Northvolt-Insolvenz: Wie geht es auf der Heide-Baustelle weiter?

Neue Batteriefabrik geplant:Northvolt-Insolvenz schürt Zweifel im Norden

Winnie Heescher
von Winnie Heescher
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Der Mutterkonzern von Northvolt in Schweden ist insolvent. Auf einer Baustelle in Dithmarschen wird weiter gebaut, doch die Ungewissheit ist groß. Was macht das mit der Region?

Northvolt Gigafactory
Eine Gigafactory mit 3.000 Arbeitsplätzen sollte bei Heide in Schleswig-Holstein mithilfe von Subventionen entstehen, doch nach der Insolvenz des Konzerns ist unklar, wie es weitergeht.12.04.2025 | 3:29 min
Donnerstags kann man schon sehen, wer sonntags zu Besuch kommt - der Spruch stammt aus Ostfriesland, gilt aber auch für eine andere Region Norddeutschlands: Dithmarschen. Flach ist es hier, eine Ferienregion: dünn besiedelt, Kohlfelder, Windräder, ein paar Hofläden.
Und dazwischen wollte sich nahe der Stadt Heide eine Batteriefabrik ansiedeln: Northvolt aus Schweden, Schwerpunkt Autobatterien. Doch wer hier an der Baustelle vorbeifährt, sieht außer einigen Baggern und Baufahrzeugen nicht viel.
Mercedes-Benz CEO Ola Kaellenius, Thekla Walker, Ministerin für Umwelt, Klima und Energie Baden-Württemberg und Kanzler Olaf Scholz nehmen an der Eröffnungsfeier der Batterie-Recycling-Fabrik in Kuppenheim teil.
Um unabhängiger von ausländischen Ressourcen zu werden, startet Mercedes eine Recycling-Anlage für Autobatterien. Durch das Projekt sollen 96 Prozent der Rohstoffe wiedergewonnen werden.21.10.2024 | 1:12 min

Die Nachbarn der Northvolt-Baustelle wundern sich

Anwohner wie Britta und Peter Jochims wissen das genauer. Sie können von ihrem Vorgarten aus sehen, wer auf der anderen Seite der Bundesstraße durch das Tor auf das Northvolt-Gelände fährt. "Man weiß nicht, was da kommt. Kommt jetzt wirklich Northvolt, kommt eine andere Firma, gibt es etwas ganz anderes als ursprünglich geplant?", fragt sich Britta Jochims.
"Man hört nichts und sieht nichts", ergänzt ihr Mann. Und sagt: "Ich verstehe das nicht: Wenn eine Firma irgendwo Konkurs angemeldet hat, warum sollte es an einem anderen Standort anders sein?"
Gundula Gause und Sina Mainitz sprechen im Schaltgespräch über die Northvolt-Insolvenz
Durch die Insolvenz des schwedischen Batterieherstellers Northvolt habe das Thema Batteriezellen "in Europa einen herben Dämpfer bekommen", sagt Sina Mainitz aus Frankfurt. 12.03.2025 | 1:45 min

Mutterkonzern von Northvolt ist pleite

Der Mutterkonzern von Northvolt in Schweden hat Mitte März Insolvenz angemeldet. Ganz überraschend kam das nicht. Die Batterieproduktion kam dort nicht richtig zum Laufen, in den USA beantragte das Unternehmen Gläubigerschutz.
Man sei unabhängig vom schwedischen Mutterkonzern, alles gehe wie gewohnt weiter, hat Northvolt Deutschland nach der Insolvenz in Schweden mitgeteilt. Doch die Zweifel in der Region wachsen.
Feststoffbatterie CC
Die Feststoffbatterie soll ohne einen flüssigen Elektrolyten funktionieren. Leistungsstark und brandsicher könnte das die Autobatterie der Zukunft werden.16.11.2020 | 0:34 min

Große Pläne in Region Heide, wenig umgesetzt

"Bisher war ja Tempo das große Thema", sagt Kai Tange, ehrenamtlicher Bürgermeister von Lohe-Rickelshof, eine der kleinen Gemeinden rund um Heide, die dem Bau der Batteriefabrik zugestimmt haben. Wohnraum, Kitas, Schulen, all das sollte hier entstehen für die Northvolt-Mitarbeiter. Geplant hat man fleißig, umgesetzt bislang wenig. Ein Stück entzaubert sei man, sagt Kai Tange. Und doch:

Die Stimmung ist mehrheitlich immer noch so, dass die Leute sagen, wir können die Ansiedlung gut gebrauchen.

Kai Tange, Bürgermeister von Lohe-Rickelshof

Das seien jetzt 100 Hektar aufbereitetes Areal, ergänzt Tange, "das ist ja ein Wert und das kann man nutzen".
Northvolt – Spatenstich und nun?
Der Spatenstich von Northvolt im März wurde von der Politik groß gefeiert. Doch nun beginnen in Heide die Herausforderungen: 3.000 Arbeitsplätze sollen entstehen, der Ausbau der nötigen Infrastruktur aber geht nur schleppend voran.20.06.2024 | 2:05 min

Chance auf Nachnutzung des Areals in Dithmarschen?

Wer das Areal nutzen könnte, darüber machen viele Gerüchte die Runde. Bosch zum Beispiel sei gesichtet worden.
In der Entwicklungsagentur Region Heide versuchen sie, Optimismus zu verbreiten. Optimismus ist ihr Job, Wirtschaftsförderung ihr Thema. "Wir haben den grünen Strom aus Windkraft, das ist ein Riesenpfund", sagt der Chef Jürgen Burmeister. Die Industrie werde dorthin gehen, wo der grüne Strom herkomme.

Northvolt hat uns international sichtbar gemacht.

Jürgen Burmeister, Chef der Entwicklungsagentur Region Heide

Man habe sich gegen 139 andere Standorte in Europa durchgesetzt, sagt Burmeister. Und bei ihm würden viele internationale Unternehmen anklopfen, gerade erst ein Trafo-Hersteller aus Südkorea, der überlege, sich hier im Norden anzusiedeln. Wie es mit Northvolt weitergehe? Abwarten, sagen sie hier.
Auszubildender bei der Arbeit
Im August startet die neue Ausbildungssaison und im schleswig-holsteinischen Heide gibt es noch fast 600 freie Ausbildungsplätze. Dem stehen jedoch nur gut 320 Suchende gegenüber. Unsere ZDF-in-Reporterin hat sich vor Ort umgehört.13.06.2024 | 2:02 min

600 Millionen Euro Steuergelder stecken im Northvolt-Projekt

600 Millionen Euro Steuergelder stecken in dem Projekt. Und jede Menge Träume: 3.000 Arbeitsplätze bei Northvolt, Perspektiven für junge Menschen, vielleicht ein norddeutsches Wirtschaftswunder in dieser strukturschwachen Region. "Herzlich Willkommen, ich hoffe, ihr könnt, was ihr wollt", zitiert Bürgermeister Tange sich selbst, als die Entscheidung für Northvolt gefallen war.
Und heute, was sagt er angesichts des drohenden Investitionsdebakels heute? "Wenn man noch was von uns will, dann stellen wir uns dem. So ist eigentlich die Situation." So klingt norddeutscher Realismus. Mehr bleibt ihnen in Dithmarschen derzeit auch nicht. Die Entscheidungen, wie es mit Northvolt weiter geht, fallen woanders.
Winnie Heescher ist Korrespondentin im ZDF-Landesstudio Schleswig-Holstein.

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Sachsen, Zwickau: Eine Batterie für ein E-Auto liegt im Batterielager.
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