Erste IOC-Präsidentin: Kirsty Coventry - Eine umstrittene Heldin
Die erste IOC-Präsidentin:Kirsty Coventry - Eine umstrittene Heldin
von Jonas Faustmann
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Früher beeindruckte Kirsty Coventry als Schwimmerin, nun soll sie den Weltsport durch eine politisch angespannte Zeit führen. Am 23. Juni startet ihre Amtszeit als IOC-Präsidentin.
Kirsty Coventry nach ihrer Wahl zur IOC-Präsidentin.
Quelle: AFP
Der 20.3.2025 ist ein sporthistorischer Tag: Kirsty Coventry erhält beim IOC-Kongress in Griechenland 49 von 97 Stimmen und wird damit zur Präsidentin des Internationalen Olympischen Komitees gewählt. In 131 Jahren IOC-Geschichte wird Coventry die erste Frau an der Spitze des Dachverbandes. Außerdem ist sie die erste Person aus Afrika, die diese Rolle einnimmt.
Mit der Afrikanerin Kirsty Coventry wird erstmals eine Frau an die IOC-Spitze gewählt. Die ehemalige Schwimmerin und zweifache Olympiasiegerin übernimmt das Amt von Thomas Bach.20.03.2025 | 1:13 min
Viertägige Friedensbringerin
Angefangen hat alles 1983 in Harare, der Hauptstadt von Simbabwe. Coventry wächst in einer leidenschaftlichen Schwimm-Familie auf. Nach eigenen Angaben ist sie schon als Kleinkind im Wasser unterwegs. 2004 gewinnt Coventry ihre erste olympische Medaille. Über 200 Meter Rücken ist sie in Athen die Schnellste. Passenderweise in Griechenland - dort, wo sie 21 Jahre später mit der IOC-Wahl einen weiteren Höhepunkt ihrer Karriere erleben wird.
Ich kehrte nach Simbabwe zurück, das damals wirklich gespalten war, aber mein Erfolg entfachte vier Tage des Friedens.
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Kirsty Coventry über ihre olympische Goldmedaille 2004
Kirsty Coventry jubelt 2004 in Athen nach ihren Weltrekord über 200 Meter Rückenschwimmen.
Quelle: Imago
Auch in den Folgejahren überragt Coventry im Schwimmsport. Sieben olympische Medaillen und insgesamt sieben Titel als Weltmeisterin holt sie, dazu vier Weltrekorde. Was jedoch bleibt, ist die Unruhe in der Heimat. Ethnische Spannungen und Menschenrechtsverletzungen prägen den Alltag in Simbabwe bis heute.
Mit Weltrekorden in Weltpolitik
Bei ihren letzten Olympischen Spielen als Aktive im Jahr 2012 in London wird Coventry in die Athletenkommission des IOC gewählt, ein Jahr später als Mitglied im Dachverband aufgenommen. Von Beginn an gilt sie als enge Vertraute ihres deutschen Präsidenten-Vorgängers Thomas Bach.
Kirsty Coventry aus Simbabwe war die Wunschkandidatin des deutschen IOC-Präsidenten. Jetzt ist sie die erste Frau an der Spitze des Weltsports. Kann sie aus Bachs Schatten treten?
von Susanne Rohlfing
mit Video
Dieser soll sich nun im Gegenzug vor der Wahl für Coventry eingesetzt haben. Das könnte auch ihren für viele Experten überraschenden Wahlsieg erklären. Coventry bringt deutlich weniger politische Erfahrungen mit als ihre Konkurrenten. Zwischen 2018 und 2023 ist sie Ministerin für Jugend, Sport, Kultur und Freizeit in Simbabwe. Als Parteilose in einer autoritären Regierung soll die Schwimmheldin Brücken zwischen Sport und Gesellschaft bauen. In der Folge wird sie aktiver im IOC. Ob diese politische Laufbahn sie für den einflussreichsten Posten im Weltsport qualifiziert, ist umstritten:
Ihre schlechte Leistung als Sportministerin von Simbabwe und ihre Rolle als das weiche Gesicht des brutalen Regimes von Simbabwe sollten sie von der Leitung der Olympischen Spiele ausschließen.
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Mohamed Keita, Afrika-Beauftragter der Human Rights Foundation (HRF)
Doch Bach bekannte sich klar zu Coventry und ihrer Eignung für den Posten:
Sie leitete die Athletenkommission in sehr turbulenten Zeiten für Sportler. Sie war eine erfolgreiche Ministerin in Simbabwe und verfügt daher über Führungserfahrung.
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Thomas Bach, ehemaliger IOC-Präsident
Bewährungsproben heißen Trump und Putin
Nun übernimmt Coventry das IOC mit vielen diplomatischen Spannungen und muss sich gleich zu Beginn gegen politische Machtfiguren behaupten. Donald Trump schürt Unruhe in der Gender-Debatte. Zudem ist der US-Präsident ein unberechenbarer Gastgeber für die Sommerspiele 2028 in Los Angeles. Parallel fordert Wladimir Putin eine uneingeschränkte Teilnahme Russlands an den Olympischen Spielen - trotz laufender Sanktionen. Seit den Olympischen Winterspielen 2018 in Pyeongchang müssen russische Athleten unter neutraler Flagge starten. Grund ist nicht nur der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, sondern auch auf das nachgewiesene staatlich organisierte Doping im russischen Sportsystem.
Ich musste mit, sagen wir mal, schwierigen Männern umgehen, seit ich 20 war.
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Kirsty Coventry
Die Vorfreude auf Olympia ist groß, doch Russlands Angriffskrieg trübt die Stimmung. Sportler befürchten, dass die Bilder auch für Kriegspropaganda missbraucht werden könnten.17.07.2024 | 28:59 min
Sicher ist: Coventry verleiht dem IOC schon jetzt nach außen ein junges, weibliches Gesicht. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern zieht sie nun nach Lausanne, dem Sitz des Internationalen Olympischen Komitees. Ab Ende Juni wird sie dort zeigen, ob sie den bislang stark männlich geprägten Verband tatsächlich modernisieren kann - und auch will.