Abseits der großen Turniere:Warum Tennisprofis die Sorge ums Geld plagt
von Jannik Schneider
|
Insgesamt fast 63 Millionen Euro Preisgeld werden beim Rasen-Klassiker in Wimbledon für die Spieler ausgeschüttet. Sorgenfrei lebt im Profitennis aber längst nicht jeder.
Nicht alle Profispielerinnen und -spieler verdienen so gut, um finanziell sorgenfrei leben zu können.
Quelle: Imago
Etwas mehr als 3,5 Millionen Euro werden die Siegerin und der Sieger der Einzelturniere beim prestigeträchtigsten Tennisturnier der Welt einstreichen. Schon die Teilnahme an Runde eins des am Montag gestarteten Rasen-Klassikers in Wimbledon garantiert den Profis 77.500 Euro Preisgeld.
Insgesamt schüttet der Veranstalter rund 63 Millionen Euro aus - doppelt so viel wie noch vor zehn Jahren. Der Trend: immer größer werdende Preisgeldtöpfe bei den vier Grand-Slam-Turnieren.
Profis in zweiter und dritter Reihe zahlen oft drauf
Doch gespielt wird Profitennis von Januar bis in den Dezember hinein nicht nur auf den großen ATP- und WTA-Touren der Männer und Frauen, sondern auch auf der zweit- und drittklassigen Challenger- und Futuretour. Dort müssen sich Profis für einen Bruchteil der Wimbledon-Preisgelder mit Konstanz nach oben spielen, um eine Chance auf die Teilnahme bei größeren Turnieren zu haben.
Viele verlieren dabei Geld. Selbst das Erreichen der großen Turniere ist nicht gleichbedeutend mit finanzieller Sorgenfreiheit, wie Tennisprofi Taro Daniel erklärt.
Verdienst wird von Kosten aufgefressen
Der 32-jährige Japaner stand unter den besten 60 Spielern der Weltrangliste, besiegte Novak Djokovic und Andy Murray und erreichte unter anderem die dritte Runde der Australian Open. Erreichtes Karrierepreisgeld: 4,7 Millionen US-Dollar.
In der zweiten Qualifikationsrunde von Wimbledon verlor er nun. 2025 verdiente er bisher 180.000 US-Dollar. Diese Summe werde laut Daniel von den Kosten aufgefressen. "Diese Zahlen sind einfach nicht echt", sagte er der "Financial Times".
Garantie auf Erfolg gibt es nicht
Auf das Preisgeld zahlt er bei Turnieren im Ausland bis zu 40 Prozent Steuern. "Die Turniere zahlen zwar dein Hotelzimmer, aber nicht das Hotelzimmer deines Trainers und Physios. Auf meiner Kreditkartenabrechnung stehen mindestens 20.000 Dollar pro Monat allein für Hotel, Essen, Flüge und ohne die Gehälter, die ich meinem Team zahle."
Als Tennisspieler ist man wie ein kleines Unternehmen, in dem alle Mitarbeiter ständig auf Reisen sind.
Taro Daniel, Tennisprofi
Die Tour ist mittlerweile so professionell, dass ohne Trainer, Physiotherapeuten und Fitnesstrainer ein Aufstieg in die oberen Ränge unmöglich scheint. Einige Profis haben zu Beginn ihrer Karrieren Sponsoren oder private Gönner. Bei anderen gehen die Eltern samt Krediten über die finanzielle Schmerzgrenze hinaus.
Laut dem deutschen Davis-Cup-Spieler Daniel Masur deckt ein Profi seine Kosten auf Challengerlevel bei Erreichen der ersten Hauptrunde. "Wenn die Flüge preiswert sind." Geld verdienten nach Ausgaben und Steuern nur die Spieler, die weit im Turnier kommen (Turniersieg knapp über 10.000 Euro). "Auf Future-Ebene muss es in Richtung Halbfinale gehen, damit du ein paar Euro mitnimmst." Für finanzielle Stabilität spielt Masur zusätzlich in vier Ländern Liga.
Garantien für durchschlagenden Erfolg gibt es keine. Laut der BBC verdienen 7.000 von rund 14.000 Tennisprofis mit ihrem Sport nichts. Richtig lukrativ wird es erst, wenn man dauerhaft unter den ersten 120 der Weltrangliste rangiert und die Preisgelder der Grand-Slam-Turniere erhält. Mit dieser Basis kann sorgenfrei das Reisejahr geplant werden.
Daniel macht Minus
Laut Daniel kostet ein Trainer für einen Spieler seines Niveaus im Jahr mindestens 50.000 Dollar plus 10 Prozent der Preisgelder als Provision. "Also mindestens 100.000 Dollar pro Saison für einen einfachen, nicht sehr erfahrenen Trainer."
Mit den Reisekosten für alle komme er im Jahr auf Ausgaben von 440.000 Dollar. Aufgrund des geringeren Preisgelds zahlt Daniel den Verlust aus seinen Ersparnissen.
Hanfmann macht sich weniger Sorgen
Der deutsche Yannick Hanfmann (Weltrangliste 135) beschreibt die finanzielle Situation von Spielern seines Kalibers weniger dramatisch: "Ich möchte mich über die Geld- und Reisethematik gar nicht so sehr beschweren. Jeder darf selbst wählen, wie viel er für seine Mitarbeiter und Reisen ausgibt."
Hanfmann erreichte in seinem besten Jahr 2023 Ranglistenplatz 45 und unter anderem das Viertelfinale von Rom.
"Bei mir gab es auch ein paar Jahre, in denen ich gut gespielt habe, aber auch anteilig entsprechend Geld bezahlt habe an mein Team." Hanfmann, der ebenfalls in der Qualifikation von Wimbledon verlor, kommt zu dem Schluss:
Als jemand, der um die 100 steht, verdienst du ordentliches Geld.
Yannick Hanfmann, Tennisprofi
Quelle: Reuters
Sie wollen über Sport stets auf dem Laufenden bleiben? Dann ist unser sportstudio-WhatsApp-Channel genau das Richtige für Sie. Egal ob morgens zum Kaffee, mittags zum Lunch oder zum Feierabend - erhalten Sie die wichtigsten News direkt auf Ihr Smartphone. Melden Sie sich hier ganz einfach für unseren WhatsApp-Channel an: sportstudio-WhatsApp-Channel.
Thema
1:31 min
Nach Wimbledon-Aus:Zverev: "Nicht Tennis ist das Problem"
von Stefan Bier
mit Video
Tennis:Tatjana Maria - wieder Deutschlands Beste
von Sebastian Ungermanns
Wimbledon nur mit drei Deutschen:Dilemma um deutschen Tennis-Nachwuchs
von Jannik Schneider