Am 30. Mai ist Welt-MS-Tag. 2018 stand er unter dem Motto "Unheilbar optimistisch". Wir haben eine Frau getroffen, die an MS leidet und dieses Motto absolut verkörpert. Alle weiteren Infos über das Krankheitsbild gibt es hier.
Weltweit leben 2,5 Millionen Menschen mit Multipler Sklerose. In Deutschland leiden mehr als 200.000 Menschen an der Krankheit, jedes Jahr kommen circa 2500 Neuerkrankungen hinzu. Bei der Multiplen Sklerose entzünden sich verschiedene Stellen in Gehirn und Rückenmark. Die genauen Ursachen sind unklar, fest steht, dass das Immunsystem seine Abwehrkräfte plötzlich gegen eigenes Gewebe richtet - und das meist schon in sehr jungen Jahren.
Bekannte Krankheit mit unbekannter Ursache
Bei der Multiplen Sklerose (MS) handelt es sich um eine chronische Erkrankung, die nicht ansteckend und nicht zwangsläufig tödlich ist. Es handelt sich nicht um Muskelschwund und auch nicht um eine psychische Erkrankung. MS muss nicht bedeuten, dass die Patienten immer im Rollstuhl enden. Solche und weitere Vorurteile über MS werden immer wieder laut.
Grund für die immer wieder aufkeimenden Vorurteile ist auch eine Unsicherheit der Menschen im Umgang mit der Krankheit, die durch die Ungewissheit über deren Herkunft einhergeht. Die genauen Ursachen konnten auch bis heute nicht geklärt werden. Eine wichtige Rolle spielt aber eine Fehlsteuerung des Immunsystems, das körpereigenes Gewebe plötzlich als fremd ansieht und bekämpft. Auch genetische Faktoren haben Anteil an der Erkrankung.
Was passiert im Körper genau?
Das Gehirn ist wie eine Schaltzentrale zu verstehen. Signale werden über das Rückenmark von dort aus zum Körper gesendet und von ihm empfangen. Nervenfasern transportieren diese Informationen. Bei MS entzündet sich die Isolierschicht dieser Nervenfasern stellenweise.
Quelle: imago / All Canada Photos
Die Entzündungen greifen also die Hüllen von Nervenfasern an, die sogenannten Markscheiden, was dann zu neurologischen Ausfällen führen kann. Wenn das Gewebe zerstört wird, kommt es nach Abheilung der Entzündung zur Narbenbildung mit Verhärtungen. Manchmal heilen die entzündlichen Herde aber auch ohne Folgeschäden ab.
Forschung arbeitet auf Hochtouren
Forscher weltweit arbeiten intensiv daran, das große Rätsel über die genaue Ursache von Multipler Sklerose endlich zu lösen. Fachleute beschäftigen sich damit, die komplexen Steuerungsvorgänge des Immunsystems, die Reaktionen des Nervensystems und daraus abzuleitende Therapieansätze aufzudecken.
Internationale MS-Gesellschaften, wie die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG-Bundesverband), unterstützen die Forschung, sammeln deren Ergebnisse und versuchen das öffentliche Interesse für den Forschungsbereich aufrechtzuerhalten. Bis das Rätsel gelöst ist, wird weiterhin über MS als eine typische Autoimmunerkrankung gesprochen.
Wer erkrankt an Multipler Sklerose?
Die Multiple Sklerose tritt vor allem bei jungen Erwachsenen – um das 20. Lebensjahr herum – auf, einen zweiten Krankheitsgipfel gibt es bei Mittfünfzigern.
Frauen erkranken etwa drei- bis viermal häufiger unter bestimmten Autoimmunerkrankungen als Männer, dazu gehört auch die Multiple Sklerose. US-Forscher haben den Grund herausgefunden und über die National Academy of Sciences veröffentlicht: ein bestimmtes Protein im Gehirn, welches Multiple Sklerose mitverursacht, wird durch die Testosteronproduktion gehemmt. Eine Therapie von MS durch Testosteron ist jedoch wegen der erhöhten Nebenwirkungen nicht praktikabel.
Die Multiple Sklerose tritt in zwei wesentlichen Formen auf: schubförmig oder chronisch fortschreitend. Die Krankheit beginnt meist schubförmig, ungefähr bei 90 Prozent der Betroffenen. Bei der Hälfte der Betroffenen geht MS nach 10 bis 15 Jahren in die chronisch fortschreitende Form über. Bei der chronisch fortschreitenden Form gibt es praktisch keine Krankheitspause, die Beschwerden verschlechtern sich langsam und kontinuierlich.
Schub oder Attacke der Betroffenen
Bei einem Schub kommt es zu einem plötzlichen Ausfall von Funktionen, der dann vollständig oder teilweise wieder abklingt und eventuell dauerhafte Schäden hinterlässt. Wie häufig solche Attacken sind, lässt sich nicht vorhersagen.
Die Anzeichen eines Schubes können sehr unterschiedlich sein, je nachdem, wo sich die Entzündung gerade abspielt. Generell typisch sind aber Sehstörungen, Lähmungen und Taubheitsgefühle. Später können auch Blasenstörungen hinzukommen. Viele Patienten leiden unter Begleiterscheinungen wie starker Erschöpfung, Konzentrationsproblemen oder depressiven Verstimmungen.
Diagnose durch neurologische Untersuchung
Die Diagnose einer MS kann sehr schwierig sein und lange dauern, weil die Beschwerden so unterschiedlich ausfallen. Eine gründliche neurologische Untersuchung liefert Hinweise auf mögliche Ausfälle. Dazu misst man die Fähigkeit der Nerven, Impulse weiterzuleiten und untersucht das Nervenwasser aus dem Rückenmark auf mögliche Entzündungszellen. Denn die Entzündung greift die Hüllen von Nervenfasern an und kann sie komplett zerstören.
Die beste Darstellung der entzündlichen Herde gelingt dann in der Regel mit einer Kernspinuntersuchung. Damit lässt sich auch erkennen, ob die Schäden frisch oder älter sind.
Wirksame Therapie gibt es nur gegen Schübe
Für die chronisch fortschreitende MS existiert bis heute keine wirksame Therapie, für die schubförmige gibt es dagegen eine ganze Palette. Die Medikamente setzen überwiegend direkt am Immunsystem an und unterdrücken die fehlgesteuerten Reaktionen. Manche Medikamente gibt es in Tablettenform, andere müssen gespritzt werden. Mit modernen Substanzen gelingt es heute, die Rate an Schüben um 30 bis 70 Prozent zu reduzieren. Akute Schübe werden mit Kortison behandelt.
Neben der medikamentösen Therapie raten Ärzte dazu, dass die Patienten so viel Sport wie möglich treiben, um zum Beispiel Koordinationsfähigkeit, Belastbarkeit und Gleichgewicht zu trainieren. Darüber hinaus ist es ratsam, verschiedene Übungen zu Fitness oder Gleichgewicht in den Alltag einzubauen, zum Beispiel beim Zähneputzen den Stand auf einem Bein zu üben, die Treppe anstelle des Aufzugs zu nehmen oder öfter das Auto durch das Rad zu ersetzen. Mit allen Maßnahmen gelingt es vielen MS-Patienten inzwischen, ein fast normales Leben zu führen.