Rahmede-Talbrücke: Was wusste Wüst über die massiven Mängel?

U-Ausschuss zu Autobahn-Brücke:Rahmedetal-Brücke: Was wusste Wüst?

von Ina Baltes und Torsten Reschke
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Die Sprengung der Rahmedetal-Brücke hat die Region ins Verkehrschaos gestürzt. Jetzt ist ein brisantes Protokoll aufgetaucht. Was wusste der damalige Verkehrsminister Wüst darüber?

Gesprengte Rahmedetalbrücke in Lüdenscheid
Jahrelang wurde der LKW-Verkehr auf der maroden Rahmedetal-Brücke falsch geleitet. Jetzt soll in einem Untersuchungsausschuss die Verantwortung von Hendrik Wüst, damals Verkehrsminister von NRW, geklärt werden.07.07.2025 | 1:47 min
Ein Auftritt des Ministerpräsidenten vor einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss ist immer brisant. Eingeladen ist Hendrik Wüst (CDU), um auszusagen über seine Zeit als Verkehrsminister Nordrhein-Westfalens. Damals war er für den Landesbetrieb Straßen NRW zuständig und wiederum für die Autobahnen in NRW.
Wüst betonte am Montag, über die Brückensanierungen sei ausschließlich aus fachlicher Sicht entschieden worden. Er selbst habe sich nicht in einzelne Projekte eingearbeitet. Die Rahmedetal-Brücke sei ihm nicht als besonders dringlich vorgelegt worden.

Rahmedetal-Brücke: Sperrung nach massiven Mängeln

Die Brücke wurde im Dezember 2021 gesperrt, nachdem eine Sonderprüfung massive Mängel zu Tage gefördert hatte. Es bestand die dringende Gefahr, dass das Bauwerk einstürzen könnte. Die Region rund um die Stadt Lüdenscheid im Nordwesten des Sauerlandes versank daraufhin im Verkehrschaos, bis heute.
Statt über die von der Sperrung betroffene Sauerlandlinie A45, eine Hauptachse zwischen dem Raum Frankfurt und dem Ruhrgebiet, fahren täglich tausende Autos und Lastwagen durch die Ortschaften des engen Tals. Lärm und Abgase belasten die Anwohner, Betriebe und Speditionen leiden unter stundenlangen Staus und Zeitverlusten. Der volkswirtschaftliche Schaden liegt bei Milliarden.
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Untersuchungsausschuss: Warum verzögerte sich Neubau?

Seit zwei Jahren versucht nun ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss im Düsseldorfer Landtag aufzuklären, wie es dazu kommen konnte. Denn ursprünglich sollte die Brücke bereits 2017 neu gebaut werden, massive Schäden waren also bekannt. Doch als Hendrik Wüst Verkehrsminister wurde, wurde dieser Neubau immer weiter nach hinten geschoben. 2021 ging die gesamte Verantwortung von Straßen NRW in die neu gegründete Autobahn GmbH des Bundes über.
Noch immer tauchen neue wichtige Dokumente zu dem Fall auf. So erst kürzlich ein brisantes Protokoll, das auch dem ZDF vorliegt. Darin hält ein Protokollant nach einer Besprechung von Fachleuten im September 2021 verschiedene massive Mängel an der Brücke fest:

Die Nachrechnung ergab enorme Defizite (…) Eine Restnutzungsdauer konnte aufgrund der Ergebnisse nicht ausgewiesen werden.

Protokoll Autobahn GmbH

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Kritisches Protokoll zu Autobahn-Brücke wird eingestampft

Doch dieses Protokoll wurde verändert, gekürzt, später sogar eingestampft. Acht von zehn der an der Besprechung beteiligten Personen waren im Ausschuss vorgeladen, erwähnten dieses Protokoll bei ihrer Vernehmung jedoch nicht.
Für die Opposition im Untersuchungsausschuss ergeben sich jetzt Fragen: Warum wurde das Protokoll frisiert? Was hat das Verkehrsministerium und der damals zuständige Minister Wüst davon gewusst? Haben die Experten bei Straßen NRW und der Autobahn GmbH wirklich alles für sich behalten - oder doch an die zuständigen Vorgesetzten berichtet? War Wüst überhaupt mit dem bedenklichen Zustand der Brücke befasst?

In dieses riesige dunkle Loch müssen wir Licht reinbringen. Entscheidend ist doch, wann konkret wurde die Sanierung verschoben, wer hat die Entscheidung getroffen und trägt die Verantwortung?

Christof Rasche, FDP NRW

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Für Gordan Dudas, Obmann für die SPD, ist klar: Zwischen Mai 2021 und der Sperrung der Brücke im Dezember hätte die Brücke jederzeit einstürzen können, genau wie es in Genua 2018 geschehen ist. Mit den Äußerungen des Ministerpräsidenten vor dem Ausschuss am Montag ist Dudas unzufrieden:

Wüst hat lediglich einen überzeugten Auftritt in Sachen Eigenwerbung hingelegt. Mein Erkenntnisgewinn bisher ist gleich null.

Gordan Dudas, SPD NRW

Daher will die Opposition Wüst nach seiner Vernehmung am Montag noch ein weiteres Mal befragen. Die neue Rahmedetal-Brücke wurde jetzt übrigens in Rekordzeit gebaut und soll im Frühjahr 2026 planmäßig eröffnet werden. Vielleicht sogar noch früher.
Ina Baltes und Torsten Reschke berichten aus dem ZDF-Studio in Nordrhein-Westfalen.

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