Wimbledon mit drei Deutschen: Bundestrainer hofft auf Trendwende
Wimbledon nur mit drei Deutschen:Dilemma um deutschen Tennis-Nachwuchs
von Jannik Schneider
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Mit nur drei deutschen Spielern bei den Männern ist die Teilnehmeranzahl in Wimbledon auf Rekordtief. Bundestrainer Michael Kohlmann setzt auf den vielversprechenden Nachwuchs.
Michael Kohlmann hofft, in kommenden Jahren wieder viel mehr deutsche Spieler bei den Grand-Slam-Turnieren an den Start zu bringen.
Quelle: Imago
Beim am Montag beginnenden Rasen-Klassiker in Wimbledon im Südwesten Londons stehen in Topstar Alexander Zverev, Jan-Lennard Struff und Daniel Altmaier nur drei deutsche Profis im Hauptfeld. So gering war die Anzahl in Wimbledon zuletzt vor 42 Jahren. Bei Grand-Slam-Turnieren war der deutsche Tennisbund (DTB) zuletzt 2007 bei den French Open so dünn aufgestellt.
Das deutsche Tennis-Doppel Kevin Krawietz und Tim Pütz hat die ATP-Finals gewonnen. Im ZDF-Interview bei Martin Wolff berichten sie darüber.18.11.2024 | 2:30 min
Nur Zverev mit Prädikat Weltklasse
Seit fünf Jahren trägt Michael Kohlmann strukturell die Haupt-Verantwortung für die Leistungen der deutschen Spieler als "Head of Men's Tennis" im deutschen Tennisbund (DTB). Eine seiner Hauptaufgaben: für neue Tennisprofis sorgen, die Deutschland in der erweiterten Weltspitze vertreten.
Doch seit Zverev hat sich kein Talent mehr das Prädikat Weltklasse verdienen können. Und nicht nur die geringe deutsche Teilnehmerzahl an der Church Road ist alarmierend.
Bundestrainer Kohlmann nicht zufrieden
In den Top 100 (zwei), Top 200 (zwei) und Top 300 (vier) der Weltrangliste sind momentan nur sechs DTB-Spieler gelistet. Eine strukturelle Veränderung sowie eine ganze Reihe guter Nachwuchsspieler geben Kohlmann im Gespräch mit ZDFheute aber Hoffnung.
Zunächst hält der Bundestrainer aber fest:
Das Ergebnis der Teilnehmerzahl in Wimbledon ist absolut nicht zufriedenstellend und da gibt es auch nichts schönzureden.
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Michael Kohlmann
Thema Nachwuchs steckt in einem Dilemma
Kohlmann steckt in einem dreiteiligen Dilemma. Teil eins: Die gestandenen Profis hinter Zverev - mit Abstrichen bei Daniel Altmaier - hinken im Welttennis hinterher.
Teil zwei: Karrieren ehemaliger Toptalente wie Rudi Molleker (24), Nicola Kuhn (25) und Henri Squire (24) gerieten nach Achtungserfolgen aus unterschiedlichen Gründen ins Stocken. Der DTB um Kohlmann probierte bei diesen Jahrgängen viel. Fehler wurden auf Verbands- und Spielerseite begangen. "Um ganz nach oben zu kommen, braucht es ständige Weiterentwicklung, Eigenmotivation und einen sehr guten Umgang mit Rückschlägen", resümiert Kohlmann.
Anpassungen wurden bei den Talenten Marko Topo (21) und Max Rehberg (21) vorgenommen. Die zahlten auf der Profitour erst Lehrgeld und machen nun kleinere Fortschritte. "Zudem haben wir gerade viele, die auf ganz unterschiedlichen Wegen in der Weltrangliste auf den Rängen 250 bis 500 stehen", sagt Kohlmann: "Denen gilt es individuell zu helfen und sie zu pushen."
