Fußball-Bundesliga: Bayer Leverkusen hat Abwehrsorgen

2:2 nach 2:0 - bei Bayer Leverkusen regierte nach dem Unentschieden gegen Holstein Kiel der Frust. Neben dem auf skurrile Weise verspielten Sieg ärgerte Lukas Hradecky vor allem der Zeitpunkt der zwei verschenkten Punkte. Der Torwart und Kapitän des Meisters hätte gerne gerade jetzt in einer Phase der Liga-Schwächephase weiter mit seinem Team gearbeitet. Doch das geht nicht:

Der Finne spielt am kommenden Donnerstag in der Nations League mit seiner Länderauswahl gegen Irland, doch dieses Match lag am Samstagabend bei ihm gedanklich in weiter Ferne. Ihn beschäftigte vielmehr die Klubgegenwart bei Bayer 04.

Der große Favorit hatte eine nach acht Minuten herausgespielte 2:0-Führung noch abgegeben. In einer Anfangsviertelstunde voller Wirbelfußball kamen die Kieler kaum an den Ball und gar nicht über die Mittellinie.

Dass es der Aufsteiger später aber doch schaffte, dabei selbst zwei Tore erzielte und auch noch eine große Chance zum 2:3 besaß, erschien angesichts des Leverkusener Starts grotesk. Zumal die Holstein-Kicker technisch klar unterlegen waren.

Hradecky fand nach dem Match in der Mixed-Zone zu klaren Worten: "Wir müssen lernen, was es heißt, in der Bundesliga zu spielen. Was sie fordert", mahnte der Torhüter.

Leverkusen sei Meister geworden, "weil wir jedes Spiel angegangen sind wie die Verrückten. Ich habe heute nicht diese endlose Gier und den endlosen Willen gesehen, das Spiel entscheiden zu wollen." Hradecky bemängelt zudem eine "fehlende Leichtigkeit und Lockerheit".

Trainer Xabi Alsonso sprach später von "Selbstgefälligkeit". Er wirkte bei seiner Analyse sehr verunsichert und eingeschüchtert. Er sah ein Problem der Einstellung und der Konzentration. Alonso kritisierte zudem mangelnde Spielintelligenz und Konsequenz, was eine erhebliche Fehlerbilanz ist. Sie verweist vor allem auf mentale Müdigkeit.

In den sechs Spielen dieser Saison hat Leverkusen bereits dreimal einen 2:0-Vorsprung verspielt. Am ersten Spieltag in Mönchengladbach blieb die verlorene Spielkontrolle noch folgenlos, Bayer gewann durch ein Tor in der Nachspielzeit mit 3:2.

Eine Woche später aber unterlag man mit 2:3 gegen Leipzig, am vergangenen Samstag reichte es gerade noch zu einem 2:2 gegen Kiel. Hradecky dazu: "Ich hoffe, jeder denkt darüber nach und wacht auf."

Bedenklich für den Titelverteidiger ist eine für ihn neue Form der Defensivschwäche. Mittlerweile steht die Ligabilanz bei zwölf Gegentreffern, in der Meistersaison waren es insgesamt nur 24 - "diese Statistik ist Wahnsinn", findet Hradecky. Gerade die starke Raumbeherrschung bei hohem Pressing in der Vorwärts- und vor allem auch in der Rückwärtsbewegung waren ein wesentlicher Faktor für Bayers Siegesserie, die zum Double führte.

Es ist gerade zwei Wochen her, als Granit Xhaka mit demselben Ärger und derselben Anklage an seine Mannschaft an derselben Stelle wie Hradecky auftrat. Der Schweizer verstand seinen kritischen Auftritt nach dem 4:3-Erfolg gegen Wolfsburg als "Weckruf".

Danach gab es ein 1:1 beim FC Bayern und einen 1:0-Erfolg in der Champions League gegen die AC Mailand. In der Königsklasse steht die Leverkusener Bilanz nach zwei Spielen bei zwei Siegen und 5:0 Toren. Mit "reiner Kopfsache" ist diese Diskrepanz laut Hradecky zu erklären. Es müsse einfach "klick machen, auch gegen Kiel oder Bochum".

Klick machen kann es aber nun erst wieder in gut zehn Tagen. Erst mal heißt es nun für Hradecky Irland statt Bundesliga.