In Deutschland leben rund 1,7 Millionen Menschen mit Demenz, davon zwei Drittel davon mit Alzheimer. Die Brille zu vergessen, kann jedem passieren – doch Demenz geht weit über die übliche Vergesslichkeit hinaus. Wie kann man eine Demenzerkrankung frühzeitig erkennen?
Die Demenz zählt zu den häufigsten Gesundheitsproblemen im Alter. Demenz ist der medizinische Oberbegriff für einen fortschreitenden Abbauprozess im Gehirn. Diesem Prozess können viele Ursachen zugrunde liegen, wobei die Alzheimer-Krankheit die häufigste ist.
Wer den dringenden Verdacht hegt, selbst dement zu sein oder deutliche Anzeichen bei einem Angehörigen entdeckt, sollte zunächst den Hausarzt konsultieren. Für eine sichere Diagnose ist anschließend der Spezialist gefragt. Dafür sollte entweder ein Neurologe oder eine Gedächtnissprechstunde in einer Fachklinik aufgesucht werden.
Das US-amerikanische National Institute On Aging hat einen Katalog entwickelt, der hilft, eine mögliche Demenz im Frühstadium zu erkennen.
Eine Person wiederholt immer wieder die gleiche Frage.
Sie wiederholt ständig die gleiche kurze Geschichte.
Sie weiß nicht mehr, wie bestimmte alltägliche Verrichtungen funktionieren (Kochen, TV-Fernbedienungen, Kartenspiele).
Sie hat den sicheren Umgang mit Geld, Überweisungen und Ähnlichem verloren.
Sie findet viele Gegenstände nicht mehr oder legt sie an ungewöhnliche Plätze (unabsichtliches Verstecken) und verdächtigt andere Personen, den vermissten Gegenstand genommen zu haben.
Sie vernachlässigt anhaltend ihr Äußeres, bestreitet dies aber.
Sie beantwortet Fragen, indem sie die ihr gestellte Frage wiederholt.
Mit "Uhrentest" zur Diagnose
Die Untersuchung beginnt mit einem ausführlichen Gespräch mit dem Betroffenen und dessen Angehörigen. Anschließend nimmt der Arzt Blut ab und untersucht den Patienten neurologisch. Zentraler Bestandteil ist in der Regel der sogenannte "Uhrentest", bei dem eine vorgegebene Uhrzeit mit großem und kleinem Zeiger gezeichnet werden muss. Dazu kommen Tests, die das Kurzzeitgedächtnis überprüfen. Mithilfe von bildgebenden Verfahren wie Computer- oder Kernspintomographie kann der Arzt Beeinträchtigungen bestimmter Hirnbereiche erkennen. Ein EKG überprüft die Herzfunktion.
Die Ärzte müssen ausschließen, dass hinter dem auffälligen Verlust an Geisteskraft und der wachsenden Unfähigkeit, den Alltag zu bewältigen, andere Krankheiten als eine Demenz stecken. Dazu zählen Parkinson, ein Schlaganfall oder Hirntumor. Möglicherweise sind aber auch Medikamente, Alkohol, Drogen oder eine Depression für den Gedächtnisverlust verantwortlich.
Eine Demenzerkrankung entwickelt sich schleichend – meist über 20 Jahre, ohne dass man etwas davon bemerkt. Wenn Gedächtnis- oder Orientierungsstörungen in auffälliger, regelmäßiger Weise auftreten, ist das ein erstes Anzeichen. Allerdings wird das Gedächtnis auch bei Gesunden im Alter schwächer. Im Frühstadium ist die Krankheit daher sehr schwer zu erkennen.
Zwischen der schleichenden Entwicklung und dem Übergang zur Alzheimer-Erkrankung liegen meist etwa fünf Jahre. In dieser Zwischenphase kann man die Krankheit bereits sehr gut diagnostizieren. Es gibt Tests, mit denen man die geistige Leitungsfähigkeit prüfen kann. Desweiteren gibt es bildgebende Untersuchungsverfahren wie MRT oder PET. Auch ein Nachweis anhand des Liquors (Nervenwasser) ist möglich.
