Bolzplatz: Warum es bei Manchester United nur bergab geht

Selten wurde die Überhitzung des Fußballmarktes so deutlich: Einer der höchstverschuldeten Klubs der Welt streicht das kostenlose Mittagessen für seine Mitarbeiter. Gemeint ist Manchester United, das seit der Saison 2013/2014 ein Transferdefizit von 1,46 Milliarden Euro verzeichnet und gerade ein neues Sparprogramm verkündet hat, das unter anderem den Abbau von 200 Stellen vorsieht.

Die derzeitige äußere Wahrnehmung des Vereins beschreibt der freie Sportjournalist Raphael Honigstein in der Sendung Bolzplatz wie folgt:

Zu den finanziellen Problemen gesellt sich eine der größten sportlichen Krisen in der Geschichte der Red Devils. "Jede Woche kommt ein neuer Schock dazu", sagt Ex-Profi und Premier League-Experte Rene Adler im Bolzplatz. Aus Sicht von United könne man nur hoffen, die Saison zu beenden, ohne in Abstiegsnöte zu geraten.

Der jüngste Schock war die Heim-Niederlage im Achtelfinale des FA-Cups gegen Fulham. In der Premier League liegt der Klub zwar 16 Punkte vor einem Abstiegsplatz, aber nach oben hin ist für den Tabellen-Vierzehnten der Zug nach Europa abgefahren.

Die letzte Chance, in der kommenden Saison doch noch europäisch anzutreten, ist der Sieg in der Europa League, der einen Startplatz für die kommende Saison in der Champions League bringen würde. Damit würden auch Einnahmen generiert, die der Club dringend braucht. Fußball-Finanzexperte Kieran Maguire bringt die finanzielle Situation in "The Athletic" auf den Punkt:

Der Mechanismus ist auch hierzulande bestens bekannt: Traditionsclubs auf dem Weg nach unten, die lange Zeit über ihre Verhältnisse leben, um möglichst schnell wieder hochzukommen.

Bei Manchester United gestaltet sich die Fallhöhe allerdings weitaus dramatischer. Unter dem legendären Manager Sir Alex Ferguson wurde der Klub von 1986 bis 2013 mit 13 Meisterschaften, zwei Champions League-Titeln und Stars wie Cristiano Ronaldo, Wayne Rooney und David Beckham zur fußballerischen Weltmacht. Alleinherrscher Ferguson erlaubte auf diesem Weg keine sportliche Kompetenzträger neben oder über sich.  

"Das eine ist, dass Ferguson als Autokrat in sportlicher Hinsicht 0,0 Strukturen hinterlassen hat, die für die Nachfolger von Nutzen waren", sagt Honigstein, der selbst als Kommunikationsberater für Manchester United gearbeitet hat. "Es gibt da keine starken Leute, die sagen: Okay, ich kann das mit dem neuen Trainer machen."

Der neue Trainer ist seit zwei Monaten der Portugiese Ruben Amorim, der siebte nach Ferguson und der erste seit 1932, der fünf oder mehr seiner ersten zehn Spiele verloren hat. Experten werfen ihm vor, mitten in der Saison von der Viererkette seines Vorgängers Erik ten Hag auf eine Dreierkette umgestellt zu haben. "Man muss sagen, dass der Kader, den er vorgefunden hat, dieses System eigentlich überhaupt nicht hergibt und er da viel basteln musste, um die Leute einigermaßen auf diese Position zu bringen", sagt Honigstein.

Die Fans sehen die Ursache der Misere eher bei dem Haupteigentümer, der Glazer-Familie, die dem Klub seit ihrem kreditfinanzierten Einstieg 2005 mehr als eine Milliarde Euro Schuldzinsen und jede Menge Dividende entnommen hat. Mit dem Ineos-Besitzer Jim Ratcliffe gibt es seit 2023 einen Miteigentümer, der beträchtliche Summen in den Club investiert, beispielsweise ins marode Trainingszentrum Carrington - und der den aktuellen Sparkurs angeordnet hat.

Eine wirkliche Trendwende kann aber nur der sportliche Erfolg bringen. "Die allerwichtigste Frage ist: Sind wir sicher, dass Amorim der richtige Mann ist?", fragt Honigstein. "Wenn diese Frage mit 'Ja' beantwortet wird, muss man ihm finanziell die Möglichkeiten geben, die Mannschaft so aufzubauen, dass er die richtigen Leute hat."