Sozialwahl - was wird da gewählt?
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Etwa 51 Millionen sozialversicherte Bundesbürger sind bei der Sozialwahl, der drittgrößten Wahl in Deutschland gefordert. Doch was wird da überhaupt gewählt? Gert G. Wagner, Vorstand des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, erklärt.
Etwa 51 Millionen sozialversicherte Bundesbürger erhalten in diesen Tagen die Wahlunterlagen zur drittgrößten Wahl in Deutschland, der Sozialwahl. Doch was wird da überhaupt gewählt? Gert G. Wagner, Vorstand Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, bringt Licht ins Dunkel.
Die Mitglieder der gesetzlichen Renten- und Krankenkassen wählen Vertreter in einen Verwaltungsrat. Die eine Hälfte dieses Gremiums bestimmen die Arbeitgeber, die andere Hälfte die Arbeitnehmer. Die Gewählten sollen dann gegenüber den Kassenchefs und der Regierung die Interessen der Versicherten vertreten.
Zur Wahl stehen keine Einzelpersonen, sondern Listen, zum Beispiel die Gewerkschaften oder andere Arbeitnehmervereinigungen. Eine Art Wahlkampf gibt es bei der Sozialwahl nicht. Wer wissen möchte, für welche Ziele die verschiedenen Listen stehen, kann sich auf den Internetseiten der Sozialwahl informieren. Experten vermuten, dass nur jeder Dritte von seinem Wahlrecht Gebrauch macht.
Einflussbereiche der Vertreter
Die Versichertenvertreterinnen und -vertreter entscheiden zum Beispiel darüber, wer an die Spitze einer Krankenkasse berufen wird. Sie treffen Beschlüsse über die Haushalte der Versicherungsträger, entscheiden über Bonusprogramme, Wahltarife, Modellvorhaben und besondere Versorgungsformen, etwa im Bereich chronischer Erkrankungen. „Das sind alles Dinge, die im Alltag der Menschen eine Rolle spielen“, sagt Gert G. Wagner, Vorstand des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung. Dies gelte auch für Reha-Programme, über deren Gestaltung die Vertreterinnen und Vertreter entscheiden. „Zum Beispiel bei der Deutschen Rentenversicherung sind davon jährlich über eine Million Menschen betroffen“, skizziert er.
Besonders wichtig sei die Tatsache, dass die Vertreterversammlungen der Rentenversicherungen und die Verwaltungsräte der Krankenkassen die Mitglieder der Widerspruchsausschüsse wählen. „An diese Widerspruchsausschüsse können sich die Versicherten wenden, wenn sie mit Entscheidungen ihrer Rentenversicherung oder ihrer Krankenkasse nicht einverstanden sind“, erklärt Wagner. Die Widersprüche werden ohne langwierige Verfahren bearbeitet. So werden Rechtsstreitigkeiten vermieden, die sich sonst über Jahre ziehen könnten. Der Experte führt folgendes Beispiel an: Bei der Rentenversicherung (Bund) wird gegen etwa zehn Prozent der Bescheide zu medizinischen Reha-Maßnahmen Widerspruch eingelegt. Über die Hälfte der Widersprüche ist erfolgreich. „Ohne die Streitklärung innerhalb der Rentenversicherung müssten diese Versicherten vor Gericht ziehen. An der Stelle zahlt sich die Selbstverwaltung für den Einzelnen unmittelbar aus“, so Wagner.
Zusammensetzung schon im Vorfeld klar?
Über die 15 zu vergebenden Mandate in der Vertreterversammlung der Deutschen Rentenversicherung (Bund) entscheiden die dazu aufgerufenen Wählerinnen und Wähler. Wer aber sein Rentenkonto bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg hat, erhält keine Wahlunterlagen, weil dort eine sogenannte „Wahl ohne Wahlhandlung“ stattgefunden hat. „Wir haben also Versicherte, die können mit ihrer Stimme voll und ganz über die Versichertenmandate entscheiden. Und wir haben Versicherte, die können nicht abstimmen. Diese beiden Möglichkeiten sieht das Gesetz vor“, erklärt Gert C. Wagner.
Dort, wo sich die Beteiligten auf ein Personalkonzept einigen können, wird nicht abgestimmt, weil die Wählerinnen und Wähler nur über die zuvor vereinbarte Liste abstimmen könnten. „Das wäre für Wählerinnen und Wähler nicht attraktiv“, so der Experte. Versicherte könnten jedoch eine Wahl erzwingen, indem sie neben dem vereinbarten Personalkonzept selbst eine Vorschlagsliste einreichen.
Jeder kann sich bei der gesetzlichen Krankenkasse, bei der er versichert ist, bei seiner Rentenversicherung oder seiner Berufsgenossenschaft als ehrenamtlicher Kandidat aufstellen lassen oder eine eigene Vorschlagsliste aufstellen. Letzteres allerdings nur mit einer Reihe von Mitstreiterinnen und Mitstreitern. Wer sein Amt antritt , ist an keine Weisungen gebunden und kann seine Kolleginnen und Kollegen von seinen Vorstellungen überzeugen. In den Gremien werden dann Mehrheitsentscheidungen getroffen.
Wagner: Eine Wahl, die Sinn macht
„Gehen Sie wählen! So demonstriert man die Bedeutung der Sozialversicherungen für die Gesellschaft – und für sich selbst“, sagt Gert C. Wagner. „Die ehrenamtlichen Beraterinnen und Berater helfen vielen Versicherten und Rentnern bei ganz konkreten Problemen. Außerdem entscheiden die Selbstverwaltungen über Widersprüche, wenn also ein Versicherter mit Entscheidungen seiner Versicherung nicht zufrieden ist. Die Mitglieder der Selbstverwaltung und die Beraterinnen und Berater engagieren sich in ihrer Freizeit und leisten eine ganz wichtige Arbeit.“
„Die Teilnahme an den Sozialwahlen stärkt den Selbstverwaltern den Rücken“, so Wagner weiter. Die Politik müsse dadurch mehr auf Kontinuität und Verlässlichkeit achten. „Als Reform würde sicherlich die Etablierung einer datenschutzrechtlich sicheren Online-Wahlmöglichkeit Sinn machen. Dadurch würde die Wahlbeteiligung steigen. Die Politik hat das auch erkannt – ich hoffe, dass bei der übernächsten Sozialwahl über das Internet online abgestimmt werden kann.“
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