Schwarzarbeit: Barbershop-Mitarbeiter müssen Ausweise dabei haben
Neue Regeln für Barbershops:Wie Schwarz-Rot gegen Schwarzarbeit vorgehen will
von Johannes Lieber und Dominik Rzepka
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Barbershops und Nagelstudios sind laut Bundesregierung Hotspots von Schwarzarbeit. Künftig müssen Mitarbeiter dort Ausweise dabei haben und bei Kontrollen zeigen. Bringt das was?
Dem Staat entgehen Milliarden durch Schwarzarbeit. Mit mehr Kontrollen, modernerer Fahndung und mehr Datenaustausch will die Bundesregierung nun dagegen vorgehen.06.08.2025 | 1:47 min
Er hat schon viele Barbershops kommen und gehen sehen. Emre A. (Name von der Redaktion geändert) betreibt seinen Salon schon seit fast 30 Jahren. Zwischenzeitlich waren es fünf Läden, heute einer am Rande der Stadt. Barbershops wie seiner sollen in Zukunft genauer untersucht werden können. Der Vorwurf: Schwarzarbeit.
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Schwarzarbeit in Barbershops kein Einzelfall
Emre A. kennt einige Salons, auf die das auch zutrifft. Einige Mitarbeiter werden nicht offiziell angemeldet, erhalten keinen Mindestlohn und zahlen keine Steuern. Es gibt Läden, in denen acht Leute arbeiten und nur zwei angemeldet sind, berichtet A. Und der Chef? Der fährt ein "dickes Auto". Das sei kein Einzelfall, so der gebürtige Türke.
Er selbst hält sich nach eigener Aussage schon immer an alle Regeln, hat aber natürlich einen Nachteil. Zwar findet er es "peinlich", Menschen schwarz arbeiten zu lassen, diese Läden können aber deutlich günstigere Preise anbieten. Am Ende sei er der "Dumme".
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Klingbeil sieht Hinweise auf Geldwäsche
Gerade Barbershops sind laut Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) Hotspots für Schwarzarbeit. Außerdem komme es dort oft zu Geldwäsche und Steuerbetrug. 2024 hat der Zoll einen Gesamtschaden durch Schwarzarbeit in Höhe von 766 Millionen Euro aufgedeckt.
Mit einem neuen Gesetz, das das Kabinett nun auf den Weg gebracht hat, will Klingbeil dagegen vorgehen:
Für uns geht es darum, dass die wenigen, die sich auf Kosten der Allgemeinheit bereichern, dingfest gemacht werden.
Im Juni sind knapp 3.000 Zollbeamte bundesweit gegen Schwarzarbeit auf dem Bau vorgegangen.16.06.2025 | 0:17 min
Künftig Ausweispflicht im Barbershop
Barbershops werden in dem neuen Gesetz als besonders anfällige Branche für Schwarzarbeit aufgenommen. Die Mitarbeiter dort müssen künftig immer ihre Ausweise dabei haben. Außerdem sollen sie beweisen, dass sie in dem entsprechenden Laden angestellt sind. Tun sie das nicht, drohen Bußgelder von bis zu 5.000 Euro.
So soll verhindert werden, dass Mitarbeiter bei Kontrollen als Bruder, Schwester oder Neffe der Inhaber ausgegeben werden, die gerade zufällig in dem Laden aushelfen. Arbeitgeber müssen Mitarbeiter außerdem sofort an die Rentenversicherung melden, spätestens am ersten Tag ihrer Anstellung.
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Experte hält Gesetz für "Symbolpolitik"
Der Wirtschaftswissenschaftler Dominik Enste bezweifelt den konkreten Nutzen des neuen Gesetzes:
Friseure, Barbershops und Kosmetikstudios ins Visier zu nehmen, ist dabei mehr oder weniger Symbolpolitik, die aufgrund der geringen Beträge kaum Mehreinnahmen bringen wird.
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Prof. Dr. Dominik Enste, Wirtschaftswissenschaftler Institut der deutschen Wirtschaft
Enste empfiehlt stattdessen eine "Zwei-Säulen-Strategie" zur wirksamen Bekämpfung der Schwarzarbeit. Einerseits brauche es mehr Anreize, um Schwarzarbeit zu verringern. Heißt: Steuern und Sozialabgaben sollten gesenkt werden, damit sich Schwarzarbeit weniger lohnt, so der Experte.
Auf der anderen Seite schlägt Enste vor, die "Leistungen des Staats" zu verbessern, um die "Steuermoral" der Bevölkerung zu heben. Wer konkrete Verbesserungen in seinem Leben wahrnimmt, zahlt auch lieber Steuern, so die Theorie.
Linke: Generalverdacht gegen die Schwächsten
Die Vorsitzende der Linken, Ines Schwerdtner, kritisiert, das Gesetz gehe am Problem vorbei. "Profiteure der Schwarzarbeit sind nicht die Beschäftigten, sondern die Unternehmer, die Löhne drücken und Sozialabgaben umgehen", sagt sie ZDFheute.
Es ist nicht Aufgabe jeder einzelnen Beschäftigten, ihre Arbeitsrechte durch Ausweiskontrollen selbst zu sichern.
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Ines Schwerdtner, Die Linke
Die Verantwortung dafür liege bei den Arbeitgebern. Sie müssten belegen, dass sie fair und legal beschäftigen. "Ich wünschte mir klare Regeln statt ein Generalverdacht gegen die Schwächsten", so Schwerdtner.
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Nagelstudios kritisieren zu viel Bürokratie
Die neuen Regeln gelten auch für Nagelstudios. Für die Betreiber seien sie eine "große bürokratische Belastung", kritisiert Terry Malon vom Verband der Nageldesigner Deutschlands. Schon heute müsse sie viele Auflagen erfüllen, etwa von Gesundheitsamt, Zoll und Finanzamt.
Als Nagelstudiobetreiber mit drei Angestellten sei man inzwischen vollzeit mit staatlichen Regularien beschäftigt, sagt sie ZDFheute:
Wir reden immer von Bürokratieabbau und dann setzt die Bundesregierung noch einen drauf.
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Terry Malon, Verband der Nagelsdesigner Deutschlands
Barber hofft auf "viel höhere Strafen"
Dass jetzt härter kontrolliert werden soll, findet Friseur Emre A. "vollkommen richtig". Er konnte es noch nie verstehen, warum das Zollamt tatenlos bei solch "offensichtlichen" Verstößen zuschauen musste. Ginge es nach Emre A., bräuchte es trotzdem noch "viel höhere Strafen".