Frühere Sichtungsmaßnahmen und verbandsübergreifende Lehrgänge seien ein "Schlüsselelement, warum jetzt die 2007er und 2008er so gut sind", so Bundestrainer Michael Kohlmann. Durch Kreis- und Bezirkssichtungen erhalten Talente Förderungen im Landesverband. Früh sollen diese in den DTB-Fokus rücken und in diverse Kader berufen werden. Über die Junioren-Nationalmannschaft kann der Weg zum Profi führen. Dort wird man als Jungprofi im Perspektivkader zunächst weiter unterstützt. "Wir reden hier aber nicht von einer Vollförderung. Der Weg zum Tennisprofi ist ein sehr langer, bei dem man viel Geld selbst mitbringen muss - sei es durch eigene Sponsoren oder die Eltern. Es ist ein langer, steiniger Weg", so Kohlmann.
Finanziell könne der DTB nicht mit den Grand-Slam-Nationen und auch mit vielen anderen Ländern in puncto Leistungssportförderung mithalten. "Wir haben dennoch eine gewisse Power mit den Landesverbänden und viele gute Akademien und Trainer und müssen das noch besser auf die Strecke bringen", sagt Kohlmann.
Hoffnungsvolle Jahrgänge 2007 und 2008
Teil drei des Dilemmas macht Hoffnung: Die Jahrgänge 2007 und 2008 zählen im internationalen Vergleich zur Weltspitze. "Ich hoffe, dass wir in den kommenden Jahren wieder viel mehr deutsche Spieler bei den Grand-Slam-Turnieren an den Start bringen", sagt Kohlmann, der um Geduld wirbt.
Justin Engel (2007) und Diego Dedura (2008) entschieden sich bereits früh, auf die Herrentour zu gehen, wurden jeweils zum jüngsten Spieler ihres Jahrgangs, die ein ATP-Match gewinnen konnten. Und beide sind die am höchsten platzierten Spieler ihres Jahrgangs. Engel steht kommende Woche bereits auf Rang 217 der Weltrangliste und könnte schon bei den US Open erstmals in der Qualifikation starten.
Justin Engel gilt als größtes Talent im deutschen Tennis. Trainiert von Philipp Kohlschreiber will der 17-Jährige schnell nach oben auf der Profi-Tour. Sein Vorbild: Rafael Nadal.10.04.2025 | 4:01 min
Vergangenen Herbst wollte sich das Toptalent am Rande des UTS-Showevents in Frankfurt auf Nachfragen nicht zum Verhältnis mit dem DTB äußern: "Da sage ich erstmal nichts zu." Mittlerweile gilt das Verhältnis zwischen Verband und Spielerseite als besser.
Im Individualsport Tennis muss der Verband viele Förderentscheidungen treffen und auf eine hohe Trefferquote hoffen. Die Quote geht in den vergangenen Jahren spürbar nach oben.
McDonald triumphiert bei den French Open
Eine zweite Gruppe um Niels McDonald (2008) und Max Schönhaus (2007) sorgte bei den diesjährigen French Open sensationell für das erste rein deutsche Grand-Slam-Endspiel bei den Junioren seit 1995. In Paris triumphierte McDonald, der nun in Wimbledon bei den Junioren an drei gesetzt ist. Die besten Junioren erhalten 2026 Wildcards für ATP-Turniere.
Jetzt planen wir mit den Teams der Spieler individuell und fördern sie mit so vielen Maßnahmen und Wildcards wie möglich.
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Bundestrainer Michael Kohlmann
Konkurrenzkampf beflügelt die Spieler
Die beiden Jahrgänge seien über die genannten Namen hinaus auch in der Breite stark, fokussiert und bereit für mehr, so der Bundestrainer. "Der Konkurrenzkampf ist groß, das beflügelt und pusht diese Spieler gegenseitig", sagt Kohlmann, der den Fokus auf die Athleten-Spieler-Beziehung legt.
Bei den French Open unterstützte Nachwuchsbundestrainer Philipp Petzschner die Heimtrainer zusätzlich. "Wenn wir so unsere Expertise in diese Kombination mit hineinbringen, kann das einen großen Einfluss haben."
Tatjana Maria krönt ihren Lauf beim Rasen-Klassiker in Queens mit dem Titel. Gegen Amanda Anisimova aus den USA gewinnt Maria im Finale mit 6:3, 6:4.15.06.2025
Quelle: Reuters
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