Biologische Väter: Justizministerium will mehr Rechte ermöglichen
Entwurf des Justizministeriums:Biologische Väter sollen mehr Rechte erhalten
von Birgit Franke
|
Ein biologischer, unverheirateter Vater will auch rechtlicher Papa werden. Doch die Mutter verhindert das - bislang geht das. Das Justizministerium will und muss das nun ändern.
Die Rechte biologischer, unverheirateter Väter sollen künftig gestärkt werden, so die Pläne von Justizministerin Hubig.
Quelle: dpa
Tobias aus Sachsen-Anhalt wollte für sich, aber auch für alle anderen biologischen, unverheirateten Väter mehr Rechte erstreiten und zog deshalb bis vor das Bundesverfassungsgericht. Das entschied im April 2024: Der Gesetzgeber muss nachbessern. Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) reagierte jetzt auf das Urteil und legte einen Referentenentwurf vor.
Biologischer Vater zog vor Bundesverfassungsgericht
Als sein Sohn auf der Welt war, wollte Tobias gleich nach der Trennung von der Mutter die Vaterschaft anerkennen lassen, um auch rechtlicher Vater zu werden. Doch die Ex-Partnerin stimmte nicht zu.
Quelle: Photocase/Pawlowska, Edyta
Vater und Kind sind verwandt
eine wechselseitige Unterhaltspflicht besteht
ein wechselseitiger Erbanspruch besteht
das gemeinsame oder alleinige Sorgerecht ist möglich
im Grundsatz entspricht das Umgangsrecht dem Kindeswohl
sozialrechtliche Ansprüche sind gegeben wie Mitversicherung des Kindes in der Krankenkasse des Vater oder Anspruch auf Waisenrente
ein eingeschränktes Umgangsrecht besteht, wenn es dem Kindeswohl entspricht
ein Vater hat sonst keine Rechte
Leibliche Väter haben bisher kaum Rechte, wenn ein neuer Partner der Mutter die rechtliche Vaterschaft bekommt. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Gesetzgeber hier nachbessern muss.09.04.2024 | 1:53 min
Um dennoch rechtlicher Vater zu werden, musste Tobias auf Feststellung der Vaterschaft klagen. Seine Ex-Freundin reagierte schnell. Bevor das gerichtliche Verfahren beendet war, hatte der neue Partner schon die rechtliche Vaterschaft anerkennen lassen - auf Wunsch der Frau. Tobias war fassungslos. Er ließ sich das nicht gefallen und zog durch alle Instanzen.
Es ist mein Kind. Ich möchte für mein Kind sorgen. Und das nicht zu dürfen, ist sehr hart.
„
Tobias, Kläger beim Bundesverfassungsgericht
Nur drei Stunden alle zwei Wochen durfte Tobias seinen Sohn sehen. Unzumutbar für den Kläger, entschied das Bundesverfassungsgericht. Schließlich wollte Tobias von Anfang an auch rechtlicher Vater werden. Doch das Gesetz verhinderte das. Deutliche Worte gab es vom Verfassungsgerichtspräsidenten in der Urteilsbegründung.
Das geltende Familienrecht trägt dem Elterngrundrecht leiblicher Väter nicht hinreichend Rechnung. Denn es schließt leibliche Väter sogar dann durchgängig von der rechtlichen Vaterschaft aus, wenn sie selbst eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind haben, und sich beständig um die rechtliche Vaterschaft bemühen.
„
Stephan Harbarth, Präsident des Bundesverfassungsgerichts
Der Gesetzgeber muss also nachbessern und dem biologischen Vater mehr Rechte einräumen. Zeit hat er dafür bis zum 31. März 2026.
Familie heißt heute nicht mehr unbedingt: Vater, Mutter, Kind. Sogenannte Regenbogenfamilien leben immer offener ein alternatives Konzept von Familie.22.01.2023 | 27:06 min
Was steht im Entwurf von Bundesjustizministerin Hubig?
Der nun vorgelegte Referentenentwurf, mit dem Bundesjustizministerin Hubig auf das Urteil vom April 2024 reagiert, beinhaltet im Kern, dass biologische Väter künftig leichter die rechtliche Vaterschaft eines anderen Mannes anfechten können. Das Lebensalter des Kindes soll dabei eine große Rolle spielen.
Abstammungsrecht ist eine besonders sensible Materie. Wir müssen den Grundrechten aller Beteiligten - Eltern und Kinder - Rechnung tragen.
„
Stefanie Hubig (SPD), Bundesjustizministerin
Danach muss man unterscheiden, welche Beziehung der biologische Vater zum Kind hat. Denn das Kind lebt ja nicht mehr mit dem biologischen Vater zusammen. Der neue Partner, der als rechtlicher Vater anerkannt wurde, wird die Bezugsperson des Kindes und baut eine sozial-familiäre Beziehung zum Kind auf.
Daher steht im Entwurf, dass grundsätzlich der biologische Vater die Vaterschaft nicht mehr anfechten kann. Etwas anderes soll aber gelten, wenn auch der biologische Vater eine Beziehung zum Kind hat, zu einem früheren Zeitpunkt hatte oder wenn er sich ernsthaft, aber erfolglos um eine solche Beziehung bemüht hat.
Seit mehreren Jahren kämpfen zwei Frauen aus Hildesheim um eine rechtliche Gleichstellung mit heterosexuellen Ehepaaren. Beide möchten als Mütter in die Geburtsurkunde ihrer Tochter eingetragen werden.31.10.2024 | 2:02 min
Die "zweite Chance"
Wenn der biologische Vater die Vaterschaft anficht, muss das Familiengericht unter Berücksichtigung aller Interessen prüfen, ob die Anfechtung dem Kindeswohl dient oder nicht. Es ist dabei gut möglich, dass der neue Partner, der vielleicht schon lange mit dem Kind zusammenlebt, zum Wohle des Kindes rechtlicher Vater bleibt. Das Anfechtungsrecht des biologischen Vaters tritt dann dahinter zurück.
Verliert der biologische Vater vor Gericht, kann er laut Entwurf aber eine "zweite Chance" bekommen. Nämlich dann, wenn der rechtliche Vater keine sozial-familiäre Beziehung mehr zum Kind hat. In dem Fall kann der biologische Vater beim Familiengericht erneut versuchen, die rechtliche Vaterschaft des anderen Mannes anzufechten.
Entwurf sieht "Anerkennungssperre" vor
Außerdem sieht der Entwurf eine sogenannte "Anerkennungssperre" im laufenden Verfahren vor. Während eines laufenden gerichtlichen Verfahrens zur Feststellung der Vaterschaft wird es künftig nicht mehr möglich sein, dass ein anderer Mann die Vaterschaft für das Kind anerkennt. Damit wird der "Wettlauf um die Vaterschaft" künftig verhindert.
Vor anderthalb Jahren bekam Guido Karbautzki die Diagnose Blutkrebs. Eine Stammzellspende ist die letzte Möglichkeit. Seine Tochter Emilia kommt als Spenderin in Frage.09.06.2025 | 1:29 min
Und noch eine Änderung soll es geben: Ist das Kind 14 Jahre alt, muss es der Anerkennung der Vaterschaft zustimmen. Dem jugendlichen Kind soll nicht ohne sein Einverständnis ein rechtlicher Vater aufgezwungen werden, der nicht sein leiblicher ist.
Der Entwurf wurde den Ländern und Verbänden laut Bundesjustizministerium zugestellt. Eine Stellungnahme ist bis zum 15. August 2025 möglich.
Birgit Franke ist Redakteurin in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz