Smartphones in Schulen:Strengere Handyregeln zum Unterrichtsstart
Zurück im Klassenzimmer stoßen viele Schüler auf verschärfte Regeln zum Umgang mit Smartphones. Was gilt in welchem Bundesland? Und sind die Verbote zulässig?
Nach den Ferien gelten mancherorts neue Regeln zur Handynutzung in Schulen.
Quelle: dpaZum Start des neuen Schuljahres haben Brandenburg, Bremen, Hessen, Schleswig-Holstein und Thüringen ihre Vorschriften verschärft und setzen verstärkt auf Verbote. Ziel ist es, die private Handynutzung weitgehend aus den Schulen zu verbannen, um die Konzentration zu fördern und die sozialen Kompetenzen der Kinder und Jugendlichen zu stärken.
In mehreren europäischen Ländern sind umfassende Handyverbote an Schulen bereits Realität. Hierzulande liegt das Schulrecht in der Zuständigkeit der Bundesländer, die eigenständig über Regelungen an ihren Schulen entscheiden. Eine bundesweite Vorgabe lehnte die Kultusministerkonferenz noch im Mai ausdrücklich ab.
An Schulen in Bremen gilt ab dem neuen Schuljahr ein Handyverbot von der 1. bis zur 10. Klasse. Auf dem Gelände müssen die Geräte so verstaut sein, dass sie nicht sichtbar sind.
14.08.2025 | 1:33 minWer entscheidet über Smartphone-Regeln an Schulen?
Ein Bundesland kann ein generelles Handyverbot erlassen, an das sich die Schulen dann halten müssen. Gibt es eine solche Vorgabe nicht, entscheiden die Schulen selbst in ihrer Schul- oder Hausordnung, ob sie Verbote einführen oder die Handynutzung auf andere Weise regeln. Über die Schulordnung beschließt die Schule eigenständig, in der Regel unter Einbeziehung verschiedener Gremien.
Diese Regeln gelten in den einzelnen Bundesländern:
Die Landesregierung plant eine Änderung des Schulgesetzes, um eine alters- und entwicklungsangemessene Regelung der Handynutzung zu stärken. Die Schulen sollen dabei weiterhin die Freiheit haben, ihre Regeln selbst zu bestimmen. Die Neuregelung soll noch dieses Jahr vom Landtag beschlossen werden.
Bayern ist das erste Bundesland mit einem landesweiten gesetzlichen Verbot der Handynutzung. Die Regelung wurde jedoch 2022 gelockert. Seitdem gilt sie nur Grund- und Förderschulen.
Hier besteht kein pauschales Handyverbot. Schulen können dies bei Bedarf selbst über ihre Schulkonferenz festlegen.
Ab dem Schuljahr 2025/2026 müssen Grund- und Förderschüler*innen (Klassen 1 bis 6) Mobiltelefone während des Unterrichts ausschalten und wegpacken. Schulen dürfen darüber hinaus eigene, weitergehende Regeln in ihren Hausordnungen festlegen.
Ab diesem Schuljahr gilt ein generelles Handyverbot an Grundschulen und in der Sekundarstufe I. Geräte müssen ausgeschaltet in den Taschen bleiben, dies gilt auch für Smartwatches. Für die Sekundarstufe II entscheiden die Schulen weiterhin selbst.
Hamburgs Schulbehörde verweist auf die Entscheidungskompetenzen der einzelnen Schulen. Das Schulgesetz erlaubt lediglich die zeitweilige Wegnahme von störenden Gegenständen.
In Hessen gilt ab diesem Sommer ein generelles Handyverbot an allen Schulen. In Grundschulen ist das Verbot besonders strikt und sieht kaum Ausnahmen vor. Für ältere Schüler*innen sind Ausnahmen für bestimmte Zeiten, Räume, Unterrichtszwecke oder Notfälle möglich.
Hier können die Schulen eigenständig entscheiden. Das Schulgesetz sieht die vorübergehende Einziehung von Gegenständen als Maßnahme bei Erziehungskonflikten vor.
Die Landesregierung ist gegen ein generelles Handyverbot. Man möchte stärker auf eigenverantwortliche Konzepte der Schulen setzen. Insbesondere an Grundschulen soll die Handynutzung aber stark eingeschränkt werden.
Im bevölkerungsreichsten Bundesland gibt es kein generelles Handyverbot. Hier sind die Schulen selbst für ihre Regeln verantwortlich. Für Grund- und Förderschulen wird aber dringend empfohlen, Handys aus dem Schulalltag zu verbannen.
In Solingen startet zum Schulstart ein stadtweites Pilotprojekt für Fünftklässler*innen, das einen Social-Media-Verzicht und ein Handynutzungsverbot in den Schulen vorsieht.
Die Landesregierung lehnt einheitliche Regeln ab. Schulen sollen stattdessen, gemeinsam mit Eltern und Schüler*innen, eigene Regeln für den Umgang mit Handys festlegen.
Im Saarland sind Handys an Grundschulen untersagt. Die Handynutzung an anderen Schulen ist nicht gesetzlich geregelt und bleibt den Schulen überlassen.
Der sächsische Landtag hat zuletzt ein Handyverbot an Grundschulen abgelehnt. Alle Schulen sollen die Handhabung in eigener Verantwortung regeln.
Landesweite Verbote sind in Sachsen-Anhalt nicht geplant. Auch hier sollen Schulen selbst entscheiden.
Ab dem Schuljahr 2025/2026 gilt ein Handyverbot für die private Nutzung bis einschließlich Klasse 9. Die Schulen sind trotzdem angehalten, die konkreten Regeln über ihre Schulordnung festzulegen.
