem Jahr erzielt. Wie die Auswertung von Daten des US-Instituts für Kriegsstudien (Institute for the Study of War) durch die Nachrichtenagentur AFP ergab, übernahm oder beanspruchte die russische Armee im Laufe des Dienstags die Kontrolle über ein Gebiet von 110 Quadratkilometern. Seit Ende Mai 2024 hatte sie nicht mehr so viel Gelände innerhalb eines Tages eingenommen.
Kann die Ukraine gemeinsam mit den europäischen Partnern Einfluss auf Trump nehmen? Was hat die Videokonferenz mit Trump und Vizepräsident JD Vance ergeben? ZDFheute live zeigt die Statements von Selenskyj und Merz. Die aktuelle Lage analysieren ZDF-Korrespondentin Dorthe Ferber in Berlin, Aylin Matlé von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik und ZDF-Korrespondent David Sauer in Washington.

Was ein Gebietstausch für die Ukraine bedeuten würde

Derzeit besetzt Russland etwa ein Fünftel der Ukraine. Zu den besetzten Gebieten gehören auch große Teile der strategisch wichtigen Industrieregion Donbass sowie Teile Saporischschjas, wo Russland Europas größtes Atomkraftwerk besetzt. Auch die Versorgung der Krim auf dem Landweg wäre durch eine dauerhafte Besetzung gefährdet.  
Ein Abkommen, das Kiew zu einem Tausch seines Territoriums zwingt, wäre aber nicht nur äußerst unpopulär, es wäre auch verfassungswidrig. Für die Verschiebung der Landesgrenzen bräuchte es ein landesweites Referendum. Würde Selenskyj im Verlauf der Verhandlung einem Gebietsabritt zustimmen, wäre dies ein Verfassungsbruch. Der ukrainische Präsident positionierte sich zuletzt deutlich gegen einen Gebietstausch.
Ihor Reiterowitsch, Politikprofessor an der Taras-Schewtschenko-Universität in Kiew, betrachtet die Diskussionen um einen Gebietstausch als Ablenkung. Ein Einfrieren des Konflikts entlang der aktuellen Front sei die einzige Option, die die Ukrainer akzeptieren könnten, sagte er mit Verweis auf aktuelle Umfragen.
Für die Ukrainerinnen und Ukrainer wäre ein solcher Schritt dennoch schwer hinzunehmen. Schließlich würde das bedeuten, dass das ukrainische Militär nicht in der Lage ist, verlorene Gebiete zurückzuerobern. Zudem hätte Russland die Chance, aufzurüsten und die geschwächte Ukraine in Zukunft wieder anzugreifen.
Mit Material von dpa, AP, AFP und ZDF.

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