Ex-SPD-Generalsekretär bei "Lanz":Kühnert: Söder hat Politik "intuitiv verstanden"
von Felix Rappsilber
Markus Söder habe Politik "intuitiv verstanden", sagt Kevin Kühnert bei "Lanz". Dazu räumt er ein: Vor seinem Rücktritt habe er sich wie "in einer Sackgasse" gefühlt.
Die "Markus Lanz"-Sendung mit Kevin Kühnert in voller Länge.
11.12.2025 | 73:57 minKevin Kühnert hat bei "Markus Lanz" ungewöhnlich anerkennende Worte für seinen früheren Politk-Kontrahenten Markus Söder gefunden. Söder habe eine gute Beobachtungsgabe, so Kühnert. "Er sieht ganz gut, worüber Leute im Alltag so reden, was sie aufregt." Was wie ein Lob klang, bezeichnete der ehemalige SPD-Generalsekretär lediglich als "Anerkennung".
CSU-Chef Markus Söder verkörpere einen "anderen Typus" Politiker und versuche auf seine "spezielle bayerisch-konservative Art" eine Antwort auf diese Zeiten zu finden.
In der Koalition nimmt der CSU-Chef neuerdings häufiger die Vermittlerrolle ein. Doch in Bayern steht der Ministerpräsident unter Druck - vor dem CSU-Parteitag und mit der AfD im Nacken.
07.12.2025 | 4:34 minKühnert: Söder hat Bewertung von Politik verstanden
Der bayerische Ministerpräsident habe "intuitiv verstanden", dass sich die Bewertung von Politik, "je komplizierter die Welt wird", immer weiter von Gesetzen, Verordnungen, Zehn-Punkte-Plänen und Rechenbeispielen entferne.
Das muss natürlich trotzdem gemacht werden, aber damit wirbt man nicht auf dem Marktplatz. Dafür wird ein Ministerpräsident im Großen und Ganzen nicht gewählt.
Kevin Kühnert, ehemaliger SPD-Generalsekretär
Kühnert sagte: "Die Bewertung seiner Arbeit findet ganz maßgeblich über die Frage statt: Wie fühle ich mich, wenn der auftritt? Fühle ich mich verstanden? Hat der eine Ästhetik und einen Auftritt an sich, wo ich - als in dem Fall bayerischer Bürger, Bürgerin - sage: 'Jawoll'?"
Dennoch gab er zu bedenken: "Ob das alles am Ende immer authentisch ist, ob daraus dann etwas folgt, ob er noch seinen Aufgaben zu Hause (...) nachkommt, steht auf einem anderen Blatt und muss anders bewertet werden."
Kevin Kühnert hatte seinen Rückzug mit gesundheitlichen Problemen gegründet.
07.10.2024 | 0:23 minAmt ohne Einfluss?
Am 7. Oktober 2024 war Kühnert mit sofortiger Wirkung als SPD-Generalsekretär zurückgetreten. Nun, mehr als ein Jahr später, begründete er seine Entscheidung bei "Lanz":
Das ist wie, wenn man eine Sportart lernt und dann ist man an dem Punkt, dass man das auf Profiniveau spielen kann und plötzlich werden die Spielregeln ganz grundlegend verändert.
Kevin Kühnert, ehemaliger SPD-Generalsekretär
Und weiter: "Die Tricks, die Sie gelernt haben, die Spielzüge, die Sie eingeübt haben, wie man mit einer Partei arbeitet, wie man Kampagnen macht, wie man in der öffentlichen Auseinandersetzung Zustimmung gewinnen kann, sind ausgehebelt."
Als Politiker habe man sich regelmäßig zu befragen, "wie es um die eigene Wirksamkeit steht":
Was kann ich für einen Unterschied machen mit dem ganzen Einsatz, den ich bringe, mit der medialen Öffentlichkeit, die man als Politiker genießt?
Kevin Kühnert, ehemaliger SPD-Generalsekretär
Im Laufe einer politischen Karriere würden die "Ämter meistens immer wichtiger". Doch Kühnert empfand, dass der "Einfluss, den man dabei ausüben kann, weniger geworden ist".
Der frühere SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert zeigte sich bei seiner letzten Rede im Bundestag besorgt, dass die Union im Kampf gegen Rechtsradikalismus nachlasse. Hier die Rede:
11.02.2025 | 4:25 minKühnert: Eingeengt in Sachzwängen
Er war "in einer Sackgasse" angekommen: "Ich hatte nicht das Gefühl, dass ich in diesem Politikbetrieb an der richtigen Stelle bin, um einen Unterschied zu machen."
In seinem Amt als Generalsekretär sei er "das ganze Jahr im Land" unterwegs gewesen, daher habe es ihm nicht an Feedback und Gespür gemangelt:
Aber ich hatte nicht mehr die Kraft und die Kapazitäten, in Ruhe in mich zu gehen und für mich Ableitungen daraus zu treffen.
Kevin Kühnert, ehemaliger SPD-Generalsekretär
Kühnert räumte ein: "Ich habe mich am Ende eingeengt gefühlt in Sachzwängen, in ungeschriebenen Gesetzen. Und das werfe ich jetzt nicht im Nachhinein meiner Partei oder dem Politikbetrieb vor, weil dazu gehören immer zwei: eine Organisation, die das einfordert. Und einer, der es mit sich machen lässt."
Der frühere SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert wird künftig für die Nichtregierungsorganisation Finanzwende arbeiten. Dort soll er Leiter des Bereichs Steuern, Verteilung und Lobbyismus werden.
11.12.2025 | 0:37 minKühnert arbeitet für "Finanzwende"
Nach seinem Rücktritt ging Kühnert wandern - zwei Monate lang, von Wien über die Alpen bis an den Bodensee. Inzwischen arbeitet er als Kolumnist für den "Rolling Stone" und bei der "Bürgerbewegung Finanzwende".
Diese Nichtregierungsorganisation stehe der Finanzlobby gegenüber, die im politischen Berlin "die größten Aufwendungen für ihre Interessenvertretung hat". Kühnert habe sich im vergangenen Jahr gefragt, wo er die "Konfliktfelder der nächsten Jahre" sieht:
Früher oder später, das ist der rote Faden, kommen wir immer bei den großen finanziellen Interessen an. (...) Ich habe mich dort beworben und leite dort jetzt den Arbeitsbereich Steuern, Verteilung und Lobbyismus.
Kevin Kühnert, ehemaliger SPD-Generalsekretär
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