Krisenfestes Deutschland:Wie der Zivilschutz reformiert werden muss
von Svenja Dohmeyer
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Deutschland ist nicht gut aufgestellt, um die Bevölkerung im Krisenfall effektiv zu schützen. Die großen Hilfsorganisationen fordern grundlegende Änderungen.
Bewaffnete Konflikte oder Versorgungsausfälle, solche Szenarien könnten in Zukunft zunehmen. Deshalb soll Deutschland kriegstauglicher werden. Das Deutsche Rote Kreuz bietet dazu spezielle Kurse an.24.03.2025 | 1:30 min
"Wasser, haltbare Lebensmittel wie Kekse, Nüsse oder Müsliriegel und ein Kurbelradio - das sollte jeder Haushalt vorrätig haben", empfiehlt der Landesausbilder des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Andreas Bauch. Ein Kurbelradio wird, wie der Name schon sagt, per Kurbel angetrieben und benötigt somit weder Strom noch Batterien. Andreas Bauch leitet an diesem Nachmittag den "Erste-Hilfe-Kurs mit Selbstschutzinhalten".
Versorgungsausfall im Winter: DRK informiert in Kursen
Ein gutes Dutzend Teilnehmende hat sich in den Schulungsräumen des DRK in Berlin versammelt und folgt gebannt dem Szenario, das der Kursleiter zeichnet: Totaler Versorgungsausfall im Winter über mehrere Tage. Kein Strom, kein Wasser, kein Zugang zu Informationen. Was brauchen sie? Und wie verhalten sie sich am besten? Die wenigsten haben sich darüber jemals Gedanken gemacht.
Angesichts zunehmender Naturkatastrophen, Cyberattacken und einer wachsenden Bedrohung durch militärische Konflikte fordern Hilfsorganisationen, dass solche Kurse deutlich ausgeweitet werden.
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine ist die Diskussion um Sicherheit, Zivilschutz und Frieden dringlicher geworden. Eva Schulz greift die Sorge vieler vor einer Eskalation des Konflikts auf.05.02.2025 | 30:27 min
Bevölkerungsschutz: 16 Millionen Menschen sollten geschult werden
Als wünschenswert gilt, dass ein Fünftel der Bevölkerung, rund 16 Millionen Menschen, geschult werden. Und nicht nur das. Der gesamte Bevölkerungsschutz müsse reformiert werden. Mehr Geld, mehr Personal. Es fehlt an Vielem:
Wir stehen im Zivilschutz blank da.
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DRK-Generalsekretär Christian Reuter
Laut Weißbuch der Bundeswehr, eine Art Leitfaden für zivile Verteidigung, müssten eigentlich Unterbringungsmöglichkeiten, für ein bis zwei Prozent der Bevölkerung vorgehalten werden. Das wären Plätze für 840.000 bis 1,7 Millionen Menschen, beispielsweise in Bunkern oder besonders gesicherten Unterkünften in den Kommunen.
Wie werden Bunker in Deutschland genutzt und sind sie einsatzbereit?02.11.2024 | 36:54 min
Tatsächlich gebe es diese aber nur für wenige zehntausend. Man brauche mehr sogenannte mobile Betreuungsmodule: "kleine, autarke Städte für bis zu 5.000 Menschen, die innerhalb von 48 Stunden auf die grüne Wiese gesetzt werden können", erläutert Reuter. Kostenpunkt für ein Modul: rund 30 Millionen Euro.
In einem gemeinsamen Positionspapier fordern die Hilfsorganisationen mehr Geld. Der Anteil des Bundeshaushalts für den Bevölkerungsschutz müsse dauerhaft auf mindestens 0,5 Prozent (etwa 2,4 Milliarden Euro) angehoben werden.
Einheitliches Krisenmanagement für Bund und Länder
Außerdem sei eine einheitliche Regelung zur Freistellung ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer nötig. Es sollten künftig die gleichen Maßstäbe gelten wie für Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks (THW) und der freiwilligen Feuerwehr.
Dass der Bund die Verantwortung für den Zivilschutz trägt und die Länder für den Katastrophenschutz in Deutschland zuständig sind, daran wollen die Hilfsorganisationen nichts ändern. Sie werben aber für ein einheitliches Krisenmanagement mit gemeinsamen Ausbildungen und regelmäßigen Übungen.
Vor dem Hintergrund der gewachsenen Kriegsgefahr steigt Jo Schück in alte, besichtigt neue und wundert sich über nicht vorhandene Bunker.
14.03.2025 | 44:58 min
Bevölkerungsschutz: Jeder sollte sich drei Tage verpflegen können
Neu strukturiert wird derzeit auch die zivil-militärische Zusammenarbeit (ZSZ). Half jahrzehntelang immer wieder Personal der Bundeswehr im Zivilschutz - beispielsweise während der Corona-Pandemie in Gesundheitsämtern oder nach Extremwetterereignissen bei der Beseitigung von Hochwasserschäden - so könnte es in Zukunft umgekehrt nötig werden: die Bundeswehr also Unterstützung aus der Bevölkerung benötigen, zum Beispiel bei der Logistik oder medizinischer Versorgung.
Auch angesichts der bröckelnden Unterstützung Amerikas muss der Staat seine Hilfe und den Schutz der Bevölkerung neu aufstellen - und das möglichst schnell. Gleichzeitig ist jeder Einzelne aufgerufen so vorzusorgen, dass er sich mindestens drei Tage selbst verpflegen kann, zum Beispiel bei länger anhaltenden Stromausfällen.
Svenja Dohmeyer berichtet aus dem ZDF-Studio in Hannover.
Angesichts der Weltlage wird auch in Deutschland wieder diskutiert, wie es um den Zivilschutz bestellt ist. Gibt es genügend Schutzräume? Müssen Bunker gebaut werden?
FAQ
Quelle: dpa
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