Lehrermangel: Neuer Studiengang von Hochschule und Uni in Sachsen

Angebot von Hochschule und Uni:Sachsen startet neue Lehrerausbildung

Anja Charlet
von Anja Charlet
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Sachsen kämpft gegen Lehrermangel: Erstmals wollen die Hochschule Zittau-Görlitz und Uni Leipzig gemeinsam Oberschullehrer ausbilden - mit einer hohen Praxisnähe in der Region.

Ein leerer Klassenraum
Lehrermangel in Sachsen: Mindestens 1,8 Millionen Unterrichtsstunden sind im Schuljahr 2023/2024 ausgefallen. (Symbolbild)
Quelle: dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Rund 34.000 Lehrer und Lehrerinnen in Sachsen unterrichten etwa 450.000 Schülerinnen und Schüler. Wenn jedoch das neue Schuljahr am 11. August beginnt, dann fehlen mindestens laut Kultusministerium 1.400 Lehrkräfte. Das sind nochmal 200 mehr als im Schuljahr 2023/2024.
Mindestens 1,8 Millionen Unterrichtsstunden sind demnach im Schuljahr 2023/2024 ausgefallen. Aktuell könne der Unterricht an öffentlichen Schulen, vor allem an Oberschulen, nicht mehr abgesichert werden, so das Kultusministerium in Dresden. Besonders prekär sei die Situation in Westsachsen und der Lausitz.

Lehrermangel in Sachsen: Neues Studienangebot

Lehrermangel in Sachsen - das ist seit vielen Jahren ein großes Problem. Um das zu ändern, geht die Hochschule Zittau/Görlitz nun mit der Universität Leipzig neue Wege - und bieten ein gemeinsames Studienangebot an.
Wie der Rektor der Hochschule Zittau/Görlitz, Alexander Kratzsch, erklärt, besteht ab dem Wintersemester 2025/2026 für 60 Studierende die Möglichkeit, sich für den Studiengang Lehramt an Oberschulen, perspektivisch mit dem Schwerpunkt Sonderpädagogik, ausbilden zu lassen. Ziel ist auch, dass die angehenden Lehrkräfte in der Region bleiben - beispielsweise in der Lausitz.
Lehrermangel Symbolbild - Anschrift Lehrermangel an Tafel
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Das Bewerbungsportal ist seit dem 9. Juli geöffnet. Eine Doppelbewerbung kann man mindestens noch bis 15. September an Hochschule Zittau/Görlitz und die Uni Leipzig schicken.

Frühzeitig Erfahrungen sammeln

Ab dem zweiten Semester besteht die Möglichkeit für Praktika an Oberschulen der Umgebung, die später intensiviert werden. Dabei wird sich auch zeigen, ob die Bewerber für den Lehrberuf tatsächlich auch berufen sind.
Denn vermittelt wird im Studium der Stoff, der später auch im Lehrplan steht. Das macht auch Sinn. Lehramtsstudenten an Universitäten beklagen oft den mangelnden Praxisbezug, auch was den Lehrstoff in der Ausbildung betrifft.
Lara sitzt inmitten einer Schulklasse. Schülerinnen und Schüler haben die Füße auf den Tischen und werfen Papierflieger durch den Klassenraum.
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Was zur Frage führt, warum es erst einmal "nur" 60 Studienplätze gibt? Das sei so gewollt, sagt Rektor Alexander Kratzsch. Je kleiner die Seminargruppen, desto besser und individueller könne man jeden Studierenden unterstützen, Orientierung und Hilfe geben.

GEW Sachsen skeptisch: Hohe Kosten, geringe Wirkung

David Jugel, stellvertretender Landesvorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Sachsen, äußert auch Bedenken: Erfahrungsgemäß seien die Kosten bei solchen Vorhaben hoch und die Wirkung recht gering, sagt er.
An bereits etablierten Ausbildungsorten (zum Beispiel Dresden oder Leipzig) könnte man mit den gleichen Ressourcen die Studierendenzahl um ein Vielfaches erhöhen. So könnte, an der TU Dresden ein Studiengang für Förderschulen eingerichtet werden, schlägt Jugel vor.

Kultusminister über Lehrermangel: Sachsen braucht Lösungen

Aber warum man nicht mal neue, möglicherweise sogar effektivere Wege gehen? Denn obwohl nun auch Sachsen seine Lehrkräfte seit 2019 verbeamtet, Quereinsteiger unterwegs sind: die Situation hat sich nicht grundlegend geändert. Dazu kommt: 92 Prozent aller Lehrerinnen und Lehrer verlassen den Schuldienst vor der Altersgrenze.
Sachsen brauche pragmatische Lösungen, die den Schulen wirklich helfen, so Kultusminister Clemens (CDU). Mit einem 21-Punkte-Plan will er den Unterrichtsausfall halbieren. Sachsens Lehrer protestieren, sie fürchten weitere zusätzliche Belastungen.
Hunderte Lehrer demonstrieren gegen das vom Sächsischen Kultusministerium (SMK) vorgestellte Bildungspaket. Die Bildungsgewerkschaft GEW Sachsen und Lehrerverband Sachsen fordern eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Rücknahme der angekündigten Maßnahmen.
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Darüber hinaus sollen Hochulabsolventen als Ein-Fach-Lehrkräfte für Musik, Kunst und Naturwissenschaften an Oberschulen qualifiziert werden. Bei einem weiteren Modellprojekt sind Studierende einen Tag pro Woche an einer festen Schule.
Am 2. Oktober werden bis zu 60 neue Lehramtsstudierende an der Hochschule Zittau/ Görlitz immatrikuliert. Nicht ausgeschlossen, dass dieses Projekt in ganz Deutschland Schule machen könnte.

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