Das Thüringer Schulgesetz regelt bereits, dass digitale Endgeräte grundsätzlich nur mit ausdrücklicher Erlaubnis genutzt werden dürfen. Die private Nutzung von Handys, Smartwatches und Tablets ist in Grundschulen sowie Gemeinschafts- und Förderschulen verboten.
Verbote beziehen sich, so auch nach dem hessischen Schulgesetz, ausschließlich auf die Nutzung, nicht auf das Mitbringen von Smartphones. Mirjam Rose, Rechtsanwältin für Schulrecht in Frankfurt am Main, misst den neuen Regelungen wenig neue praktische Bedeutung für den Schulalltag bei.
Die Verbote im Gesetz sind nicht extrem, es handelt sich nur um ein Verwendungsverbot.
Mirjam Rose, Rechtsanwältin für Schulrecht
Dürfen Lehrerkräfte Smartphones konfiszieren?
Wie Rose erklärt, dürfte nach der neuen gesetzlichen Regelung das präventive Einsammeln von Handys durch Lehrkräfte rechtlich unzulässig sein. Eine solche Maßnahme könnte gegen das Eigentumsrecht und das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstoßen.
Vorsicht ist jedoch geboten bei Prüfungen, da mancherorts bereits das Mitführen eines ausgeschalteten Smartphones als Täuschungsversuch gewertet wird.
Einige Bundesländer haben Handys an Schulen verboten. Die Frage treibt nicht nur Lehrkräfte und Eltern um - sie ist auch Thema bei der Bildungsministerkonferenz.
26.06.2025 | 1:33 minBesser mehr Rechtssicherheit oder mehr Autonomie?
Die landesgesetzlichen Regelungen, die teils abgestufte Verbote vorsehen, bieten Schulen und Lehrkräften einen rechtlichen Rahmen, in dem sie sich sicher bewegen können, meint die Psychologin Katharina Scheiter.
Übergeordnete Regelungen schaffen Rechtssicherheit.
Katharina Scheiter, Professorin für Digitale Bildung an der Universität Potsdam
Die Expertin plädiert dennoch für einen gewissen Interpretationsspielraum. Schulen müssten die Handynutzung individuell gestalten können, abhängig etwa von den Gegebenheiten des Schulgebäudes oder der Zusammensetzung der Schülerschaft.
Auch ohne generelles Verbot im Schulgesetz gilt in vielen Schulen ein Handyverbot. Zumindest im Unterricht sind privat genutzte Handys meist tabu. Lehrkräfte finden bereits gute Wege im Umgang hiermit, berichtet Scheiter.
38 Prozent der Schüler in Italien sind im Unterricht abgelenkt. Darum will Schulminister Giuseppe Valditara Handys an Schulen verbieten.
15.10.2024 | 1:58 minWelche Chancen haben Klagen gegen Handyverbote?
Rechtsanwältin Rose hält Klagen dennoch für denkbar, etwa bei überzogenen Verboten oder langer Einziehung. Doch meist dürfte das besondere Feststellungsinteresse, also ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Klärung, fehlen.
Klagen gegen Handyverbote oder -konfiszierungen sind in der Praxis schwierig, da die Maßnahme meistens schon wieder beendet ist und dann ein besonderes Feststellungsinteresse vorliegen muss.
Mirjam Rose, Rechtsanwältin für Schulrecht
Im Sog von Social-Media kommen vor allem Jugendliche nicht mehr vom Bildschirm los. Genau das ist das Ziel von Instagram, Tiktok und Co. Bei einigen führt dies zur Sucht.
06.12.2024 | 28:00 minWas bringen Handyverbote in Schulen?
Eindeutige Ergebnisse aus der Forschung, die Auswirkungen von Handyverboten auf Leistung und Wohlbefinden im Schulalltag belegen, gibt es nicht. Psychologin Katharina Scheiter zufolge müssten etwaige Verbote durch alternative Maßnahmen begleitet werden.
Die Handynutzung ist oft nur ein Symptom der Ablenkung, aber nicht immer die Ursache.
Katharina Scheiter, Professorin für Digitale Bildung Universität Potsdam
Das bloße Entfernen der Geräte führe nicht automatisch zu mehr Konzentration oder besseren sozialen Interaktionen. Um positive Effekte zu erzielen, müsse die Schule als attraktiver Lebensraum gestaltet werden. Nur so könne Lernleistung und soziales Miteinander tatsächlich gefördert werden, glaubt Scheiter.
Sie findet es besonders wichtig, Schüler*innen in Entscheidungen einzubeziehen. Einseitige Verbote könnten gerade dann schaden, wenn sich junge Menschen sowieso übergangen fühlen, sagt Scheiter.
Viele Kinder surfen stundenlang ungeschützt im Netz. Eine Petition fordert nun ein Verbot sozialer Medien für unter 16-Jährige. Der Bundestag will darüber beraten.
29.06.2025 | 1:34 minKommt ein generelles Social-Media-Verbot?
Diskutiert wird auch ein generelles Social-Media-Verbot für Kinder und Jugendliche, wie es kürzlich in Australien eingeführt wurde, und wie es auch einige Politiker*innen in Deutschland fordern. Auch eine Altersgrenze von 16 Jahren steht im Raum. Doch ein Verbot allein reicht nicht aus, warnen Kritiker.
Nur weil man in der Schule Handyverbote einführt, werden Kinder und Jugendliche ihr Medienverhalten in der Freizeit nicht ändern.
Katharina Scheiter, Professorin für Digitale Bildung an der Universität Potsdam
Bildungsexpert*innen sind sich einig, dass es dazu Aufklärung und eine Förderung der Medienkompetenz braucht. Ansonsten könnte selbst ein Smartphone-Verbot wirkungslos bleiben.
Philip Traxel ist Reporter in der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.
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