Gerhard Schröder: Ein Ex-Kanzler kämpft um sein Büro
Urteil heute erwartet:Schröder: Ein Ex-Kanzler kämpft um sein Büro
von Daniel Heymann
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2022 strich der Bundestag Gerhard Schröder sein Altkanzler-Büro. Der wehrt sich dagegen, inzwischen in dritter Instanz. Nun muss das Bundesverwaltungsgericht entscheiden.
Gerhard Schröder (SPD) war von 1998 bis 2005 deutscher Bundeskanzler.
Quelle: dpa
Der Kläger selbst wird heute nicht in Leipzig vor dem zweiten Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts erwartet. Um Gerhard Schröder ist es in den vergangenen Wochen und Monaten ruhiger geworden, nach Angaben seines Arztes leidet der Altkanzler an einem Burnout und hat sich deshalb in klinische Behandlung begeben.
Vor diesem Hintergrund könnte man meinen, dass Schröder derzeit wohl keine öffentlichen Aufgaben übernehmen möchte. Doch der Ex-Kanzler kämpft um sein staatlich finanziertes Büro samt Stab - Privilegien, die bislang allen ehemaligen Kanzlern und Kanzlerinnen zuteilwurden. Ob Schröder diese zurückerhält, entscheidet das höchste deutsche Verwaltungsgericht nun in seiner Abwesenheit.
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Streichung nach Beginn des russischen Angriffskriegs
Bis Mai 2022 stand dem Altkanzler ein Büro in Berlin-Mitte zu Verfügung, sechs Räume mit Angestellten im Otto-Wels-Haus. Die jährliche Kosten dafür betrugen zuletzt etwa 400.000 Euro. Dann beschloss der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages, Schröders Büro "ruhend" zu stellen. Das hatte zur Folge, dass die Räume zurück an die Bundestagsfraktion der SPD gingen und die Mitarbeitenden wieder im Kanzleramt eingesetzt wurden.
Der Haushaltsausschuss begründete den Entzug des Büros damit, dass Schröder keine fortwirkenden Verpflichtungen aus seinem Amt mehr wahrnehme. Dass der Altkanzler gute Kontakte nach Russland pflegt, das wenige Monate zuvor seinen Angriffskrieg auf die Ukraine begonnen hatte, soll bei der Entscheidung keine Rolle gespielt haben.
Schröder bereits in zwei Instanzen erfolglos
Der Altkanzler reagierte auf den Verlust seines Büros empört. Die Entscheidung des Haushaltsausschusses erinnere an einen "absolutistischen Fürstenstaat", teilten seine Anwälte damals vor Beginn des Gerichtsverfahrens mit.
Das sahen das Verwaltungsgericht Berlin und das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg anders. Es gebe, so das OVG, keinen Rechtsanspruch auf staatliche Unterstützung bei der Arbeit nach Ausscheiden aus dem Amt als Bundeskanzler - weder aus einem Gleichbehandlungsgrundsatz noch aus Gewohnheitsrecht. Genau darauf beruft sich Schröder: Ein ehemaliger Kanzler sei nicht einfach nur pensionierter Beamter, ihm komme ein besonderer Status zu.
Mensch Schröder - sein Leben in Bildern:
„Von ganz unten“
Gerhard Schröder wird am 7. April 1944 im Dorf Mossenberg in Nordrhein-Westfalen geboren. Sein Vater stirbt im Krieg. Mit Mutter, Großmutter und Halbgeschwistern wächst er in einfachsten Verhältnissen auf.
Quelle: Privatarchiv G. Schröder/Prof. G. Schöllgen
Überzeugen konnte der Altkanzler das OVG damit nicht. Die jahrzehntelange Praxis, dass frühere Kanzler Büros zur Verfügung gestellt bekommen, begründe keine rechtlichen Verpflichtungen. Vielmehr liege darin eine haushaltspolitische Entscheidung, die an die Aufgaben - und nicht an die Person - eines ehemaligen Bundeskanzlers anknüpft. Wenn es diese Aufgaben nicht mehr gebe, könne man die Ausstattung folglich streichen.
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Merkel: Neun Mitarbeitende für die Altkanzlerin
Diskussionen um die Büro-Privilegien früherer Bundeskanzler löst indes nicht nur Gerhard Schröder aus. Angela Merkel etwa beschäftigt derzeit neun Angestellte in ihrem Büro. Wer den Terminkalender der Ex-Kanzlerin aufruft, findet dort Gespräche mit anderen politischen Persönlichkeiten - zuletzt Bill und Hillary Clinton -, Staatsakte und allerlei Veranstaltungen von Wirtschaftsempfängen bis zum Besuch der Sternsinger. Das mag durchaus dem Aufgabenbereich einer ehemaligen Bundeskanzlerin entsprechen - verursacht aber auch Kosten, im letzten Jahr circa 900.000 Euro.
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Vielleicht auch deshalb beschloss der Haushaltsausschuss 2019, dass künftige Bundeskanzler nach ihrer Amtszeit nicht mehr als fünf Mitarbeitende bekommen sollen. Olaf Scholz wird der erste sein, auf den diese Regelung Anwendung findet.
Ob dagegen Schröder überhaupt noch in den Genuss von Altkanzler-Privilegien kommt, entscheidet nun abschließend das Bundesverwaltungsgericht. Das Urteil fällt wahrscheinlich bereits am Nachmittag.
Daniel Heymann ist Mitarbeiter der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.
Quelle: dpa
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