Kanzler tourt durch Bundesländer:Merz in Dresden: Auszeit von der "Stadtbild-Debatte"
von Thomas Bärsch
Mit Sachsen hat Friedrich Merz heute das achte Bundesland besucht. Der Versuch, der selbst angestoßenen "Stadtbild"-Debatte zu entkommen, ist fast geglückt.
Der Kanzler fühlte sich in Dresden sichtlich wohl.
Quelle: AFPMonika Lukasz aus der Lausitz wartet wie alle anderen Reporter, Bergleute und Trachtenträger am Nachmittag im kalten Oktoberwind vor der sächsischen Staatskanzlei. Die Gastwirtin aus Bautzen soll heute den Kanzler begrüßen, traditionell mit Brot und Salz. Mit ihr warten ihre beiden Töchter, alle drei zeigen stolz ihre sorbische Tracht. Die Schleier der Hauben wehen hektisch im Wind. Monika Lukasz wird den Bundeskanzler auf Sorbisch ansprechen und uns später verraten, dass Friedrich Merz "überrascht" reagiert habe, aber ausgesprochen freundlich.
Als der Kanzler seiner Limousine entsteigt, empfängt ihn das Musikkorps der Bergstadt Schneeberg, natürlich mit dem Steigerlied - außerdem bekommt der Kanzler zwei halbmetergroße Holzfiguren. "Bergmann" und "Engel" wurden früher im Erzgebirge in die Fenster gestellt, als Botschaft, je nachdem, ob einer Familie ein Sohn oder eine Tochter geboren wurde.
Freundliche Worte, wenig Spuren der "Stadtbild"-Debatte
Ein Tag voller Freundlichkeit und gegenseitiger Wertschätzung liegt vor Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und dem Bundeskanzler. So ganz spurlos aber scheinen die Gespräche der letzten Tage dann doch nicht an Friedrich Merz vorbeigegangen zu sein.
Die Politik ringt um einen sachlichen Ton in der Debatte um die Äußerungen des Bundeskanzlers zum Stadtbild. Mehrere SPD-Abgeordnete fordern nun einen Gipfel im Kanzleramt.
27.10.2025 | 2:43 minSo bedankt er sich in seinem Pressestatement in der sächsischen Staatskanzlei am Nachmittag für den herzlichen Empfang, den ihm die Bergleute bereitet haben und bei den Sorben und schiebt dann erklärend nach "eine Minderheit, hier in diesem Land, eine sehr sympathische Minderheit", als wolle er sicherstellen, dass ihn niemand hier missverstehen könne.
Fragen sind bei der Pressekonferenz nicht geplant, so bleibt es bei dem Erwartbaren. Dem Betonen des gemeinsamen Willens, etwas zu gestalten. Viel Kanzler-Lob für den Freistaat Sachsen mit seiner Tradition, dem starken Mittelstand, starken Automobilzulieferern und dem "Silicon Saxony" - der Chip-Industrie rund um Dresden.
Natürlich braucht es dafür Infrastruktur - so spricht Merz die Bahnverbindungen nach Breslau, Warschau und Prag an. "Es sind Zugverbindungen, die wir im Koalitionsvertrag haben, die wir aber noch nicht ausreichend finanziert haben. Darüber werden wir in Berlin noch einmal zu sprechen haben."
Vom Sondervermögen sind 100 Milliarden Euro für Länder und Kommunen vorgesehen. Doch die Debatte, wo das Geld genau landen soll, hat gerade erst begonnen.
12.10.2025 | 2:52 minDresden betont die Bedeutung des Handwerks
Am Nachmittag besuchen Kanzler und Ministerpräsident dann ein Bildungszentrum des Handwerks in Dresden. Merz fühlt sich sichtlich wohl.
Er schätzt den Präsidenten des Handwerkerverbandes Jörg Dittrich, der den Termin natürlich nicht verstreichen lassen kann, ohne die Punkte zu adressieren, die ihn umtreiben: Steuerentlastung, Bürokratieabbau, Anerkennung der Gleichwertigkeit akademischer und beruflicher Bildung. "Alle Wenden - seien es Klima, Energie, Verkehr", sagt Dittrich, "werden nur mit dem Handwerk gelingen."
Tag der Harmonie in Dresden
Themen, bei denen Sachsens Ministerpräsident und der Kanzler auseinanderliegen - etwa in Fragen des Umgangs mit dem Ukraine-Krieg - blieben bis zum Nachmittag ausgespart. Auch die "Stadtbild"-Debatte sollte heute keine Rolle spielen.
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24.10.2025 | 2:03 minMerz wurde nach dem Rundgang durch das Bildungszentrum gefragt, wie er auf einen offenen Brief von 60 Frauen an ihn reagieren würde, die mehr Sicherheit für sich gefordert hatten. Und was er von der Idee eines "Stadtbild"-Gipfels hielte, die die SPD eingebracht habe.
Merz verwies darauf, dass er heute in der Handwerkskammer Dresden sei, um sich mit den Themen zu befassen, "die die Menschen in der Breite und in der Tiefe beschäftigen" - etwa, wie man auch junge Frauen motivieren könne, in die Handwerksberufe zu gehen. Das das sei hier das Hauptthema des heutigen Besuchs.
Um weitere Fragen gebeten, schwiegen die anwesenden Reporter. Und Friedrich Merz zog weiter, zur dritten und letzten Station für heute: Ein Besuch eines Testlabors im Reinraum des Hightech-Unternehmens Global Foundries.
Thomas Bärsch ist Reporter im ZDF-Studio in Dresden.
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