Finanzielle Probleme: Stirbt der E-Sport in Deutschland?

Finanzielle Probleme:Stirbt der E-Sport in Deutschland?

von Sebastian Ungermanns
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Volle Hallen, doch leere Kassen: Der E-Sport in Deutschland kämpft mit sinkenden Zuschauerzahlen, Sponsorenabhängigkeit und fehlenden Einnahmen.

Gamescom erstmals ausschließlich digital

Wettkampf geht auch digital. Beim E-Sport treten die Sportler an Konsolen gegeneinander an. Beim Wettstreit geht es vor allem um schnelle Reaktionen, Präzison und geistige Fähigkeiten.

Quelle: dpa

Die Stimmung beim Prime-League-Finale, der ersten deutschen Liga des Spiels "League of Legends" ist gut - volle Halle, beeindruckende Show. Doch die einst boomende Szene hat längst Probleme.

Die größte Herausforderung: Viele Teams und Ligen kämpfen mit fehlender Rentabilität. Warum steckt die einst boomende Branche in Deutschland in der Krise?

League of Legends ist ein teambasiertes Multiplayer-Online-Battle-Arena-Spiel (MOBA), in dem zwei Fünfer-Teams Champions mit unterschiedlichen Fähigkeiten steuern und auf einer Karte gegeneinander antreten. Ziel des Spiels ist es, durch Leveln, Items, Teamkämpfe und das Erobern von Zielen letztlich die gegnerische Basis (den Nexus) zu zerstören.


Anders als beispielsweise im Fußball, haben Ligen und Teams nur begrenzt Möglichkeiten, Geld zu erwirtschaften. "Du hast keine Einnahmen aus TV-Geldern oder verkauften Tickets", erzählt Fabian von Riegen, Teil des Trainerteams von "E WIE EINFACH E-Sports". Wieso nicht?

Milliardengeschäfte im E-Sports: wer wirklich profitiert - highperformer.henning

E-Sports ist mehr als nur Gaming. Es ist eine Industrie, die riesiger ist als viele denken. Snoop Dogg hat das erkannt, ist als Content-Creator ins E-Sports-Business eingestiegen und wurde dann Teil des Vorstandes der E-Sports-Organisation FaZe Clan. Auch Mercedes, der FC Köln und Manchester City verdienen am E-Sports Geschäft mit.

19.03.2023 | 11:08 min

Fehlende Einnahmequellen

Zunächst zu den fehlenden Ticket-Einnahmen: Anders als im traditionellen Sport, wo oft in Heim- und Auswärtsspielen gegeneinander angetreten wird, spielen die E-Sports-Teams zu Hause gegeneinander - quasi Wettkampf aus dem Homeoffice. Das Publikum kann sich das Spiel also nur am Bildschirm und nicht etwa im Stadion anschauen. Ergo: keine Ticketeinnahmen.

Um die Übertragung dieser Matches kümmern sich die Organisatoren der Liga in der Regel selbst. Das wäre so, als würde die FIFA die Fußball-WM übertragen. Es gibt keine Medienanstalten, die für die Übertragungsrechte an Deutschlands besten E-Sport-Ligen Geld bezahlen.

Große Abhängigkeit von Sponsoren

Kaum Einnahmen aus genannten Feldern bedeutet vor allem eines:

Du hast nur Sponsoreneinnahmen.

Fabian von Riegen, Trainerteam "E WIE EINFACH E-Sports"

Berlin International Gaming, eine der renommiertesten E-Sport-Organisationen Deutschlands, bezog im April diesen Jahres immer noch 60 bis 75 Prozent seiner Einnahmen aus dem Sponsoring.

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Zum Vergleich: Beim FC Bayern München waren es in der Saison 2023/24 gerade einmal rund 25 Prozent.

Zuschauerinteresse stagniert

Eine gefährliche Abhängigkeit - die sich langsam zu rächen scheint, denn das Interesse an den E-Sports-Ligen der einzelnen Länder geht zurück. Die Prime League hatte Anfang 2023 beispielsweise noch 14.033 durchschnittliche Zuschauer. Inzwischen sind es 6.495.

Durchschnittliche gleichzeitige Zuschauer der Prime League pro Saisonabschnitt

ZDFheute Infografik

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Auch in anderen Titeln stagniert das Zuschauerinteresse oder schrumpft sogar. Und klar ist: Je weniger Aufmerksamkeit, desto weniger sind Sponsoren bereit zu bezahlen.

"Der E-Sport ist nicht mehr unbedingt das Herz der Gaming-Szene", nennt David Kratz einen der Gründe für das sinkende Interesse. Er ist sowohl vor als auch hinter der Kamera lange Jahre schon im E-Sport aktiv.

Der Markt in Deutschland ist sehr durch Influencer geprägt.

David Kratz, aktiver E-Sport-Kommentator

Deutschlands größter League-of-Legends-Influencer Frederik Hinteregger hatte allein im vergangenen Monat rund 10.500 Zuschauende im Schnitt - und damit fast doppelt so viele wie die Prime League vergangene Saison.

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Fehlende Bindung zu den Teams

Auch fehlende Bindung der meisten Fans an die Teams ist ein regelmäßig aufkommender Kritikpunkt. "Ich würde sagen 90 Prozent der E-Sport-Organisationen, die wir in Deutschland haben, zahlen zwar Gehälter für ihre Spieler, investieren aber keinen einzigen Cent in Communityarbeit", beschwert sich Marvin Wild, der die erste deutsche Liga des Videospiels "Valorant" mitbetreut.

Alles, was ich mache, muss auch irgendwann darauf hinauslaufen, dass ich Fans an mich binde, die auch bereit sind das 10. Trikot im 10. Jahr zu kaufen.

Marvin Wild, Mitarbeiter erste deutsche Valorant-Liga

Nicht nur die Einnahmen durch den Verkauf von Merchandise würden so steigen, auch das Zuschauerinteresse wäre nachhaltiger, da man nun mehr Gründe hätte, jeden Spieltag einzuschalten.

Valorant ist ein teambasierter, taktischer First-Person-Shooter, in dem zwei Fünfer-Teams aus Agenten mit jeweils einzigartigen Fähigkeiten und einer Kaufphase zwischen den Runden gegeneinander antreten. Ziel ist es, als Angreifer den "Spike" zu platzieren und zur Explosion zu bringen oder als Verteidiger das zu verhindern (bzw. das gegnerische Team auszuschalten).


Lösungsansätze sind vorhanden

Lösungsansätze, die gibt es schon. Das Team SK Gaming hat ein eigenes Gebäude in Köln, in dem Fans gemeinsam die Spieltage verfolgen können. So können nicht nur Fans sich besser engagieren, auch gibt es neue Werbeflächen für mögliche Sponsoren.

Berlin International Gaming hat seine Einnahmequellen diversifiziert, produziert unter anderem die Fanschals für den 1. FC Saarbrücken. Und das Team von "Eintracht Spandau" wurde von einem Influencer gegründet, bindet die in Scharen kommenden Fans unter anderem durch die Anmutung eines echten Sportvereins, inklusive Mitgliedschaft und eigener Hymne.

Trotz allem: Es bleibt eine Herausforderung für die Teams in Deutschland profitabel zu sein. Der Hype fürs Erste vorbei.

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Quelle: Reuters

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