Mit Medikamenten den Verlauf bremsen, Heilung gibt es noch nicht
Die heute verfügbaren Medikamente können die Symptome lediglich lindern und den Krankheitsverlauf verzögern. Antidementiva können den geistigen Verfall verlangsamen. Weltweit laufen momentan über 120 Arzneimittelstudien - Hoffnung auf schnelle Lösungen gibt es aber nicht.
Mindestens zehn Jahre dauert es bis zur Zulassung neuer Medikamente. Ein großer Hoffnungsträger ist die Entwicklung eines Impfstoffes gegen Alzheimer. Weitere Ansätze sind klassische Pharmawirkstoffe, Stammzellen oder auch eine Gentherapie. Das ehrgeizige Ziel der Forscher ist es, Demenzen nicht nur aufzuhalten, sondern bereits vorhandene Schäden zu reparieren oder einzugreifen, bevor krankhafte Prozesse im Gehirn entstehen.
Bewegung hilft
Viele Therapien beschäftigen sich mit den auftretenden Defiziten in den frühen Phasen einer Demenz. Die Forschung und Erprobung neuer präventiver Behandlungsansätze läuft auf Hochtouren – so auch am Forschungszentrum für neurodegenerative Erkrankungen (DNZE) in Magdeburg.
Dort haben Ärzte herausgefunden, dass durch ein kombiniertes Gedächtnis- und Bewegungstraining auf einem Laufband im Gehirn wieder neue Nervenzellen wachsen können. Das heißt also: körperliche und geistige Betätigungen verlangsamen den Verlauf einer Demenz.
Nach heutigem Kenntnisstand kann eine gesunde Lebensführung den Ausbruch von Demenzerkrankungen verzögern. Gesunde Ernährung (mediterrane Kost), Sport, kontinuierliches Gedächtnistraining und viele soziale Kontakte können vorbeugend wirken. Nikotin- und Alkoholmissbrauch erhöhen das Risiko für die Entwicklung einer Demenz.
Auch Betreuer im Fokus
Mehr als zwei Drittel der Betroffenen werden zu Hause von ihren Angehörigen meist rund um die Uhr versorgt. Viele von ihnen sind mit der Pflege überfordert und werden selbst krank. Die meisten Pflegenden zählen zur Sandwich-Generation, die sowohl Kindererziehung wie auch die Pflege der Alten bewältigen muss.
In Deutschland haben sich Gesundheitspolitiker lange auf das sogenannte "Töchterpflegepotenzial" verlassen. 80 Prozent der Pflegenden sind weiblich. Mehr Verständnis und Lebensqualität für Betroffene und deren Angehörige ist ein erklärtes Ziel aller Interessensvertreter und Politiker. Die "Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz" ist bundesweit eine wichtige Anlaufstelle. Der Verein ist in allen Regionen Deutschlands vertreten.
Neben Selbsthilfegruppen bietet das Internet zahlreiche Foren, in denen sich Angehörige austauschen und Rat holen können. Verhaltenstherapien sind ebenfalls ein Angebot, die Probleme, die bei der Pflege auftauchen, zu bewältigen.
Juristen raten dazu, Fragen wie die nach der Vorsorgevollmacht, Haftpflicht, Patientenverfügung und dem Testament frühzeitig zu klären. Spätestens, wenn ein Demenzkranker geschäftsunfähig wird, muss eine juristische Vertretung für ihn bestimmt werden.
Das Alzheimer-Telefon berät und informiert rund um das Thema Demenz. Rufnummer: 01803 - 17 10 17 (0,09 Euro/Minute aus dem deutschen Festnetz, Anrufe aus dem Ausland oder den Handynetzen sind unter dieser Nummer nicht möglich) oder 030 - 2 59 37 95 14.
Eingerichtet von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz für Betroffene, Angehörige, ehrenamtlich und beruflich Engagierte. Beratungszeiten sind montags bis donnerstags 9 bis 18 Uhr, freitags 9 bis 15 Uhr.