Sondervermögen Infrastruktur:Brücken und Straßen: Hakt es nur am Geld?
Das Sondervermögen Infrastruktur soll helfen, mit viel Geld viel und schnell zu modernisieren. Doch kann es wirklich so schnell gehen, wie versprochen? Und ist das überhaupt gut?
Straßen, Schienen, Brücken – Deutschlands Infrastrukturprojekte dauern oft Jahrzehnte. Auch, weil Planverfahren komplex sind und viele politische Akteure mitreden wollen.
14.04.2025 | 2:45 minWenn man bei einem Elbspaziergang unter der A1-Norderelbbrücke hindurchkommt, hört man es klappern und sieht jede Menge pinke Pfeile. Die Brücke aus den frühen 60ern ist sichtbar in die Jahre gekommen, erklärt Carsten Butenschön, Bauingenieur und Direktor der Autobahn Nord.
Kürzlich musste man die Geschwindigkeit und die Spuren begrenzen, damit sie noch durchhält bis zum Neubau. Der ist in Planung: "2018/19 wurde die Planung begonnen mit den ersten Variantenuntersuchungen. Dann gab es einen Wettbewerb: Wie soll sie aussehen? So fängt sowas an." Warum dauert das so lange? Butenschön seufzt.
Der intensivste Prozess ist tatsächlich das Planfeststellungsverfahren.
Carsten Butenschön, Direktor Autobahn Nord
Nach einem Bericht der Verkehrs- und Umweltorganisation T & E sind mehr als ein Drittel aller Brücken auf Autobahnen und Bundesstraßen marode und müssen saniert oder ersetzt werden.
16.04.2025 | 1:40 minGanz Hamburg seufzt: Die Stadt hat 13 Elbbrücken, die neu gebaut oder saniert werden müssen. Die meisten sind wichtige Bahn- oder Autobahnstrecken. Für tausende Pendler, für den Frachtverkehr von Nord nach Süd sind sie unerlässlich. Auch für das Militär sind die Elbquerungen von hoher Bedeutung. Doch es gilt: Je größer und komplizierter der Bau, desto länger die Planung.
Wachsende Anforderungen an Bau und Sicherheit
Die Anforderungen an Bau, Sicherheit, Kapazität und an die Auswirkungen auf die Umgebung sind gewachsen - das verlängert Planungszeit. Was in den 70ern noch vier Jahre Vorlauf brauchte, benötigt heute etwa sechs.
Wenn man diese Zeit kürzen will, so meint der Verwaltungsrechtler Martin Winkel von der HafenCity Universität Hamburg (HCU), dann gehe das nur mit Sondergesetzen: "Wir haben radikale Beispiele gesehen, wo es sehr viel schneller gegangen ist. Das war zum Beispiel der Bau der LNG-Terminals. Das allerdings mit Verfahrensregelungen, bei denen man eine Woche Zeit hatte, sich zu äußern. Das halte ich nicht für übertragbar. Das war einer besonderen Situation geschuldet."
Insgesamt kann man sagen, es hängt natürlich viel vom politischen Willen ab, wie sehr man solche Verfahren beschleunigen will.
Martin Winkel, Verwaltungsrechtler HCU
In Deutschland müssen tausende Brücken saniert werden. In Bad Schandau wurde eine gesperrte Brücke mit innovativer Technik geprüft, um den Zustand zu beurteilen.
03.04.2025 | 1:33 minHamburgs Koalition will schneller planen
Das gilt zum Beispiel für die Köhlbrandbrücke. Das Hamburger Wahrzeichen soll ersetzt werden, beschloss schon 2012 der Hamburger Senat. Doch dann wurde jahrelang debattiert, ob vielleicht ein Tunnel gebaut werden sollte, ob eine Sanierung doch möglich ist, oder ob man eine größere braucht.
Man entschied sich für die neue, größere Brücke, denn dann können auch Riesen-Containerschiffe durchfahren. Formell beginnt jetzt erst das Planfeststellungsverfahren. Geplante Fertigstellung entsprechend spät: 2040.
Vielleicht auch wegen dieser Erfahrung hat die künftige Hamburger Regierungskoalition aus SPD und Grünen bereits ein politisches Ziel verkündet: Es solle schneller geplant und gebaut werden. Zum Beispiel dank Stichtagsregelungen, nach denen keine Einsprüche mehr möglich sein sollen. Denn die Interessenbeteiligung kann einen Bau beträchtlich verzögern, wie man südlich der Köhlbrandbrücke an der neuen A26 Ost erlebt.
Das Investitionspaket würde sowohl an "Länder und Kommunen" als auch an die DB gehen. Es müsse "gewaltig investiert werden", so der Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, Christian Bernreiter (CSU).
02.04.2025 | 5:56 minBürgerproteste und Bedenken von Behörden
Im Stadtteil Moorburg, der noch sehr ländlich wirkt, hängen die Protestschilder: "Keine A26 Ost!" fordern sie, unter anderem auch, weil man hier meint, die Köhlbrandbrücke würde für den erwarteten Verkehr ausreichen. Bei dem Bundesprojekt hat außerdem die Landesumweltbehörde wegen Bedenken eine Bremse eingelegt. Viele wollen hier mitreden und entscheiden. Aber ist das immer schlecht?
"Wir haben das bei Stuttgart 21 gesehen, wo damals ein planfestgestelltes Vorhaben kurz vor dem Kippen war, weil sich großer Widerstand in der Bürgerschaft dagegen gebildet hat," erzählt Verwaltungsrechtler Winkel.
Man muss die Leute mitnehmen und versuchen, Akzeptanz zu erzeugen. Und dazu dienen diese Verfahren auch.
Martin Winkel, Verwaltungsrechtler HCU
Digitalisierung als Chance
Man könne nur an einzelnen Stellschrauben drehen, sagt Butenschön: "Ich sehe auch in der Digitalisierung eine Chance Schritte zu beschleunigen. Die ganz großen Potenziale sehe ich aber nicht. Das sind rechtsstaatliche und demokratische Verfahren, die wir hier durchführen. Das sollte unser Anspruch sein."
Die neue Norderelbbrücke wird also bestenfalls 2030 fertig, so Carsten Butenschön - wenn das Personal dafür reicht. Denn das ist die andere große Bremse für schnelleren Bau: der Fachkräftemangel. "Personal und Projekte sind in einem direkten Zusammenhang, nur Geld für Projekte zu stellen, das wird nicht hinhauen." Geld allein macht eben nicht glücklich und auch Brücken nicht immer schneller heil.
Britta Hilpert ist Leiterin des ZDF-Studios in Hamburg.
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