Ein Jahr mit Krisen und Konflikten:Auch nachrichtenmüde? Das hilft
von Christiane Hübscher
2025 war ein toughes Nachrichtenjahr. Und die Zahl derer, die versuchen, all die "bad news" auszublenden, wächst. Weil das aber die Probleme nicht löst, hier eine Handreichung.
Immer mehr Menschen koppeln sich zumindest zeitweise vom Nachrichtenfluss ab – aus einem Gefühl des Kontrollverlusts angesichts schlechter Nachrichten, sagen Experten.
21.12.2025 | 3:15 minNoch im Bett morgens der erste Blick aufs Handy: Was hat US-Präsident Donald Trump über Nacht drüben in Amerika wieder angestellt? Im Laufe des Tages viele weitere Eilmeldungen, der Ukraine-Ticker, Push-Nachrichten: Putin, Gaza, Erdbeben in Myanmar, die Berliner Koalition, die sich über die Rente zerlegt.
Eine kurze Straßenumfrage zeigt: Gerade für die GenZ, immer online, ist der meist negative Nachrichtenstrom ein Riesenproblem. Er könne den "bad news" auf Social Media gar nicht mehr entgehen, so Elias Poschner, 20 Jahre alt, gegenüber ZDFheute, denn:
Die prasseln nur so auf einen ein und vielleicht auch, weil diese schlechten Nachrichten so viel geklickt werden, wird man davon überströmt.
Elias Poschner
Nachrichtenvermeidung nimmt zu
Luisa fühlt sich dadurch oft "machtlos" und "abgestumpft", und Amelie gesteht: "Ich gucke eher auf Instagram dann, anstatt mir die Nachrichten anzuschauen."
NANO vom 6. Dezember: Im Sog von Social-Media kommen vor allem Jugendliche nicht mehr vom Bildschirm los. Genau das ist das Ziel von Instagram, Tiktok und Co. Bei einigen führt dies zur Sucht.
06.12.2024 | 28:00 min71 Prozent der erwachsenen Internetnutzer - so viele wie noch nie zuvor - sagen laut Reuters Digital News Report, dass sie mindestens gelegentlich aktiv Nachrichten vermeiden. Als Hauptgrund dafür geben 48 Prozent an: Nachrichten wirken sich negativ auf ihre Stimmung aus.
Hilft News-Detox?
Es ist das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren, was viele angesichts all der Krisen auf der Welt spüren, so erklärt es Jürgen Margraf von der Ruhr-Universität Bochum, einer der führenden Psychologen der Republik. Jedoch:
Den Kopf in den Sand stecken ist keine gute Strategie.
Jürgen Margraf, Professor für Klinische Psychologie und Psychotherapie Ruhr-Universität Bochum
Digital Detox soll die Lösung sein gegen zu viel Smartphone-Nutzung. Wie funktioniert das digitale Abschalten?
30.09.2024 | 2:42 minWas Margraf aber empfiehlt, ist gezieltes Digital Detox. "Wenn Sie weniger digital unterwegs sind und ganz besonders weniger in den sogenannten sozialen Medien, dann geht es Ihnen schon nach ungefähr einer Woche deutlich besser", verspricht der Experte.
Jeder hat ihn: "Negativity Bias"
Unser Gehirn tendiert evolutionsbiologisch dazu, sich auf alles Erschreckende und Negative zu fokussieren - um potentielle Gefahren zu erkennen. Positives dagegen wird schnell wieder vergessen.
Der Medienforscher Jan Michael Rasimus kann das auch bildlich belegen, in dem er die Augenbewegungen von Probanden auf Nachrichtenseiten misst. In seinem Eye-Tracking-Labor an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Karlsruhe (DHBW) zeigt er auf einer sogenannten Heat Map, dass Donald-Trump-Meldungen immer sehr viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
Informiert bleiben, ohne depressiv zu werden
Ganz auf Nachrichtenkonsum zu verzichten, sei keine Lösung, so Rasimus, denn "demokratische Gesellschaften leben von informierten Bürgern." Der Experte rät: Statt ständig News-Ticker lieber einmal pro Tag tiefere Analysen lesen, das hilft beim Verständnis von Zusammenhängen und gegen die Angst.
Das Smartphone hat vieles verändert - Nachrichtenkonsum minütlich online, Kinder werden am Tablet unterrichtet, mit Freunden treffen wir uns per Video-App.
21.03.2021 | 27:18 minUnd: Unbedingt digitale Pausen einhalten. Und möglichst keine Push-Meldungen abonnieren, denn die lenken uns immer wieder ab. Und im Bett habe das Handy sowieso nichts zu suchen.
Eine gute Idee ist, eine oder mehrere Stunden vorm Schlafengehen das Handy wegzulegen.
Jan Michael Rasimus, Leiter Eye-Tracking-Labor DHBW Karlsruhe
Nachrichten bewusst suchen und sich Gutes tun
Auch Psychologe Margraf plädiert nicht für Realitätsverweigerung, schlägt aber vor, bewusst auch positive Nachrichten zu suchen. Und wieder ins Handeln zu kommen.
Wir leben in einer digitalen Welt. Von Bildschirmen umgeben, wir sind erreichbar, immer und überall. Fünf Männer und Frauen wagen einen Ausbruch, um gemeinsam digital zu entgiften.
26.12.2022 | 43:56 minGanz wichtig: Machen wir uns klar, wir sind nicht hilflose, passive Opfer. Wir können etwas tun.
Jürgen Margraf, Psychologe Ruhr-Universität Bochum
Jeder könne in seinem Alltag Gutes bewirken und außerdem aktiv etwas für sein Wohlbefinden tun: "Bewegung, Schlaf, Essen, soziale Kontakte mit anderen Menschen - das ist das, was uns gesund macht." Die Dosis an negativen News mache das Gift. Frische Luft und Freunde würden am besten helfen gegen das Gefühl, dass die Welt an allen Enden brennt.
Christiane Hübscher ist Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio.
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von C. Strauß / C. Lange / S. Gargosch / J. MeierVideo1:39